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Gebieter des Sturms (German Edition)

Gebieter des Sturms (German Edition)

Titel: Gebieter des Sturms (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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umgebracht worden war? Dies war nicht unbedingt ein gesellschaftlicher Anlass, der im Knigge behandelt wurde. Nicht, dass Naida den Knigge gelesen hätte – ebenso wenig wie sie Fahrrad fahren würde. Niniane blieb keine Zeit, die Lage näher zu analysieren, also schüttelte sie das seltsame Gefühl ab und wandte sich Kellen und Arethusa zu. Die beiden entgegneten ihren Gruß mit solcher Wärme, dass das Lächeln auf ihr Gesicht zurückkehrte.
    Nachdem sie Naida und die Delegation begrüßt hatte, begaben sie sich ins Haus, und sie wandte ihre Aufmerksamkeit dem Personal zu, das sich um das Anwesen kümmerte. Sie begann mit dem Verwalter Brennan. Er war ein ältlicher Dunkler Fae mit nervösem Blick und rastlosen Händen. Anschließend arbeitete sie sich durch das Hauspersonal und die Gärtner. Dann sprach sie kurz mit Prydian, dem Hauptmann der Wache. Der schweigsame Mann hielt den Blick gesenkt und antwortete einsilbig. Im Anschluss unterhielt sie sich mit den Wachleuten, die gerade nicht im Dienst waren, um die Tore oder andere Bereiche des Anwesens zu bewachen.
    Sie legte Wert darauf, mit allen Angestellten zu sprechen, sie nach ihrem Namen zu fragen und die eine oder andere Anmerkung zu ihrer Arbeit oder ihrem Privatleben anzubringen. Sie reagierten mit Erstaunen und unterschiedlich großer Freude auf diese Aufmerksamkeit. Niniane hatte den Verdacht, dass ihr Onkel Urien seinen Charme nicht an jene verschwendet hatte, die keine magische Energie oder politischen Einfluss zu haben schienen.
    Während der ganzen Zeit spürte sie intensiv die Anwesenheit Tiagos, der hinter ihrem Rücken Wache hielt. Er glich einem geschmeidigen, stummen Schatten, der sich immer dann bewegte, wenn sie es tat. Und dann war auf einmal etwas anders: Seine magische Energie verdichtete sich um sie herum, so greifbar, als hätte er die Hand ausgestreckt und sie an der Schulter gepackt. Sie zögerte, und nur aufgrund der jahrelangen Übung schaffte sie es, im Gespräch mit Prydian, dem Hauptmann der Wache, ein Stirnrunzeln zu unterdrücken. Betont beiläufig machte sie einen Schritt rückwärts, näher zu Tiago, und sofort lockerte sich seine magische Energie wieder und wurde beinahe zärtlich.
    Interessant. Sie blickte sich um, als wollte sie die Vorgärten bewundern, und nutzte diese Gelegenheit, auch Tiago einen Blick zuzuwerfen. Seine Miene war neutral und ohne Zweifel so diskret wie möglich, aber sie verstand, dass sie beinahe den »sicheren Bereich« verlassen hätte, wodurch sie einem möglichen Angreifer zu nahe gekommen wäre und sich gleichzeitig einen Hauch zu weit von ihrem Bewacher entfernt hätte. Tiago hatte ihren Kurs korrigiert, ohne sie telepathisch zu unterbrechen oder physisch einzugreifen. Kurz darauf spürte sie, wie seine Kraft sie etwas weiter nach rechts drängte, und danach, als sie ihre Position angepasst hatte, strich die warme Empfindung seiner Gegenwart wieder sanfter über ihre Haut.
    Er würde sich seine eigene Meinung über die Leute bilden, die sie kennenlernte, würde Reaktionen zusammen mit Namen und Gesichtern abspeichern und eine Risikobewertung durchführen. Später wollte sie ihn unbedingt fragen, was er von Brennans Nervosität und Prydians Reserviertheit hielt. Schließlich konnte sie nicht alle entlassen, nur weil sie für ihren Onkel gearbeitet hatten. Es konnten nicht alles ihre Feinde sein, und die meisten hatten vermutlich nie auch nur ein Wort mit Urien gewechselt.
    Allerdings war es ebenfalls eine Tatsache, dass dieses Anwesen eine besondere Bedeutung hatte, denn es bildete den Hauptübergang zwischen den Ländern der Dunklen Fae und Chicago. Unter diesem Gesichtspunkt verdiente alles hier eine besonders gründliche Überprüfung, auch wenn das nicht sofort passieren musste.
    Nach etwa einer halben Stunde wandte sie sich zum Haus um und winkte Brennan zu sich. »Ich wäre jetzt bereit, mir das Studierzimmer zeigen zu lassen«, sagte sie.
    »Selbstverständlich, Hoheit!«, sagte der Verwalter. Er rieb die Handflächen aneinander, als würde er sich fortwährend die Hände waschen. »Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen alles zu zeigen, was Sie wünschen.«
    Es war unmöglich, ihm zu glauben. Selbst ihr rudimentärer Wahrheitssinn schnaubte vor Ungläubigkeit. Für Brennan war im Augenblick überhaupt nichts ein Vergnügen. Stattdessen war er völlig in seiner Angst gefangen. Zweifellos befürchtete er, seine Stelle zu verlieren. Sie versuchte, ihre Abneigung gegen ihn nicht zu zeigen. Dabei

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