Gebieter der Träume
trockenen Tonfall schnappte Geary nach Luft. »Das ist ja wohl ein Scherz.«
Er schüttelte den Kopf.
Sie schaute Arik an. Plötzlich wurde sie nervös und unsicher und schaute wieder zu Zebulon.
»Du bist fünfundzwanzigtausend Jahre alt?«
»Wenn du es ganz genau wissen willst: siebenundzwanzigtausend und fünfhundertzweiundvierzig Jahre – aber ist das wirklich so wichtig?«
Geary blieb der Mund offen stehen. So alt konnte er auf keinen Fall sein. »Dann wärst du ja im Aurignacien im Jungpaläolithikum geboren.«
»Nicht ganz – das würde mich noch ein paar Hundert Jahre älter machen. Aber es ist nahe dran.«
Sie konnte kaum begreifen, was er sagte. Sie ging im Kopf die ganze Frühgeschichte durch. »Dann wärst du also …«
»Ein Cromagnonmensch«, sagte er grinsend. »Ja, wenn du mich einen barbarischen Höhlenmenschen nennen willst: Ich bin einer. Wortwörtlich. Zum Teufel, ich kenne sogar ein paar Neandertaler, die mich mal durch die Gegend gejagt haben, die heute Spanien ist, so um Toledo herum. Aber jetzt kommt der lustige Teil: Dein Freund da drüben ist sogar noch älter als ich, und in seiner Familie wird er für ein Baby gehalten.«
Bei dieser absolut lächerlichen Behauptung ging ihr der verrückteste Gedanke von allen durch den Kopf. »Ihr seid beide im Zeitalter von Atlantis geboren.«
Deswegen hatte Arik so gut über ihre Medaille Bescheid gewusst. Genau wie über den Ort der Grabung.
O Gott, es war alles wahr.
Sie waren …
Diesen Gedanken konnte sie nicht zu Ende denken.
Trieg trat heran und legte ihr mitfühlend die Hand auf die Schulter. »Es ist schon ein ziemlicher Hammer, wenn man es zum ersten Mal hört. Du hättest mal mein Gesicht sehen sollen, als ich Artemis begegnet bin. Ein kleiner Rat, Süße: Lass dich darauf ein. Und jetzt muss ich meine Runden drehen. Gute Nacht zusammen.«
Ja, klar, der Mann mit den blitzenden Fangzähnen kehrte in sein Leben zurück. Warum auch nicht? Sie wurde ja bloß von tödlichen Zwillingen verfolgt, die sie umbringen wollten.
Und Mr. Cromagnon stand immer noch da und betrachtete sie mit amüsiertem Grinsen, das sie ihm mit dem größten Vergnügen vom Gesicht gewischt hätte.
Arik war der Einzige, der die Ernsthaftigkeit der ganzen Sache zu begreifen schien.
Zebulon richtete seine Aufmerksamkeit auf Arik. »Also, Kumpel, wie lange muss ich auf die Dolophoni achten?«
Arik seufzte müde, ehe er antwortete: »In zwei Wochen werde ich diese Welt verlassen haben … wenn sie mich nicht vorher töten.«
Zebulon nickte. »Glaubst du ernsthaft, sie werden dich einfach so nach Hause gehen lassen?«
Gearys Ärger spiegelte sich auch in Ariks Augen. »Eigentlich nicht. Ich denke, auf die eine oder andere Art bin ich schon so gut wie tot.«
»Gut«, sagte Zebulon trocken, »dann bist du doch nicht ganz so dumm, wie ich dachte. Mein einziger Rat an dich besteht darin, sie von der Straße und der öffentlichen Aufmerksamkeit fernzuhalten. Ich mag es gar nicht, wenn ich später diese Art von Dreck wegräumen muss.«
Arik war noch weniger amüsiert, als sie sich fühlte. »Ich bin auch nicht unbedingt Meister Propper.«
»Dann sind wir uns einig. Halt dieses Lumpengesindel aus meinem Revier heraus, oder ich wische mit euch allen den Boden auf.«
»Ich werde mein Bestes versuchen.«
Zebulon nickte und verschwand.
Geary war hin und her gerissen zwischen Zorn, Verletzung und Furcht. Ein Teil von ihr wollte Arik am liebsten dafür verprügeln, dass er sie in diese Sache hineingezogen hatte. Ein anderer Teil wollte so weit wegrennen, wie sie nur konnte. Schließlich gewann ihr Sarkasmus die Oberhand. »Vielen Dank für den schönen Abend. Ich habe mich richtig gut amüsiert. Wir sollten das wiederholen. Mir gefallen diese Nahtoderfahrungen, die wir immer machen, wenn wir zusammen sind. Das ist sehr erfrischend.«
Er streckte die Hand nach ihr aus. »Geary …«
»Fass mich nicht an«, fuhr sie ihn an und trat zurück. »Wage es ja nicht.«
Widerstrebend zog Arik die Hand zurück. Er begriff, dass sie zornig war, und dazu hatte sie auch allen Grund. Schon komisch, dass er, bevor er hergekommen war, nie darüber nachgedacht hatte, wie das alles auf sie wirken würde. Es war ihm, ehrlich gesagt, egal gewesen.
Und er hatte erst so wenig Zeit mit ihr verbracht. Wie würde es sein, wenn sie mehr Zeit miteinander verbringen würden?
Was hatte er sich dabei gedacht, als er seinen Handel mit Hades abgeschlossen hatte? Wie hatte er Gearys Seele nur
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