Gebieter der Dunkelheit
– stemmte sie ihre Hände in die Hüften und lenkte ab: »Fangen wir jetzt endlich an?«
»Warum die Eile?« Provozierend legte er den Kopf schief. »Wirst du erwartet?«
»Sam, bitte.« Nervös spielte sie mit ihrem Ohrring. »Das letzte Kapitel …«
»Gnade.«
»Wie bitte?« Was hatte das jetzt zu bedeuten?
Er hob beide Hände, als würde er sich ergeben. »Ich habe das Safeword ausgesprochen. Die Session ist vorbei, bevor sie angefangen hat. Das letzte Kapitel schenke ich dir.«
»Das … das geht nicht. Das Safeword ist doch für Subs.« Verwirrt starrte sie ihn an.
»Wer sagt, dass nicht auch Doms es benutzen dürfen? Meine Grenze ist erreicht. Ich will nicht weitergehen.« Vehement schüttelte er den Kopf. »Es sei denn …«
»Was?« Naomi begehrte ihn! Sie konnte ihn nicht verlassen, ohne noch einmal mit ihm geschlafen und in seinen Armen gelegen zu haben.
»Nein, das wäre wohl zu viel des Guten. Da habe ich eine Frau gefunden, die zu einer Leidenschaft fähig ist, die meiner ebenbürtig ist, und dann erfahre ich, dass sie einem anderen Mann gehört. Es wäre auch zu schön gewesen, um wahr zu sein. Dauerhaftes Glück, das über Sessions hinausgeht, scheint mir verwehrt zu bleiben. Immer nur Herr, niemals Gebieter. Oder doch nicht?« Sam hielt inne. Er trat nah an sie heran, hob ihr Kinn an und tauchte tief in ihren Blick ein. »Ich sehe den inneren Kampf in deinen Augen, aber du musst dich entscheiden.«
Ihr Herz galoppierte so heftig, dass ihr Brustkorb schmerzte. »Entscheiden?«
»Ich verleihe meine Lustdienerin nicht. Sie gehört mir alleine. Ist mein Besitz, mein Eigentum!« Dann brachte er es auf den Punkt: »Ich will nicht die Rolle des Geliebten einnehmen, ich unterwerfe mich niemals.«
Die Gefühle brachen über ihr zusammen. In Gedanken sah sie, wie sie mit Cheng Schluss machte, ihre Wohnung verlor, ihren Job ebenfalls, aber auch die Sicherheit einer langen Beziehung und plötzlich mit nichts dastand.
Was wusste sie schon von Samuel? Nicht einmal, ob er Geschwister hatte oder seine Eltern noch lebten, wo oder wie er wohnte, welche Hobbys er hatte, wie er seinen Kaffee trank, welche Filme und Bücher er mochte. Nichts, außer dass er dominant war und SM lebte. Ihr wurde bewusst, dass sie außer Sex nichts verband. Außergewöhnlicher, faszinierender, atemberaubender Sex!
Außerdem schrieb er für die Yellow Press und bereicherte sich am Elend anderer Menschen. Zögerlich wollte sie wissen: »Hast du wirklich alle Kapitel auf deinem Laptop gelöscht? Keine digitalen Sicherheitskopien oder Ausdrucke?«
»Du vertraust mir immer noch nicht.« Es war eine Feststellung, keine Frage. »Ich dachte, wir hätten das hinter uns gelassen, aber wir sind uns noch so fremd wie vor unserer Absprache.«
»Erpressung«, korrigierte sie ihn schnippisch und kam sich im selben Moment kindisch vor. Warum hatte sie das gesagt? Aus Angst vor der eigenen Courage, weil sie es nicht über die Lippen brachte, ihm ihre Gefühle zu gestehen?
Seine Miene gefror. Er trat einen Schritt zurück und steckte seine Hände in die Hosentasche. »Du tust mir weh.«
Diese Worte aus Samuels Mund zu hören, schnürte Naomi die Kehle zu, sie erschütterten sie innerlich, weil ihr bewusst wurde, dass auch er verletzbar war. Bisher hatte sich Naomi von der Fassade des selbstbewussten Mannes und beherrschten Dominus blenden lassen. Aber Sam war keine Figur aus ihrer Fantasie, die sie ein- und ausblenden konnte, wenn ihr nach erotischen Abenteuern war, er war aus Fleisch und Blut. Doch die Erkenntnis kam zu spät, Naomi hatte seine Gefühle bereits mit Füßen getreten.
»Ich habe deine Sehnsüchte erkannt und sie Wirklichkeit werden lassen. Aber für dich werde ich immer ein Schuft bleiben. Das ist mehr als schade, denn du irrst dich. Ich habe am Anfang nicht fair gespielt, aber gerade du solltest mich nicht verurteilen. Unsere Abmachung ist hiermit hinfällig, du bist frei, und das Enthüllungsbuch wird nie erscheinen.« Als er zur Terrasse ging, stapfte er so fest auf, dass sich der Rasen dort, wo er hintrat, nicht mehr aufrichtete. Er nahm das Notizbuch, in dem er bei ihrer Ankunft geschrieben hatte, vom Tisch, und kehrte zu ihr zurück. »Hier drin findest du den Beweis, dass ich dir und deiner Familie nie etwas Böses antun wollte.«
Samuel reichte es ihr so energisch, dass sie es zwangsläufig annahm. Während er sie einfach stehen ließ und im Gästehaus untertauchte, betrachtete sie das Moleskin skeptisch. Sie
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