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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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animalisch, mit seinen aufblitzenden, grünen Augen und seinen Wolfszähnen. Aber wie durch ein Wunder hatten sie eine Vereinbarung miteinander getroffen. Und sie hätte es weit schlimmer treffen können, als ihm über den Weg zu laufen.
    Aria kaute auf einer Trockenfeige herum, während sie eine Bestandsaufnahme ihrer Beschwerden machte. Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und Krämpfe im Unterleib. Ihre Fußsohlen wollte sie mittlerweile gar nicht mehr ansehen.
    »Ich werde später jagen müssen«, sagte der Außenseiter und stocherte mit einem Stock im Feuer. Der Morgen war kühler als an den vorangegangenen Tagen. Sie waren fortwährend auf höheres Gelände gestiegen. Inzwischen trug er ein langärmeliges, abgenutztes Hemd unter seiner Lederweste, mit etlichen losen Fäden und dürftig geflickten Löchern. Das grauweiße Ding sah aus, als würde es eher zu einem Schiffbrüchigen passen, aber Aria stellte fest, dass ihr sein Anblick im bekleideten Zustand weniger Schwierigkeiten bereitete.
    »Okay«, sagte sie nur und runzelte die Stirn. Einsilbigkeit. Eine Außenseiterkrankheit – und sie hatte sich bereits damit angesteckt.
    »Morgen steigen wir den Berg hinauf«, fügte er hinzu und warf dabei einen Blick auf ihre Füße. »Damit verlassen wir das Herrschaftsgebiet meines Bruders.«
    Aria zog die Decke fester um sich. Er hatte einen Bruder? Sie wusste nicht, warum sie sich das nur schwer vorstellen konnte. Vielleicht, weil sie keine Anzeichen von anderen Außenseitern gesehen hatte. Und sie hatte auch nicht gewusst, dass dieser Landstrich in Bereiche aufgeteilt war. »Herrschaftsgebiet? Ist er ein Herzog oder so was?«
    Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. »So was in der Art.«
    Na großartig! Sie hatte sich einen Barbarenprinzen an Land gezogen. Nicht lachen , beschwor sie sich. Jetzt bloß nicht lachen, Aria . Für seine Verhältnisse war er geradezu geschwätzig, und sie musste unbedingt reden. Oder zuhören. Denn einen weiteren Tag nur mit dieser Melodie, die wie ein Gespenst in ihrem Kopf herumgeisterte, würde sie nicht überstehen.
    »Es gibt verschiedene Herrschaftsgebiete«, erklärte er, »und dann ist da noch offenes Land, in dem die Versprengten umherziehen.«
    »Was sind denn Versprengte?«
    Verärgert über die Unterbrechung kniff er die Augen zu Schlitzen zusammen, fuhr dann aber fort: »Das sind Menschen, die nicht im Schutz eines Stammes leben. Wanderer, die in kleinen Gruppen oder allein umherziehen. Auf der Suche nach Nahrung und Schutz und … Einfach auf der Suche nach einer Möglichkeit, zu überleben.« Er hielt inne und veränderte seine Sitzhaltung, wodurch sich seine breiten Schultern ihr zuwandten. »Größere Stämme beanspruchen bestimmte Herrschaftsgebiete nur für sich. Mein Bruder ist Kriegsherr. Er befehligt meinen Stamm, die Tiden.«
    Kriegsherr . Was für ein schauerlicher Titel. »Steht ihr beide euch nahe?«
    Der Barbar betrachtete den Stock in seinen Händen. »Das war einmal. Jetzt will er mich töten.«
    Aria erstarrte. »Meinst du das ernst?«
    »Das hast du mich schon mal gefragt. Können Siedler nichts anderes als Witze reißen?«
    »Nicht nur«, entgegnete sie. »Aber wir scherzen tatsächlich gern.« Aria wartete auf seine spöttische Antwort. Mittlerweile hatte sie eine ganz gute Vorstellung davon, wie hart sein Leben war – schließlich hatten sie schon eine Stunde graben müssen, nur um an einen Schluck trübes Wasser zu gelangen. Offenbar gab es hier draußen nicht viel zu lachen. Doch der Außenseiter schwieg. Er warf den Stock ins Feuer und beugte sich vor, wobei er die Arme auf den Knien ruhen ließ. Sie fragte sich, was er wohl in den Flammen sah. Vielleicht den Jungen, nach dem er suchte?
    Aria verstand nicht, warum dieser Außenseiterjunge überhaupt entführt worden sein sollte. In den Biosphären achtete man sorgfältig auf die Bevölkerung. Alles war genauestens geregelt. Warum sollte man kostbare Ressourcen an ein Barbarenkind verschwenden?
    Der Außenseiter hob Bogen und Köcher auf und schwang sie sich über die Schulter. »Sobald wir diesen Grat dort oben überqueren, wird nicht mehr geredet. Kein Wort, verstanden?«
    »Warum? Was ist denn dahinter?«
    In der schummrigen Morgendämmerung leuchteten seine reflektierenden Augen wie grüne Lichter. »All das, was du aus deinen Geschichten kennst, Maulwurf. Alles.«
    Ab dem Augenblick des Aufbruchs wusste Aria, dass dieser Tag anders werden würde.
    Bis zu diesem Morgen war der Außenseiter

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