Gebannt: Band 3 (German Edition)
herüber, bevor er … die Schrift anzündete.
Mein Blick schoss zwischen der brennenden Schrift und Lincoln, Griffin und Spence – der jetzt wieder er selbst war – hin und her. Sie standen beisammen und waren bestürzt, als sie ebenfalls beobachteten, was Phoenix tat.
» Himmel, er weiß, dass sie gefälscht ist«, murmelte ich vor mich hin. Ich stand au f und machte mich bereit.
Mein Handy klingelte. » Los, schnell!« Mehr sagte Lincoln nicht, bevor er wieder auflegte.
Das brauchte er mir nicht zweimal zu sagen. Ich rannte ins Treppenhaus und geradewegs zu dem wartenden Aufzug, dessen Tür durch eine Kiste aufgehalten wurde. Wir hatten Fluchtpläne vorbereitet. Verdammt, wir hatten damit gerechnet.
Wenn Phoenix die ganze Zeit gewusst hatte, dass wir ihm eine gefälschte Schrift geben würden, dann hatte auch er uns au f keinen Fall die echte gegeben. Aber warum hätte er sich dann die Mühe machen sollen? Warum diese ganze Sache inszenieren? Warum es durchziehen, diesen ganzen Hochseilakt ausführen? Alles, was er erreicht hatte, war, allen ein paar Stunden Zeit zu stehlen und … Oh.
Oh! Nein … NEIN !
Die Fahrt im Aufzug war quälend lang. Ich hüpfte au f und ab und hörte erst damit auf, als ich so fest mit dem Hinterkop f gegen den Spiegel schlug, dass das Glas zersprang. Als ich unten anlangte und durch den Notausgang nach draußen stürzte, rannte ich schneller, als ich je zuvor gerannt war.
In ein paar Stunden kann viel passieren.
Wir waren alle hier.
Ich rannte durch die Straßen der Stadt, drängelte mich an Leuten vorbei, ohne langsamer zu werden oder höflich zu sein. Ein furchtbares Gefühl wand sich durch mein Inneres. Vier Blöcke weiter sah ich Lincoln, der au f mich zurannte, Griffin und Spence folgten ihm dicht au f den Fersen. Ich hatte das Gefühl, mich übergeben zu müssen. Lincoln wurde langsamer, als er mich sah, er wirkte erleichtert. Das veranlasste mich nur dazu, mich noch schneller zu bewegen. All die Zeit, die wir au f diesen dummen Austausch und meine Sicherheit verwendet hatten – wir waren so dumm!
Ich lie f weiter, ich rannte so schnell, dass es wehtat, aber ich versuchte verzweifelt, noch schneller zu sein. Lincoln musste es gemerkt haben, denn er beschleunigte innerhalb einer Sekunde wieder au f volle Geschwindigkeit. Ich rannte um die nächste Ecke, geradewegs au f das Hades zu. Dapper hatte die Eingangstür wieder frisch gestrichen. Sie war jetzt fluoreszierend gelb und fiel ins Auge wie ein Leuchtfeuer.
Lincoln war hinter mir. Ich hörte, wie er meinen Namen brüllte, aber ich wartete nicht. Ich hielt den Blick au f den Eingang gerichtet und au f den Türsteher, der beobachtete, wie ich näher kam. Ohne langsamer zu werden, brüllte ich: » Tür!« Er schwang sie genau rechtzeitig au f und ich rannte hindurch.
Das Hades war brechend voll. Es war nach Mitternacht an einem Mittwoch und der Laden platzte aus allen Nähten. Ich nahm den direkten Weg, wobei ich so heftig gegen Leute stieß, dass einige hinfielen. Die Musik war laut, und obwohl ich sie hören konnte, war ich in einer Art Trance, benebelt von unfassbaren Gedanken, die so schrecklich waren, dass ich sie kaum ertragen konnte.
Ich stürzte durch die unbeschriftete Tür seitlich der Bar und rannte die Treppe hinauf, wobei ich zuerst zwei, dann immer drei Stufen au f einmal nahm.
Steph hätte anrufen sollen. Sie hätte angerufen.
Ich gelangte zu Dappers Tür, die offen war. Ich hörte, wie Lincoln unten durch die Tür polterte. Er brüllte mir noch immer etwas zu, aber ich hörte nicht zu.
Ich ging hinein.
Kapitel Acht
» Mich jammert von Herzen, dass mein Volk so ganz zerschlagen ist; ich gräme und entsetze mich.«
Jeremia 8, 21
Als ich sieben war, fuhren Dad und ich mal von einem Wochenendausflug nach Hause. Ich erinnere mich noch daran, wie aufgeregt ich war, weil ich dachte, dass Dad und ich jetzt zwei ganze Tage Zeit haben würden, herumzuhängen und an den Strand zu gehen. Die Fahrt dorthin dauerte drei Stunden, die zu den glücklichsten meiner Kindheit gehörten. Die ganze Zeit hing ich Tagträumen nach, in denen ich mir ausmalte, was wir alles machen würden – die Gegend erkunden, plaudern, lachen. Ich glaubte wirklich, dass das Wochenende alles ändern würde, und ich war mir sicher: Wenn ich Dad ganz für mich allein hätte, dann würde ihm klar werden …
Aber so war es nicht.
Ich war diejenige, der etwas klar wurde.
Wir fuhren nur weg, damit sich Dad mit ein paar neuen Kunden
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