GB84: Roman (German Edition)
die fünfzig kleinen Umschläge zu Brendan Matthews über den Tisch. »Das sind die Vorschüsse von fünfhundert Pfund pro Mann.«
»Herzlichen Dank«, sagt Matthews.
Neil reicht ihm auch den großen Umschlag. »Das ist eine Anzahlung auf den Transport. Die Waggons werden mit Firmen-Aufklebern versehen, die Sie gegen Ende der Woche erhalten. Weitere Zahlungen erfolgen, wenn wir die genauen Daten und Zahlen erhalten. Die Männer sind täglich und in bar zu entlohnen.«
»Hundert Pfund pro Fahrt?«
»Hin und zurück«, ergänzt Neil. »Zwei Fahrten am Tag, plus ein Bonus, wenn es klappt.«
»Gutes Geld«, sagt Brendan Matthews.
Neil lächelt. »Wollen Sie mir auch eine Fotokopie Ihres Führerscheins mitgeben?«
»Es ist ein Vergnügen, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Mr. Parish«, sagt Brendan Matthews lachend.
Sie schütteln sich die Hand und verabschieden sich voneinander.
Neil verlässt Gainsborough und fährt nach Scunthorpe. Zum Anchor. Zu den Hochöfen. Zum Queen-Mary-Hochofen.
Neil schaut auf die Uhr. Sie ist stehen geblieben. Er klopft aufs Glas. Sie läuft wieder –
Die Zeit bleibt stehen wie ein Hochofen
.
Sie bleibt stehen. Vergeht wieder.
Terry spürte, der Wind hatte gedreht. Der Aufmarsch in Mansfield war ein großartiges Schauspiel gewesen –
Ein Triumph. Ein Zeichen von Stärke
–
So wie Terry es geplant hatte.
Terry hatte den Eindruck, dass seine Aktien wieder gestiegen waren. Sein Stern war wieder im Aufgehen begriffen –
Gestern Mansfield. Heute Paris. Morgen die ganze Welt
–
So wie Terry es geplant hatte.
Theresa packte Terry eine Reisetasche. Hemd. Unterhemd. Hose. Socken. Rasierer. Zahnbürste. Handtuch. Sie steckte die Kinder noch halb schlafend ins Auto und fuhr ihn zum Bahnhof. Sie gaben ihm einen Abschiedskuss. Er nahm den Zug nach Manchester, fuhr dann mit dem Taxi zum Flughafen. Der Präsident und Joan checkten bereits ein und taten so, als würden sie ihn nicht kennen. Er verhielt sich ebenso. Der Präsident nannte sich Mr. Smith. Er trug Hut und Sonnenbrille. Sie sollten bis Paris kein Wort miteinander wechseln –
Der Flug dauerte eine Stunde.
Auf dem Flughafen Charles de Gaulle wartete eine große Limousine auf sie. Der Präsident nahm Hut und Sonnenbrille ab. Er saß hinten zwischen Terry und Joan. Pierre von der Internationalen Metallarbeitergewerkschaft saß vorne beim Chauffeur. Sie fuhren auf direktem Wege zu einem der großen modernen Bürohäuser im Osten von Paris. Dort trafen sie François und Jean-Marc. Es gab guten Kaffee. Sie sprachen über den Disput und die Aussichten auf Frieden. Dann fuhren der Präsident und Joan mit Pierre und Jean-Marc zu einem Treffen mit internationalen Genossen, Franzosen, Polen und Australier.
Terry schickte man nach oben, um sich mit Claude zu treffen. Sie unterhielten sich über internationales Recht, über internationale Geldgeschäfte, rechtliche und finanzielle Strategien und über Anwaltskanzleien. Sie unterhielten sich über Privatbanken, Klauseln, Möglichkeiten. Sie sprachen über Buchhalter, Gebühren, Fonds, Meineid und Geldmangel. Sie sprachen über Beschlagnahme und Bankrott –
Das Treffen dauerte zwei Stunden.
Eine andere Limousine brachte sie zu einem späten Mittagessen ins Chartier. Sie saßen an langen Tischen. Die Kellner schrieben ihre Bestellungen auf die papierne Tischdecke. Der Präsident bestellte Hühnchen und Fritten, Salat, den roten Hauswein, Terry ebenfalls.
Der Präsident beugte sich über den Tisch und berührte Terry am Arm. Er erhob sein Glas und sagte: »Es wird keine Streikbrecherkohle mehr aus Europa geben, Genosse.«
Terry erhob sein Glas.
»Vive la révolution!« rief der Präsident. Er liebte Paris, die Stadt der Revolution. Sie kam gleich nach Leningrad, der Heiligen Stadt. Der Präsident liebte das Brot, den Käse, den guten Kaffee, den Rotwein. Der Präsident hatte stets einen Band Zola bei sich.
Germinal
.
Auch Terry hatte ein Exemplar dabei. Er konnte sich nicht dafür erwärmen –
Er schleuderte es durchs Hotelzimmer. Er konnte nicht schlafen –
Der Präsident und die verdammten Froschfresser hatten ihn nach dem Essen allein in der Stadt gelassen. Der Präsident und Joan hatten für den Rest des Tages und für den Abend ihre eigenen Pläne –
Pläne ohne den Genossen Terry Winters –
Terry saß in seinem Einzelzimmer und sah auf die Dächer von Paris und die Tauben hinaus. Er rief Theresa an.
Klick-klick
. Die Kinder gingen dran, Terry sagte, er sei am Abend
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