Gebieter des Sturms (German Edition)
den Wyr gestärkt hatte. Niniane konnte sich nicht vorstellen, dass Carling einen anderen potenziellen Anwärter auf den Thron der Dunklen Fae unterstützte, insbesondere niemanden, der zu Uriens Lebzeiten einer seiner Anhänger gewesen war.
Auf persönlicher Ebene waren Niniane und Carling stets herzlich miteinander umgegangen. Und die Vampyrin war in offizieller Funktion als Repräsentantin des Tribunals der Alten Völker hier. Niniane brauchte Verbündete, und Carling konnte, wenn sie gewillt war, eine ausgezeichnete Freundin und Verbündete der nächsten Königin der Dunklen Fae abgeben.
Darüber hinaus spürte sie die magische Energie in diesem Gebräu als sanftes, warmes Glühen an ihren Handflächen. Es war ein gutes Gefühl, so wie Hühnersuppe gut roch, wenn sie krank war. Sie hob das Weinglas und trank vorsichtig einen kleinen Schluck. Ihre Augenbrauen hoben sich. »Also, damit hatte ich nicht gerechnet«, sagte sie. »Es ist köstlich.«
Carling trank ihren Wein und beobachtete sie unter gesenkten Lidern. Niniane traf eine Entscheidung. Sie legte den Kopf in den Nacken und leerte den Heiltrank bis auf den letzten Tropfen.
Magisches Glühen erfüllte ihren Körper. Sie fühlte sich wie ein leeres Gefäß, das bis zum Rand mit köstlichem goldenem Licht angefüllt wurde.
»Wow-okay«, murmelte sie. Ihr Kopf sackte gegen die Sessellehne. Mühsam erinnerte sie sich daran, die Finger um den Stiel ihres Weinglases zu schließen, um es nicht einfach auf den Teppichboden fallen zu lassen. Einen Augenblick später spürte sie, wie sich ihre Finger öffneten und ihr das Glas aus der Hand rutschte. Sie versuchte, durch das goldene Licht, das ihren Kopf ausfüllte, auf den Boden zu blicken.
Dann konzentrierte sich die diffuse magische Energie in der Wunde an ihrer Seite, während sie im Rest ihres Körpers abebbte. Niniane spürte, wie der Bereich um ihre Wunde heller und heißer wurde, bis er vor ihrem geistigen Auge leuchtete wie ein innerer Stern.
Der Stern begann zu brennen, als hätte jemand ein heißes Bügeleisen auf die Stichwunde gelegt. Es tat weh. Es tat so weh. Au, au, au! Sie rang nach Luft, schlang die Arme um ihren Leib und fühlte, wie sich das zerrissene Gewebe selbst zusammenfügte. So etwas sollte man nicht spüren. Es war tausendmal schlimmer als das innerliche Jucken, das der Ausheilungszauber verursacht hatte.
Sie keuchte: »Eine kleine Warnung wäre nett gewesen.«
»Sie haben mich überrascht. Ich hatte nicht erwartet, dass Sie den Trank runterkippen würden.« Carlings wunderschöne Stimme drang in ihr Elend hinein. »Ich habe mir sagen lassen, tiefe Atemzüge sollen helfen.«
War das Erheiterung in Carlings Stimme? Verdammte Vampyre! Niniane warf einen wütenden Blick grob in Carlings Richtung, während sie tief durchzuatmen versuchte. Sie konnte nicht genau sagen, wie sehr es gegen den eigentlichen Schmerz half, aber es forderte ihre Aufmerksamkeit. Schließlich keuchte sie sich durch die Schmerzen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit verdunkelte sich der heiße Stern und erstarb schließlich ganz. Schmerz und Verwirrung wichen ohne jede Spur aus ihrem Körper.
Vorsichtig streckte sie sich und drückte mit den Fingern auf ihren Verband. Kein Schmerz. Sie atmete tief ein und dehnte den Brustkorb. Nicht mal ein Zwicken. Von Neugier überwältigt, hob sie den unteren Saum ihres Oberteils an und knibbelte eine Seite des Verbands ab, um einen Blick darunter werfen zu können. Es war kein Blut mehr zu sehen, bis auf das, das über der Wunde in die Kompresse gesickert war – oder besser gesagt über der Stelle, wo die Wunde gewesen war. Jetzt war bis auf eine kleine silbrige Narbe und zwei Stiche nichts mehr davon übrig.
»Das gibt’s ja nicht«, sagte sie. Sie pikte in die Wunde. »Sie ist komplett verheilt. Ich habe noch nie von einem so starken Heiltrank gehört.«
»Das überrascht mich nicht«, gab Carling zurück, »da ich mich nicht oft dazu aufraffe, ihn zu brauen.«
Niniane sah sie an. »Okay, das glaube ich Ihnen aufs Wort. Vielen Dank, und das meine ich ernst, aber ich bin auch wütend auf Sie, weil es sehr wehgetan hat.«
Die Vampyrin hob eine Augenbraue. Sie klang noch immer erheitert, als sie sagte: »Ich gehe davon aus, dass Sie einen Weg finden, darüber hinwegzukommen.«
Niniane grinste. »Ja, davon gehe ich auch aus.«
Sie nahm noch einen tiefen, schmerzfreien Atemzug. Der Trank hatte nicht nur die Stichwunde genäht, sondern auch ihre Quetschungen und Prellungen
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