Gebieter der Träume
gar nicht erwarten.«
Arik runzelte die Stirn, als D’Alerian M’Adocs richtigen Namen benutzte. Viele der Oneroi hatten ihre Namen ablegen müssen und neue erhalten, die ihre Funktion bezeichneten. Das war Teil ihrer Bestrafung gewesen und sollte sie daran erinnern, dass sie nun keine Individuen mit einem eigenen Wert mehr waren. D’ bedeutete, dass D’Alerian normalerweise die Aufgabe hatte, Unsterbliche wie die Dark-Hunter zu bewachen. V’ bezeichnete einen Helfer der Menschen. Als Arik noch ein Oneroi gewesen war, hatte sein Name V’Arik oder V’Arikos gelautet. Diesen Namen hasste er nun, denn er klang wie eine Krankheit. Und das M’ war für diejenigen reserviert, die alle überwachten. Es gab viele, die D’Alerian M’Alerian nannten. Aber aus Gründen, die niemand nachvollziehen konnte, verwendete D’Alerian weiterhin den Namen, den er erhalten hatte, ehe er in die regierende Kaste aufgestiegen war.
M’Ordant klappte seinen Laptop zu und wandte sich zu ihnen um. »Er hat recht. Wir sollten ihn Hades übergeben. Wir wollen schließlich den Gott der Unterwelt nicht verärgern. Er ist ein ziemlicher Mistkerl.«
»Und wenn Hades Arik tötet und seine unsterbliche Seele bloßgelegt wird, während er ihn im Tartaros foltert?«, höhnte M’Adoc. »Glaubt ihr nicht, dass Hades dann entdecken wird, dass unser kleiner Arikos mehr fühlen kann als Schmerz, ohne dass er einen Menschen hat, der ihm als Wirt für diese Gefühle dient?«
Arik bekam einen Schock. Was sagte M’Adoc da? Er erstarrte, als ihm der Verdacht kam, dass die Gefühle, die er für Megeara hegte, tatsächlich seine eigenen sein könnten. Er hatte immer geglaubt, er habe seine Gefühle nur über ihre Gefühle erhalten. »Was geht hier eigentlich vor?«
»Halt die Klappe, Arik«, schnauzte M’Ordant ihn wütend an.
M’Adoc starrte seine Brüder an. »Wir können das Risiko nicht eingehen, dass sie die Wahrheit erfahren. Niemals!« Sein Blick durchbohrte D’Alerian förmlich. »Und von uns allen hast du am meisten zu verlieren, Neco. Lass dich durch das Mitgefühl, das du für ihn empfindest, nicht davon abhalten, das zu tun, was getan werden muss.«
Über D’Alerians Gesicht glitt ein Schatten von Schmerz, dann nickte er kaum wahrnehmbar.
Sie würden gegen Arik keine Milde walten lassen – nicht dass er das erwartet hätte. Sein Wohlergehen war wirklich nicht wichtig. »Es ist mir egal, was mit mir geschieht«, sagte Arik zu M’Adoc, »aber denk daran, dass du versprochen hast, dich um Megeara zu kümmern.«
M’Adocs Mundwinkel verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen. »Darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich habe vor, mich voll und ganz um sie zu kümmern. Und zwar auf der Stelle.«
D’Alerian schaute ihn finster an. »Dein Tonfall gefällt mir nicht, adelphos .«
M’Adoc warf ihm ein herablassendes Grinsen zu. »Was dir gefällt, ist uns allen hier völlig egal, Neco. Sie ist eine Bürde für uns. Sie weiß, wo Atlantis liegt, und sie weiß, dass es uns gibt. Willst du etwa, dass ich eine derartige Bedrohung dort draußen einfach am Leben lasse?«
Er wollte zurückkehren und sie töten. Arik wusste es mit jeder Faser seines Seins.
»Du hast es mir geschworen, du Dreckskerl!« Arik wandte sich M’Adoc zu und wollte auf ihn losgehen, aber sobald er sich ihm näherte, spürte er etwas Brennendes und Hartes im Bauch.
Arik taumelte zurück und sah in M’Adocs Hand einen langen, blutigen Dolch. Er konnte es nicht fassen, seine Knie gaben nach.
M’Adoc kam, ein erbarmungsloses Flackern in den Augen, auf Arik zu. Er packte mit der Faust ein Büschel Haar, und sein kalter, leerer Blick brannte sich in Ariks Augen. »Träume süß, Arik«, sagte M’Adoc, nur Sekunden, bevor er erneut zustach. Und alles wurde dunkel.
Geary war völlig benommen, als sie in den Hafen zurückkehrten. Immer wieder ging sie alles durch, was sie mit Arik erlebt hatte, aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass Kat recht hatte. Arik hatte sie geliebt. Trotz allem, oder vielleicht gerade deswegen, hatten sie sich ineinander verliebt. Und jetzt hatte sie ihn den Wölfen vorgeworfen.
Sie hätte ihm vertrauen sollen. Arik hätte ihr niemals etwas angetan, das wusste sie. Zu Anfang mochte er vielleicht böse Absichten gehabt haben, aber später hatte sich dies verändert. Warum war sie nicht der Devise gefolgt: Im Zweifel für den Angeklagten?
»Was soll ich jetzt machen, Kat?«, fragte sie, als sie das Boot vertäuten.
Kat seufzte.
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