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Gebieter des Sturms (German Edition)

Gebieter des Sturms (German Edition)

Titel: Gebieter des Sturms (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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Mühe zu antworten, sondern wischte sich nur mit dem Handrücken über das Gesicht, während er sie mit träger Boshaftigkeit betrachtete.
    »Ich hätte Sie warnen sollen, vorsichtig zu sein«, sagte eine Frau hinter ihr. »Die Erbin der Dunklen Fae sieht klein und niedlich aus, aber sie kann bösartig werden wie ein tasmanischer Teufel, wenn man sie in die Ecke drängt.«
    Sie kannte diese Stimme. Es war eine der schönsten Stimmen der Welt, und auch eine der tödlichsten. Mit großen Augen drehte sich Niniane um und stand Carling Severan gegenüber, Rätin im Tribunal der Alten Völker, Zauberin und Königin der Vampyre.
    Die Sprecherin war so schön wie ihre Stimme, ein herzzerreißender, lebensbedrohlicher Liebreiz ging von ihr aus. Carling Severan, gekleidet in ein klassisches schwarzes Chanel-Kostüm, war für eine moderne Frau durchschnittlich groß und hatte einen schlanken, vorzüglichen Knochenbau. Sie hatte einen patrizischen Hals, der an Nofretete erinnerte, lange, dunkle, mandelförmige Augen, glänzendes schwarzes Haar, das ihr als schwerer Vorhang bis auf die Taille fiel, hohe Wangenknochen, glatte, leuchtende Haut in der Farbe von Honig und einen heimtückisch sinnlichen Mund. Sie war schon bei der Erbauung Roms antik gewesen, hatte aber noch immer das Gesicht und die Figur einer dreißigjährigen Frau.
    Die Königin der Vampyre war eines der ältesten noch lebenden Nachtwesen, von deren Existenz man wusste, wenn nicht sogar das älteste überhaupt. Selbst im Ruhezustand füllte ihre magische Energie den Raum aus, doch dann brachte Carling sie entweder unter Kontrolle oder tarnte sie. Die Magie verebbte, wie sich die Flut vom Ufer zurückzieht, und ließ sie wie eine ganz normale, schöne menschliche Frau aussehen.
    Sie war eine giftige Königskobra, die sich als unschuldige, leuchtend grüne Gartenschlange tarnte.
    Das war so was von falsch.
    »Rätin«, flüsterte Niniane mit tauben Lippen.
    Die Illusion der Unschuld löste sich in Luft auf, als die Vampyrin mit einer flinken, fließenden, unmenschlichen Grazie, die ebenso furchteinflößend war wie alles andere an ihr, zu ihr herüberkam. Direkt vor Niniane blieb Carling stehen, ließ ihre schlanke Hand auf deren Schulter fallen und sah das männliche Wesen an. »Das wäre fürs Erste alles, Khalil.«
    Seine Nasenflügel blähten sich, und er sagte: »Einen der drei Gefallen, die ich Ihnen schulde, habe ich vollständig eingelöst.«
    Niniane konnte noch immer die Wildheit des Wirbelsturms in seiner tiefen Stimme hören. Sie zitterte, und der unnachgiebige Griff auf ihrer Schulter wurde fester. Die Rätin sagte: »Das hast du. Bis zum nächsten Mal, Dschinn!«
    Ein heulender Wind erhob sich und erstarb wieder. Niniane senkte den Blick und bedeckte ihre Augen, um sie vor den peitschenden Haarspitzen zu schützen. In diesem Moment bemerkte sie einen hellgelben Streifen Sonnenlicht, der durch ein nahe gelegenes Fenster fiel und sich über ihre Beine und die der Vampyrin legte. Sie starrte darauf. Ein solcher Kontakt mit direktem Sonnenlicht hätte einen schwächeren Vampyr binnen Sekunden in Asche verwandelt. Ihr Zittern wurde stärker. Carling war einfach unnatürlich, selbst im Vergleich mit anderen Vampyren, die von vielen ohnehin als unnatürlich betrachtetet wurden.
    Die Rätin sagte: »Das ist die Stelle, an der Sie fragen können, ob ich eine gute oder böse Hexe bin.«
    Niniane sah auf und blickte in diese hinreißenden, uralten, lächelnden Augen. So fest wie sie konnte, sagte sie: »Ich bin nicht sicher, ob ich Ihre Antwort hören möchte.«
    Carling sagte: »Es ist eine weise kleine Erbin. Wie ich höre, sind Sie verletzt. Ich kann das Blut Ihrer Wunde riechen, und ein Dämonen-Prinz ist nicht die angenehmste Sorte Taxi. Setzen Sie sich!«
    Carlings Hand auf Ninianes Schulter schob sie zu einem Sessel und stützte sie, als ihre wackeligen Beine nachzugeben drohten. Dankbar ließ sie sich in den Sessel gleiten und sackte zusammen, obwohl sie weit davon entfernt war, sich zu entspannen.
    Mit fließenden Bewegungen nahm Carling in einem anderen Sessel Platz. Indem sie sich einfach nur hineinsetzte, verwandelte sie ihn in einen Thron. Niniane beneidete die Frau um ihre kaiserliche Anmut, während sie sie von der Seite betrachtete, doch der Zeiger ihrer Misstrauensskala stand eindeutig auf Alarmrot.
    Im Laufe der Jahre hatte sie mit der Rätin mehrfach freundlichen Umgang gepflegt, doch das waren stets öffentliche, formelle Anlässe gewesen.

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