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Gebieter der Dunkelheit

Gebieter der Dunkelheit

Titel: Gebieter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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locken. Der andere hielt Maroon am Laufen. Für uns alle drei war es eine schwere Zeit, nicht nur wegen der Trauer, sondern auch wegen der Doppelbelastung.«
    Röte stieg in seine Wangen. »Aber in dieser schrecklichen Phase standen wir uns auch so nah wie nie zuvor und auch nie wieder danach. Da ist es passiert. Ich fühle mich Carol gegenüber schuldig, aber nicht gegenüber Cat. Noch immer hege ich tiefe Gefühle für sie.«
    »Du und Mom.« Eine Ahnung erwachte in Naomi. Ihr wurde schummrig, und sie war froh, dass Bill sie festhielt.
    »Wir beide hatten uns verliebt. Ich hoffe sehr, dass du mir das glaubst. Es ging nicht nur um körperliche Anziehung. Catherine war so anders als Carol und trotzdem ähnlich.« Sein Lachen klang beschämt. »Das ist schwer zu erklären. Sie sind beide ehrlich, verlässlich und solide, aber Cat war lebenslustiger. Sie trug vor dem schrecklichen Verlust immer farbenfrohe, offenherzige Kleidung, lachte viel und ging gerne aus, während Carol eher häuslich war. Versteh mich nicht falsch, ich liebe Carol. Auch in dieser Zeit habe ich sie geliebt. Aber als ich Cat, die ich sonst nur als Sonnenschein kannte, wie ein Häufchen Elend sah, weckte das meinen Beschützerinstinkt. Außerdem lernte ich sie während der Trauerphase von einer völlig neuen Seite kennen. Asche auf mein Haupt, sie war weitaus tiefsinniger, als ich es gedacht hatte. Es ist schwer nachzuvollziehen für Außenstehende.«
    »Du bist fremdgegangen?« Mit ihrer Mom?
    »Gott bewahre, nein!« Abwehrend hob er seine Hände. »Ich musste mich nicht zwischen ihnen entscheiden, zumindest zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Carol war, sagen wir mal, gediegen, aber niemals bieder.«
    Das nahm Naomi ihm ab. Den Beweis, die Videobänder, hatte sie selbst gesehen.
    »Sie ist die beste Ehefrau, die ich finden konnte, und ich frage mich oft, ob ich sie überhaupt verdient habe. Damals hat sie meine Liaison mit Cat akzeptiert, weil ihr Verhältnis zu ihrer Schwester sehr innig war. Wir drei waren ein Team, ein unzertrennliches Trio, eine feste Einheit, die unerschütterlich erschien«, sagte er aus dem vollen Brustton der Überzeugung.
    Fassungslos starrte Naomi ihn an. Ihre Mom, ihr Onkel und ihre Tante hatten eine Dreiecksbeziehung geführt und es die ganzen Jahre über verheimlicht.
    Erschöpft ließ Bill seine Arme sinken. »Bis deine Mom nach kurzer Zeit schwanger wurde.«
    Naomi traute ihren Ohren kaum. »Aber als Dad starb, war sie doch schon …«, sie sprach den Rest nicht mehr aus, da Bill den Kopf schüttelte.
    »Cat wird mir den Hals umdrehen, wenn sie erfährt, dass ich es dir gesagt habe, aber es ist ihre eigene Schuld. Sie hätte dich längst aufklären sollen.« Seufzend raufte er sich die Haare, die wirr abstanden, nachdem er die Hände hatte sinken lassen. »Carol wurde eifersüchtig. Das ging ihr zu weit. Ein Kind durfte nur mich und sie verbinden, weil wir verheiratet waren. Sie betrachtete Kinder als Krönung der Liebe und hatte große Angst, mich an deine Mutter zu verlieren. Cat zog sich daraufhin zurück, weil sie keinen Keil zwischen uns treiben wollte. Höchst anständig von ihr. Sie wollte unsere Ehe nicht zerstören. Noch heute empfinde ich sehr viel für sie, aber es ist keine Liebe mehr, sondern starke Zuneigung und Freundschaft.«
    Bill wollte sie wieder an sich ziehen, doch Naomi trat einen Schritt zurück. Sie musste erst verdauen, was sie soeben erfahren hatte.
    Betreten schaute Bill auf seine Schuhe und dann wieder Naomi an. »Deine Mom ist etwas Besonderes, genauso wie Carol, die uns beschwor, auf ewig zu schweigen, weil der Schmerz doch recht tief saß, aber auch um ihre Schwester zu schützen. Damals waren andere Zeiten. Die Menschen behandelten alleinerziehende Mütter, die zudem noch ein uneheliches Kind hatten, wie Aussätzige. Deshalb die Lüge über den Zeitpunkt deiner Zeugung, die kleine Zeitverschiebung.«
    Alles drehte sich um Naomi. Die Sorge um Jenn und Chad war längst verblasst. Der Leberfleck auf Jennifers Rücken war nur ein gewöhnliches Muttermal gewesen. Dass die Form an Weintrauben erinnerte, musste sie sich eingebildet haben. Die Angst, Chad könnte seine Halbschwester lieben, hatte ihr einen Streich gespielt.
    Bill trat zu ihr, und diesmal ließ Naomi es zu, dass er sie behutsam in seine Arme nahm. Liebevoll streichelte er über ihren Rücken. »Bitte, verzeih mir. Auch Carol und Cat. Wir meinten es nur gut. Ich … ich würde dir so gerne ein richtiger Vater sein. Das wollte ich

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