Gayheimnisse reloaded (German Edition)
vermuten.
Kyle war ein wenig enttäuscht. Er hatte sich eine schnelle und heftige Eroberung gewünscht, und auch Alan schien dem nicht gerade abgeneigt gewesen zu sein. Dennoch lächelte Kyle vor sich hin, auch wenn er wusste, dass heute nichts mehr laufen würde.
Er stand auf, nahm ein unbenutztes Glas und ging Alan hinterher. Der lehnte an der gefliesten Wand neben den Toilettenkabinen und hielt sein Gesicht hinter den Armen verborgen. Kyle half Alan auf die Beine und füllte das Glas mit kaltem Wasser.
»Hier, trink das.« Kyle führte das Glas an Alans Lippen. »Danach fühlst du dich gleich besser.«
Alan trank widerwillig und nuschelte dabei etwas von schwankendem Boden und Karussells aus seiner Kindheit. Kyle fasste kurzerhand um Alans Taille und verfrachtete ihn zurück in seinen Container.
Er legte ihn auf das untere Bett und deckte ihn behutsam zu. Alan erzählte – schon halb im Schlaf versunken – von blauen Gletschern in der Abendsonne. Kyle streichelte ihm durch die Haare, woraufhin Alan selig lächelte und sich an das Kissen schmiegte.
Kyle schaltete das Licht aus und stieg in das obere Bett – Alans Bett. Der Duft war angenehm. Es roch nach Alans Holundershampoo, seinem Schweiß und nach dem ganz eigenen Cats’schen Körpergeruch, der ihn schon tagsüber in der Snowcat ganz verrückt gemacht hatte. Kyle wurde noch einmal hart, doch er ignorierte es und schlief irgendwann ein.
Früh am nächsten Morgen stand Kyle an der Ostseite ihrer Station und blickte über die endlosen Eistäler. Hinter ihm kündigte sich ein Besucher an – die knirschenden Schritte im Schnee und das Rascheln der Gore-Tex-Jacke verrieten es. Kyle schaute weiter geradeaus, doch er wusste, wer es war. Alan stellte sich schweigend neben ihn, hatte die Hände tief in den Taschen seines Parkas vergraben und folgte Kyles Blick über die blendende Weite. Kyle nahm die Sonnenbrille ab und blickte Alan an.
»Guten Morgen«, sagte er und lächelte. »Du siehst besser aus.«
Alan verzog das Gesicht bei der Erinnerung an gestern. Kyles Lächeln wurde noch breiter. Sein Gegenüber schwieg einen Moment und suchte offensichtlich nach den richtigen Worten für eine Entschuldigung, doch Kyle kam ihm zuvor.
»Weißt du, ich bin eigentlich ganz froh, wie es gestern Abend gelaufen ist. Glaub mir, Cats, ich kenne solche feuchtfröhlichen Abende. Hinterher ist es immer komisch und schwierig. Und wir können uns hier definitiv keine Unklarheiten erlauben. Deshalb sollten wir die Sache einfach …«
»Morgen, Jungs!«, rief ihr Kollege Mario laut herüber und winkte, als er aus der Station hinaustrat und eines der Schneemobile startete.
»Morgen!«, riefen Kyle und Alan unisono.
Sie warteten, bis Mario davonfuhr und das Knattern der Maschine nachließ. Kyle schaute in Alans Gesicht. Nur seine Mundpartie war zu sehen, alles andere war von seiner Sonnenbrille, dem Kragen seiner Jacke und der Kapuze verdeckt. Dennoch erkannte Kyle, dass Alan bedrückt wirkte. Dann bemerkte er, wie seine Worte von eben geklungen haben mussten.
»Oh nein. Nein. So habe ich das nicht gemeint. Ich will mit dir schlafen. Am liebsten sofort. Okay, heute Abend wäre auch gut. Aber nüchtern, verstehst du? Im vollen Bewusstsein. Ich will mich an jede einzelne Minute erinnern können.« Kyle registrierte, wie er trotz der beißenden Kälte warme Wangen bekam; er setzte seine Sonnenbrille wieder auf.
Alans Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen, doch er erwiderte nichts weiter darauf. Kyle wurde als Zustimmung nur einmal von ihm an der Schulter angestupst. Sie standen noch eine Weile schweigend da und betrachteten die Schönheit dieser unbarmherzigen Umgebung.
Sie machten sich an die heutige Arbeit. Den halben Tag waren sie im Ewigen Eis unterwegs und nahmen Proben. Anschließend analysierten sie diese, verglichen sie mit den Daten der vergangenen Monate und starteten neue Hochrechungen. Am Nachmittag reparierten sie eine der ausgefallenen Satellitenschüsseln und kontrollierten die Heizanlage der Station.
Sie waren in der Küche fürs Abendessen eingeteilt worden und ließen keine Gelegenheit aus, sich zu berühren, sich wie zufällig zu streifen, den Hintern zu streicheln oder über den Rücken zu fahren. Während die Spaghetti-Soße bereits vor sich hinköchelte, drückte Kyle Alan gegen die Küchenzeile, stellte sich zwischen seine Beine, lehnte sich nach vorn und küsste ihn sanft.
»Hab’ nichts gesehen. Schön weitermachen. Bin gar nicht hier.«
Kyle
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