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Gebieter des Sturms (German Edition)

Gebieter des Sturms (German Edition)

Titel: Gebieter des Sturms (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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unauffällig noch einige Minuten lang, studierte sein Mienenspiel und seinen Umgang mit den Leuten um ihn herum. Wenn er eine Einschätzung hätte abgeben müssen, hätte er gesagt, der Mann habe ein Problem mit Frauen in Führungspositionen. Es machte nicht den Eindruck, dass sich die unterdrückte Feindseligkeit speziell gegen Niniane richtete. Es war nichts Persönliches – und der Mann würde gehen müssen, sobald Tiago mit Arethusa sprechen konnte, um es durchzusetzen.
    Und nun Naida. Ein interessantes Mädchen. Tiago fand es unterhaltsam, wie aus einem Teeservice und einem Tablett mit Knabberkram ein subtiles Drängen nach Macht und Rang werden konnte. Bei seiner Art, sich einer Machtposition zu nähern, spielte meist schwere Artillerie eine Rolle, außerdem ein Kampf, um die überlegene Position zu erringen, und dann seine Soldaten, die ihm Feuerschutz gaben. Er sah zu und wartete ab, während seine Fee die Situation einschätzte, sie sich durch den Kopf gehen ließ und die andere Frau schließlich wegschickte. Naidas Haltung und Mimik waren weitgehend korrekt und gefügig gewesen, doch den aggressiven Geruch, der in der Luft hing, als sie das Zimmer verließ, hatte sie nicht verbergen können. Naida konnte nicht wie die beiden anderen gefeuert werden, aber Tiago war sicher, dass er eine Menge erfahren würde, wenn er sie im Auge behielt.
    Beim Kanzler lag die Sache ganz anders. Sein Gesicht, sein Geruch und die Haltung zeugten von Wachsamkeit, nicht von Aggression. Tiago nahm einen Teller, füllte ihn und reichte ihn Niniane, die ihn nach kurzem Zögern und einem Aufflackern von Überraschung in ihren unglaublichen Augen entgegennahm. Er nahm sich den nächsten Teller – wie er bemerkte, gab es drei davon, was perfekt war, wenn auch nicht ganz so, wie Naida es ursprünglich beabsichtigt hatte – und häufte sich eine größere Portion darauf. Dann lehnte er sich entspannt in seinem Sessel zurück und betrachtete den Kanzler mit den kalten Augen eines Killers. Er kam zu dem Schluss, dass er Kriegsführung aus dem Sessel mochte. Es war so bequem, und es gab Kuchen.
    Aubreys Gesicht verspannte sich; er unterdrückte eine starke Gefühlsregung. Es war ein vielschichtiger Geruch, den Tiago noch nicht entschlüsseln konnte. Der Kanzler wandte sich an Niniane: »Ich möchte mich für meinen Ausbruch entschuldigen, Hoheit«, sagte er. »Sie sagten, Sie hätten eine Tagesordnung?«
    Der Typ war geschmeidig, darauf konnte Tiago ihm Brief und Siegel geben. Vielleicht war er aufrichtig, vielleicht auch nicht. Das würde die Zeit zeigen.
    Er konnte das mentale Scheiß-drauf-Achselzucken seiner Fee beinahe sehen. Sie streifte ihre Schuhe ab, zog die Füße unter sich und wählte eines der Gebäckstücke aus, die Tiago ihr gereicht hatte. Sie nahm eins, das mit Schokolade gefüllt war; die Pralinen, die er ihr geschenkt hatte, waren bereits verschwunden. Er machte sich eine geistige Notiz.
    Mit nachdenklichem Gesicht nahm Niniane einen Bissen von ihrem Gebäckstück und legte es zurück auf den Teller. Tiago rückte seinen Teller so, dass er die wachsende Ausbeulung in seinem Schritt verbarg, während er zusah, wie sie sich den Puderzucker von den Fingern leckte. Denken und Ablecken standen ab jetzt ganz oben auf der Liste der Tätigkeiten, bei denen er sie beobachten wollte. Was ging hinter ihrem süßen Feengesicht vor? Dachte sie von A nach B, um zu C oder D zu gelangen, oder hatte sie das Alphabet der Logik schon wieder verlassen? Er konnte es kaum erwarten, ihr zuzusehen, wenn sie wirklich intrigant wurde.
    Als sie das Wort ergriff, richtete sie es an den Kanzler und erzählte von ihrer Sicht auf die Wyr, von ihrer langen Vertrautheit und dem Gespräch, das sie mit Aryal geführt hatte. »Wie Sie sehen, ergibt es keinen Sinn, dass die Wyr hinter dem Angriff stehen«, schloss sie.
    »Verstehe«, sagte Aubrey. »Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, es mir zu erläutern. So, wie Sie es erklären, scheint es offensichtlich, dass Dragos und die Wyr-Regierung nicht daran beteiligt waren – von dem glücklichen Umstand, dass Tiago Sie verteidigt hat, einmal ganz abgesehen.«
    Tiago genoss seine Zwischenmahlzeit, während er zusah und zuhörte. Aubrey erwähnte nichts von dem Gespräch zwischen Arethusa, ihm und Rune im Leichenschauhaus. Die Kommandantin musste beschlossen haben, ihre Karten gut verdeckt zu halten. Interessant. Offenbar vertraute Arethusa im Augenblick niemandem. Was sagte das in Anbetracht ihrer

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