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Gebieter der Dunkelheit

Gebieter der Dunkelheit

Titel: Gebieter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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Ausschweifungen. Naomi kannte sich in der Welt von SM noch nicht aus, aber das, was sie bisher erfahren hatte, faszinierte sie. Hier fand sie, was sie bei Cheng vermisste.
    Sie sehnte sich nach weiteren Erlebnissen dieser Art. Mit Samuel und niemand anderem.
    Er ging weitaus feinfühliger und rücksichtsvoller vor, als sie es erwartet hatte. Der Erpresser in ihm lockte sie zwar zu den Treffen, doch dort traf sie auf Sam, den Lehrer.
    Kein einziges Mal hatte er ihr eine Praktik aufgezwungen oder sie zu etwas genötigt, das sie nicht wollte. Im Gegenteil, er hatte ihr sogar noch Kontrolle über das Spiel verliehen. Als er ihr das Safeword gab, hatte sie das im Inneren berührt.
    Und sie vertraute ihm, ja, das tat sie. Sollte sie um Gnade bitten, war sie fest davon überzeugt, dass er sie sofort gehen lassen würde. Woher kam nur dieses Vertrauen?
    Naomi erschrak, weil eine Forelle ihr Bein streifte, dann lachte sie laut. Sie wurde wieder nachdenklich. Hoffentlich verführte sie nicht die grenzenlose Lust, nach der sie sich jahrelang verzehrt hatte, dazu, ihr Vertrauen zu leichtfertig zu verschenken. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie lange sie auf guten Sex verzichtet hatte. Sie wollte nicht ungerecht sein, am Anfang war Cheng ein guter Liebhaber gewesen. Doch während seine Begierde immer weiter geschrumpft war, war Naomis Lust parallel dazu angewachsen. Vielleicht drückte die Arbeit auf seine Libido, denn Cheng fühlte sich dazu verpflichtet, seinem Namen, der übersetzt »erfolgreich« bedeutete, alle Ehre zu machen.
    »Beruflicher Erfolg steht für ihn an erster Stelle, nicht ich«, stellte Naomi zerknirscht fest, sie formte ihre Hände zu einer Schale und trank einige Schlucke des reinen Wassers. Wieder ein gravierender Unterschied zu Samuel. Wann immer sie zusammen waren, stand sie im Mittelpunkt, sie und ihre Lust. Er widmete ihr seine volle Aufmerksamkeit, verwöhnte sie, selbst wenn er sie leiden ließ, denn sogar durch Schmerz bereitete er ihr Lust.
    Als würde Naomi sich selbst aus ihren Tagträumen reißen wollen, schlug sie auf die Flussoberfläche, so dass ihr das Wasser ins Gesicht spritzte.
    Sam und Cheng zu vergleichen war müßig.
    Sie hatte Samuel in einer Art Urlaubsatmosphäre getroffen. Was wusste sie schon über ihn? Er vergnügte sich mit ihr, nichts weiter, für ihn gab es keinen Stress, anders als bei Cheng, der Kunden, das Gericht und seine Eltern gleichsam zufriedenstellen musste. Möglicherweise hatte er deshalb auch keine Zeit, um einen einzigen Gedanken an eine Trauung zu verschwenden. Eigentlich war es Naomi nicht anders ergangen. Sie hatte erst daran gedacht, als der Druck von außen zunahm und die Frage, wann denn endlich die Hochzeit stattfand, sie drängte, sich dem Thema zu widmen. Der Wunsch war nicht aus ihr gekommen.
    Sie tauchte bis zum Mund unter und atmete flach durch die Nase. Bis auf das Säuseln des langsam fließenden Flusses war es still. Es ging kein Lüftchen, kein Vogel sang, und keine Grille zirpte. Das Napa Valley hatte wegen der Hitze in den Schongang zurückgeschaltet, genauso wie Naomi, als sie hierhergeflüchtet war. Ihr Kopf war freier, nun, da sie zur Ruhe kam.
    Sie horchte in sich hinein, aber auch jetzt verspürte sie kein Verlangen zu heiraten. Konnte es sein, dass sie nur ja gesagt hätte, hätte Cheng sie jemals um ihre Hand gebeten, weil alle das von ihr erwarteten?
    Wenn sie ihr Gewissen beiseiteschob und an Cheng dachte, schwieg ihr Inneres. Was hatte das zu bedeuten?
    Naomi legte ihren Hinterkopf auf das Ufer und bewegte ihre Beine gemächlich. »Man geht nur eine Ehe ein, wenn man glücklich ist.« Als glücklich würde Naomi ihre Beziehung nicht bezeichnen. Cheng bestimmt auch nicht, sonst würde er ihr mehr Zuneigung entgegenbringen.
    Während sie im Wasser lag und den Blick auf das klare Blau des Himmels gerichtet hatte, schlich sich der Delfin wieder in ihre Gedanken, den sie auf einem der Fotos, die ihrer Tante aus dem TV-Schrank gefallen waren, gesehen hatte. Er hatte irgendwie komisch ausgesehen. Jetzt fiel Naomi ein, woran das lag – er hatte keine Augen gehabt! Und war von einem unnatürlichen matten Dunkelblau gewesen. Seltsam künstlich. Wie ein Badewannenspielzeug. Für Kinder.
    »Oh, mein Gott!«, stieß Naomi aus und richtete sich abrupt auf. Beinahe wäre sie auf den Kieselsteinen, die den Untergrund bedeckten und mit einem Algenflaum bewachsen waren, ausgerutscht. Sie ruderte hektisch mit den Armen und fand ihre Balance wieder. Konnte

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