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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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hartem Ton. »Du solltest es ab und zu mal mit Nachdenken versuchen, kleiner Bruder. Das könnte dir helfen.«
    »Du irrst dich«, widersprach Perry. Erkannte das denn sonst niemand?
    Einige der Dorfbewohner holten überrascht Luft. Durch ihre erregten Gemüter hindurch konnte er ihre Gedanken geradezu hören. Kämpfe, Perry. Das wird ein schönes Schauspiel werden.
    Vale gab das Geweih an Bear weiter. Es wurde so still, dass Perry Bears Lederweste quietschen hören konnte, als dieser sich bewegte. Perry bekam einen Tunnelblick, fast wie bei der Jagd. Er sah nur noch seinen älteren Bruder, der Perry als kleiner Junge unzählige Male verteidigt hatte, ihm nun aber keinen Glauben schenkte. Perry warf einen raschen Blick auf Talon. Er durfte das hier nicht tun. Was wäre, wenn er Vale hier und jetzt umbrachte?
    Talon machte einen Satz nach vorn. »Können wir jagen, Vater? Können Onkel Perry und ich jagen gehen?«
    Vale schaute zu ihm herab. Der finstere Ausdruck in seinem Blick verschwand. »Jagen, Talon? Jetzt?«
    »Heute geht’s mir gut.« Talon hob sein schmales Kinn. »Können wir gehen? Bitte!«
    »Bist du so darauf aus, mich zu übertreffen, Sohn?«
    »Ja!«
    Vales dröhnendes Lachen rief ein gezwungenes Kichern in der Menge hervor.
    »Bitte, Vater. Nur eine Weile, ja?«
    Vale musterte Perry mit erhobenen Augenbrauen, so als fände er es passend, dass Talon eingeschritten war, um ihn zu retten.
    Dieser Blick hätte Perry um ein Haar dazu bewogen, sich auf ihn zu stürzen.
    Vale kniete sich hin und breitete die Arme aus. Talon umarmte ihn, wobei sich seine dünnen Ärmchen um Vales breiten Nacken schlossen. Dabei verdeckte er die Kette des Kriegsherrn, entzog sie Perrys Blick.
    »Heute Abend werden wir ein Festmahl halten«, verkündete Vale. Zärtlich hielt er Talons Gesicht mit beiden Händen fest. »Ich werde dir die besten Stücke aufheben.« Dann richtete er sich wieder auf und winkte Wylan heran. »Sorge dafür, dass sie in der Nähe des Dorfs bleiben.«
    »Wir brauchen ihn nicht«, sagte Perry. Meinte Vale etwa, er könne Talon nicht beschützen? Außerdem wollte er Wylan nicht in der Nähe haben – wenn der Horcher mitkam, würde er Talon den Apfel nicht schenken können. »Bei mir ist er in Sicherheit.«
    Vales grüne Augen hefteten sich auf Perrys geschwollene Wange. »Kleiner Bruder, wenn du dich sehen könntest, dann wüsstest du, warum ich dir das nicht glaube.«
    Dieses Mal lachte die Menge lauter, ungehemmter. Perry trat von einem Fuß auf den anderen. Die Tiden hielten ihn für eine Witzfigur.
    Im nächsten Moment zog Talon an seinem Arm. »Lass uns gehen, Onkel Perry. Bevor es zu spät wird.«
    Perrys Muskeln drängten danach, sich zu bewegen, doch noch konnte er seinem Bruder nicht den Rücken zukehren.
    Talon ließ ihn los und rannte mit jämmerlich wackeligen Schritten los. »Komm schon, Onkel Perry. Gehen wir!«
    Schließlich tat er Talon den Gefallen und folgte ihm.

Aria   | Kapitel Neun
    Als der Hustenanfall vorüber war, rollte Aria sich auf die Seite. Ihre Rippen schmerzten, ihre Kehle war geschwollen und rau. Aber sie hatte überlebt. Ihre Haut war nicht abgefault, und sie hatte auch keinen tödlichen Schock erlitten. Vielleicht waren die Geschichten falsch. Oder das alles kam erst noch.
    Sie rappelte sich auf und setzte sich erneut in Bewegung. Inzwischen hatte sie akzeptiert, dass sie hier nicht mehr wegkommen würde. Jetzt war nur noch eines wichtig: dass sie so tat , als ob sie eine Chance hätte, irgendwo Zuflucht zu finden, und zwar, indem sie einen Schritt vor den anderen setzte. Irgendwann hatte sie sich selbst davon derart überzeugt, dass sie beim Anblick der groben Umrisse in der Ferne einen Moment lang glaubte, sie würde sich diese nur einbilden.
    Als die Konturen deutlicher wurden und Geröll den Boden uneben werden ließ, verschärfte Aria mit rasendem Puls ihr Tempo. Spitze Gesteinsbrocken bohrten sich in die Sohlen ­ihres Medi-Anzugs, bis jeder Schritt schmerzte. Sie blieb stehen und ließ ihren Blick über ein Meer aus Beton schweifen. Eisenstücke ragten aus den Trümmern heraus wie verbogene und verrostete Skulpturen. Das hier musste einmal eine große Stadt gewesen sein, dachte sie – herausfordernd mitten im Nichts errichtet. Doch nun würde sie nicht einmal mehr ihr Obdach bieten können. Aria wandte sich in eine andere Richtung und setzte sich erneut in Bewegung.
    Sie unterdrückte ihre Gedanken, solange sie konnte, doch sie drängten sich ihr auf, ohne

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