Gebieter der Träume
Sieg wegzuschnappen.«
Solin wurde völlig ausdruckslos – sein Gesicht, sein Verhalten, sogar seine Stimme. »Ich werde mein Verhalten weder verteidigen noch erklären – weder dir noch irgendjemandem sonst. Meine Motive sind allein meine Angelegenheit. Gut oder schlecht oder gleichgültig.«
Geary neigte den Kopf, als sie etwas an ihm bemerkte, während er sprach. Eine leichte Anspannung zeigte sich auf seinem Gesicht. »Wovor haben Sie Angst?«
Solin verzog abschätzig den Mund. »Ich fürchte mich vor gar nichts.«
»Sie fürchten sich vor Nähe, ist es das?«, fragte sie. »Nähe zu irgendjemandem. Deshalb geben Sie nichts von sich preis. Deshalb schweifen Sie lieber durch Träume, als in der Wirklichkeit mit einer Frau zu schlafen.«
»Vielen Dank, Frau Doktor.« Nur eine Kettensäge hätte die Gehässigkeit und den Sarkasmus in seiner Stimme durchtrennen können. »Aber ich glaube wirklich, Sie wissen nicht das Geringste über mich. Bis das der Fall ist, sollten Sie Ihre Meinung lieber für sich behalten!«
»Sie haben recht, ich weiß nicht das Geringste. Aber die Frage ist doch: Weiß irgendjemand etwas? Können Sie mir einen einzigen Freund nennen, den Sie jetzt oder in der Vergangenheit hatten?«
»Ich brauche keine Freunde. Sie futtern einem nur das Essen weg, saufen einem das Bier aus, und bei der ersten Gelegenheit, wo man etwas tut, das ihnen nicht gefällt, plaudern sie deine Geheimnisse aus. Wenn man so viele Feinde hat wie ich, dann hält man seine Geheimnisse lieber hinter Schloss und Riegel. Stimmt doch, Arikos?«
Ariks Blick begegnete dem ihren, und er wurde so sanft, dass ihr Herz schneller schlug. »Manchmal zahlt es sich aus, wenn man den richtigen Leuten vertraut.«
Solin verzog verächtlich den Mund. »Sentimentaler Quatsch! Und leichtgläubig bis zum Schluss – diese beiden Dinge werden dir den Hals brechen. Schließlich habe ich dich auch so verwandeln können.« Er machte eine kurze, effektvolle Pause, trat dann auf Geary zu und sprach sie direkt an. »Du hättest ihn sehen sollen, Megeara. Er war so sicher, dass er mich im Kampf besiegen würde. Er hatte sich gerade dazu bereit gemacht, als ich das Unerwartete getan habe.«
»Und was war das?«, fragte sie.
»Ich ließ meine menschliche Geliebte auf ihn losgehen. Sie träumte und hatte keine Ahnung, was sie da eigentlich tat. Als guter Oneroi hat Arik natürlich nicht gegen sie gekämpft. Die Menschen um jeden Preis beschützen – das ist das Credo der Oneroi. Außer, der Mensch ist ein Mischling.« Er spuckte die Worte regelrecht aus, als hätten sie einen bitteren Geschmack. »Dann haben wir den Tod verdient, einzig und allein aus dem Grund, weil unser Vater einen Ständer hatte, sich unters gemeine Volk gemischt und eine Schlampe schwängerte, die die Beine breit gemacht hat.«
Solin kam Geary viel zu nah, sodass sie einen Schritt zurücktrat, als seine blauen Augen Funken zu sprühen schienen. »Erzähl mir also nichts über Fairness. Ich habe keine Geduld dafür und auch nicht für dich, und das, kleine Menschenfrau, ist alles, was du über mich wissen musst.«
Solin trat zurück, lächelte höhnisch und sah die beiden scharf an. »Bleibt hier oder verschwindet – es ist mir scheißegal. Aber wenn ihr bleibt, dann treibt es oben in einem Bett, wie das zivilisierte Leute tun.« Damit drehte er sich um und verschwand.
Geary brauchte einige Minuten, um ihre Fassung wiederzugewinnen. »Na, ist er nicht ein fröhliches Sonnenscheinchen!«
Arik antwortete nicht, er starrte zu Boden.
Geary überdachte alles, was Solin ihnen gesagt hatte, und auch die Geschichte, die ein weiteres Geheimnis in ihrer Beziehung erklärte. »Er ist also derjenige, der dich verwandelt hat. Ich bin überrascht, dass du überhaupt noch mit ihm sprichst.«
Arik holte tief Luft, bevor er antwortete: »Ehrlich, mir wäre es lieber, dass mir das Gehirn durch die Nasenlöcher gezogen wird, aber ich wollte unbedingt in deiner Nähe sein, und ohne die Genehmigungen hättest du das nie zugelassen. Außerdem kann man ihm das alles nicht übel nehmen. Er hat jedes Recht, uns zu hassen.«
Ihr wurde es eng in der Brust bei dem Gedanken, dass Arik seinen Todfeind aufgesucht hatte, um mit ihr zusammen sein zu können. »Mitgefühl steht dir gut, Arik, du solltest es öfter benutzen.«
Er nahm ihre Hand und spielte mit ihren Fingern.
»Das versuche ich auch, aber ganz ehrlich, ich würde lieber dich benutzen.« Er lächelte sie an, und es wurde ihr warm
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