geben ein Fest
wobei sie mit den Armen wild in der Luft herumruderte. Das tat sie nun längst nicht mehr. Wohl rang sie manchmal noch die Hände, wenn Elli einen Satz völlig falsch übersetzte oder Doris die Verben der zweiten und der vierten Konjugation wieder einmal verwechselte.
Doch sie schüttelte dazu nur stumm den Kopf und verbesserte, was falsch war.
„Das wird ja allmählich unheimlich!“, sagten ihre Schülerinnen, die Mamsells temperamentvolle Ausbrüche immer mit großem Vergnügen angesehen und angehört hatten. Und ausgerechnet die Vierte beschloss, es mit einem dummen Streich zu versuchen, für den die Klasse sich eigentlich zu alt vorkam: Sie streuten Niespulver - von der Tür bis zum Lehrerpult, und den Rest irgendwo in den Raum.
„Hatschi!“ Mamsell nieste schon an der Tür und bis zum Pult hin mindestens noch viermal. Sie sah die Klasse verwundert an und wühlte nach ihrem Taschentuch. Zwischendurch platzte sie wieder los: „Hatschi ... hatschi!“ Die Klasse hatte zuerst „Gesundheit!“ gerufen oder „Helf Gott!“. Dann fingen auch ein paar von ihnen zu niesen an, und andere kicherten.
Ob Mamsell alles durchschaute? Einen geradezu trostlosen Blick warf sie in die Klasse, raffte ihre Sachen zusammen und verschwand. Auf dem Flur begegnete ihr ausgerechnet Frau Jenks, die Klassenlehrerin. Auf ihre erstaunte Frage: „Stimmt etwas nicht?“, bekam sie nur ein Kopfschütteln zur Antwort. Mamsell lief weiter zu ihrem Zimmer.
Frau Jenks hatte gerade eine Freistunde. Aber auch sonst wäre sie vermutlich der merkwürdigen Sache sofort auf den Grund gegangen. Einen Augenblick lauschte sie an der Tür: Kein Gelächter und kein Geschrei war zu hören. Als sie die Tür öffnete, musste sie zunächst einmal kräftig niesen. Dann betrachtete sie die Gesichter. Darin stand nichts von Übermut oder „... hatschi!“. Frau Jenks nieste zum zweiten Mal - Schadenfreude. Im Gegenteil: Die Mädchen wirkten ratlos. „Was ist – hatschi! - mit Mamsell los?“, forschte Frau Jenks. „Habt ihr sie gekränkt?“
„Das war gewiss nicht unsere Absicht, Frau Jenks“, sagte die Klassensprecherin Hilda und nieste zur Bekräftigung fast gleichzeitig mit Frau Jenks, die auch schon wieder dran war, und zwei oder drei anderen.
„Ich nehme an, ihr habt Niespulver verstreut“, fuhr die Lehrerin fort, „nachdem wir hier fast im Chor niesen.“
„Im Chor niesen“, jetzt mussten die Mädchen doch lachen. Wenn Frau Jenks ihren trockenen Humor gebrauchte, war sie gewiss nicht allzu ärgerlich.
„Frau Jenks“, Hilda versuchte zu erklären, nachdem sie mit dem Taschentuch den nächsten Niesreiz bezwungen hatte. „Wir haben uns schon lange gewundert, was mit Mamsell los ist. Sonst konnte sie so herrlich schimpfen, wenn eine etwas nicht wusste und die Diktathefte mit den schlechten Arbeiten flogen über die Bänke. Und genauso konnte sie lachen und vergnügt sein, wenn sich eine Möglichkeit ergab – hatschi - Verzeihung! Aber seit einiger Zeit ist sie wie umgewandelt. Sie lacht nicht, sie schimpft nicht, sie schüttelt höchstens einmal den Kopf. Da wollten wir etwas anstellen um zu sehen, wie das wirkt. Aber sie hat die Klasse einfach verlassen und sie sah ganz traurig aus. Was ist nur mit ihr?“
Frau Jenks schüttelte nun auch den Kopf, aber sie lächelte. „Niespulver als Arznei gegen Depressionen, das habe ich auch noch nicht gehört. Ihr solltet das einmal in einer Ärztezeitschrift veröffentlichen. Vielleicht erntet ihr Lob damit.“ Doch dann wurde sie ernst. „Es rührt mich aber, dass ihr euch Gedanken darüber macht, weshalb Mamsell so verstört ist. Wir haben schon versucht, ihr gut zuzureden, Frau Theobald zuallererst. Aber es war umsonst.“
„Sie muss doch einen Grund dafür haben?“, fragte Hanni.
„Den hat sie auch, obwohl sie von ganz falschen Voraussetzungen ausgeht. Im nächsten Monat kommt ein hoher Herr von der Prüfungskommission. Er will diesmal bei uns als Beobachter bei den Abschlussprüfungen der letzten Klasse dabei sein. An irgendeiner Schule geschieht das immer. Nun hat der Schulrat aber in seinem Brief erwähnt, dass ihn auch die Unterrichtsstunden der ausländischen Kollegen sehr interessieren. Und da glaubt Mamsell, sie soll besonders unter die Lupe genommen werden. Und sie bildet sich ein, dass sie dabei jämmerlich versagen wird.“
Die ganze Klasse seufzte tief auf. „Die Ärmste“, sagte Bobby und drückte aus, was alle dachten. „Ob wir ihr nicht helfen können?“
„Das
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