Gears of War - Aspho Fields
Nein, sie war entsetzt.
»Alles okay, Carlos«, sagte sie, so sanft sie konnte. »Wir kommen, Süßer. Halt schön durch. Wir lassen dich nicht zurück.«
»Geht zurück. Seid nicht so verdammt blöd. Lasst mich.«
»Halt einfach durch.«
Bernie rannte zwanzig Meter weiter. Als sie sich hinwarf und aufblickte, befand sich Marcus am gegenüberliegenden Kanalufer ungefähr auf gleicher Höhe. Schüsse schmetterten um ihn herum nassen Boden in die Luft. Sie dachte, er wäre getroffen worden.
»Gehen Sie einfach, Sarge.« Carlos hörte sich an, als würde er schluchzen. Er bemühte sich, seinen freien Arm zu bewegen. »Bitte. Ihr geht noch drauf. Jaks und seine Kumpel sind wegen mir schon tot. Marcus … lass es sein, ja? Es tut mir leid. Es tut mir leid. Ich hab’s versaut. Ich hab nicht nachgedacht. Ich hab euch hängen lassen.«
»Du hast mich noch nie hängen lassen. Noch nie. Sag so etwas nie wieder.« Marcus erhob sich kurz, aber die Schüsse ließen nicht nach. »Sarge, können Sie mir ein bisschen Feuerschutz geben?«
Marcus war jünger und ein verdammt guter Sprinter. Bernie war der bessere Schütze. An der Logik konnte sie nicht rütteln.
»Okay. Auf mein Zeichen …«
Aber das Feuer richtete sich jetzt auf die Brücke. Jemand musste Carlos gehört haben. Er kreischte auf, als wäre er noch einmal getroffen worden. Bernie hörte Marcus reagieren – keine verständlichen Worte, nur schreckliche, animalische Laute – und sie dachte, sie müsse sich übergeben. Nichts, absolut nichts war schlimmer, als einen verwundeten Kameraden sehen und hören zu können, ohne in der Lage zu sein, zu ihm zu gelangen.
»Pass lieber auf Dom auf«, keuchte Carlos. »Hörst du mich, Marcus? Kümmere du dich um Dom. Er ist auch dein Bruder. Versprich mir das.«
»Hör auf«, sagte Marcus. »Halt einfach die Klappe. Du kannst dich um ihn kümmern, wenn du wieder zurück bist.«
Es war das erste Mal, dass Bernie Marcus kurz vor dem Zusammenbruch erlebte. Er war immer so abgeklärt, aber er war auch nur ein Mensch und hier war sein Schwachpunkt: Sein Kumpel. Sein Bruder. Sie gab ein paar unbestimmte Schüsse in Richtung Feind ab und erntete damit etwas Ruhe. Als sie zu Carlos zurückschaute, hatte sich sein Arm bewegt und er schaffte es, an seinen Gürtel zu kommen. Er war jetzt in die Brust getroffen worden, oben rechts, wo der Brustmuskel an der Schulter ansetzt. Die Wunde war frisch, hinderte ihn aber nicht daran, in seinen Taschen zu wühlen. Seine Bewegungen waren langsam und schwerfällig, aber sie konnte sich gut vorstellen, was er vorhatte, und dann sah sie die Granate in seiner Hand.
Oh Scheiße. Ich kenne euch beide zu gut.
Du und Marcus. Dass ihr füreinander sterben würdet, bedeutet doch nicht, dass ihr es tun müsst.
»Carlos, warte!«, rief sie. »Halte noch etwas durch!«
Marcus schien die Granate nicht gesehen zu haben. Carlos kämpfte sich schon mit dem Splint ab. »Wir kommen, Kumpel!«
Die Blutlache breitete sich weiter aus. Es war einfach nicht fair, dass Carlos noch bei Bewusstsein war. Er hätte allein vom Blutverlust ohnmächtig werden müssen. Bernie fluchte.
»Verfielet noch mal, erschieß mich, Marcus«, schrie Carlos. »Ich schaff’s nicht mehr. Ich krieg den Splint nicht raus. Erschieß mich! Ich will nicht, dass du wegen mir draufgehst.«
Marcus erstarrte. Bernie glaubte, er würde sich nie wieder bewegen.
Scheiße, sieh nur, in welchem Zustand er ist. Der arme Bastard. Er wird’s nicht schaffen, selbst wenn wir ihn erreichen. Wenn Carlos es nicht selbst tun kann, wenn Marcus es nicht kann … dann tue ich es.
Carlos’ Stimme wurde schwächer. »Du gehst noch drauf. Geh zurück. Bitte. Ich kann das nicht zulassen. Verschwinde von hier.«
Bernie war der Scharfschütze ihrer Abteilung. Es war ihr Job. Und Marcus würde sich nie davon erholen, seinen besten Freund zu erschießen. Sie wusste es.
Besser, er hasst mich als sich selbst …
Sie legte an und ließ das Fadenkreuz ihres Suchers auf Carlos’ Stirn wandern. Sie sah ihn direkt von vom und wünschte sich, er würde sich zur Seite drehen. Nicht nur, weil sie es kaum ertrug, ihm in die Augen zu sehen. Sie wollte einen sauberen Schädelschuss. Im Geiste stellte sie sich eine Linie vor, die auf Augenhöhe um seinen Kopf verlief. Ein einziger Schuss in die Schädelseite oder den Hinterkopf hätte ihn augenblicklich erlöst. Jetzt musste sie es von vom versuchen.
Scheiße.
»Carlos, Süßer … mach einfach die Augen zu. Es ist
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