Gebieter des Sturms (German Edition)
vertraute Routine des Kaffeeaufgießens, während Cameron alles aufaß, was noch auf dem Teller lag. Niniane versuchte, ihren Kaffee zu trinken, doch er war zu heiß – sie hatte das Gefühl, die Zeit würde viel zu schnell an ihr vorbeirasen und unaufhaltsam auf einen tödlichen, fremden Ort zujagen, wie ein Wasserfall, der an zerklüfteten Felsen zerschellt. Mit zitternden Händen goss sie Wasser aus einer Feldflasche in das dampfende Gebräu, damit sie den Kaffee endlich hinunterstürzen konnte.
Cameron tat es ihr nach. Als sie ihre Tasse leerte, sagte Durin vor dem Zelt: »Hoheit.«
»Kommen Sie rein, Durin«, sagte sie.
Er hob die Zeltplane an und sah mit ernster Miene zu den beiden hinein. »Es ist Zeit, aufzubrechen.«
»In Ordnung.« Sie stand auf. Cameron griff nach ihrem Schwert samt Scheide und streifte sich den Schultergurt über.
Die Morgendämmerung kam und ging. Tauender Frost glitzerte im hellen Morgenlicht. Das Lager schien vor Rastlosigkeit zu vibrieren. Niniane hörte das Klirren von Pferdegeschirr und erhobene Stimmen aus der Ecke, in der die Soldaten lagerten. Durin trat nah an sie heran, sodass Niniane zwischen ihm und Cameron eingekeilt war. Dann deutete er auf eine Seite des Zelts, in die Richtung, die von den Soldaten wegführte. Cameron runzelte die Stirn, und Niniane warf ihm einen kurzen, fragenden Blick zu. »Die Soldaten ziehen eine Menge Aufmerksamkeit auf sich.« Durin sprach schnell und mit tiefer Stimme. »Wir dachten, es wäre schneller und ruhiger, Sie über diesen Weg zu führen. Wir müssen uns jetzt beeilen.«
Sie nickte und drehte sich in die entsprechende Richtung. Cameron legte ihr eine Hand auf den Rücken und drehte sich ebenfalls um, und dann spürte Niniane, wie die Frau den Stoff ihres Sweatshirts packte und fest daran zog.
Moment, was sollte das?
Niniane stolperte vorwärts, versuchte vergeblich, ihr Gleichgewicht wiederzufinden, und prallte vom fest gespannten Stoff des Zelts ab, dann fiel sie endgültig vornüber. Sie zog die Schulter ein, wie man es ihr beigebracht hatte, kam am Boden auf und rollte sich ab. Im Fallen hörte sie ein metallisches Klirren, das Geräusch aufeinandertreffender Schwerter. Sie stemmte sich auf Hände und Knie hoch, nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie fuhr herum, um zu sehen, was los war.
Cameron und Durin kämpften gegeneinander. Cameron machte einen Schritt zur Seite, um den Schwerthieb des Dunklen Fae abzufangen. Ihre Bewegungen waren athletisch und selbstsicher, doch Durin kämpfte so stilvoll und mit solch tödlich vollkommener Anmut, dass die Menschenfrau offensichtlich hoffnungslos unterlegen war. Sie rief Niniane zu: »Lauf!«
Niniane sprang auf die Füße und starrte die beiden an, während sie zurückwich.
Irgendein Arm schlang sich um ihren Hals, und sie spürte die kalte, harte Klinge eines Messers an ihrer Kehle. Die Schneide ritzte ihre Haut. Einen Augenblick später setzte der stechende Schmerz ein, dann spürte sie die ersten Tropfen Blut.
»Hätte ich mir ja denken können«, sagte Naida. »Seit du aus der Versenkung aufgetaucht bist, ist nichts mehr glattgegangen.«
Oh verdammt!
Durin stürmte vorwärts, sein Schwert blitzte in einer komplizierten Abfolge von Bewegungen auf, und Camerons Schwert flog in hohem Bogen davon. Sie fuhr herum und trat um sich, doch er stürzte vorwärts und kam ihr zu nahe, als dass sie einen sauberen Treffer hätte landen können. Gleichzeitig drehte er das Schwert um und rammte Cameron den Griff in den Kiefer. Lautlos ging sie zu Boden.
»Lass deine Hände, wo ich sie sehen kann!« Naidas warmer Atem kitzelte Ninianes Ohr. »Ich habe nicht vor, mich von dir vergiften zu lassen, wie du es mit Geril und seinen Freunden gemacht hast.«
Sie nahm die Hände hoch. Naida drehte die Fee um und schob sie zügig vor sich her zum Rand des Lagers. Durin lief neben ihnen. Er hielt sein Schwert noch in der Hand und suchte mit scharfen Augen die Umgebung ab. Niniane presste zwischen den Zähnen hervor: »Ich kann nicht glauben, dass uns niemand sieht.«
»Sie sind alle damit beschäftigt, wild zu diskutieren und den Soldaten beim Aufbruch zuzusehen«, sagte Naida. In wenigen Augenblicken hatten sie den Rand der Lichtung erreicht, und Naida zwang sie in immer schnelleren Gang, bis sie rannten. Sie sagte zu Durin: »Warum dauert das so lange?«
»Ryle kommt nicht zum Kanzler durch«, sagte der Hauptmann. »Diese Wyr-Schlampe hat ihn zu genau im Blick.«
Wer war Ryle?
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