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Gebieterin der Finsternis

Titel: Gebieterin der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Nash
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Vans, den Mac als »Sardinenbüchse« bezeichnet hatte, standen kreuz und quer mit offenen Türen auf der Fahrbahn und am Straßenrand. Aus ihnen kam die dröhnende Musik. Überall lagen leere Bierdosen und Verpackungen von Schokoriegeln und Chips herum. Eine Horde klapperdürrer Mädchen, teils auf den Wagen sitzend, teils an den Zaun gedrängt, wiegte sich zu den Klängen Manannáns. Der teiggesichtige Photograph, der Macs Motorrad zerschrottet hatte, hielt sich ein Stück hinter den Fans. Ab und zu hob er die Kamera und richtete sie auf das Herrenhaus.
    Mac musste wirklich recht berühmt sein. Na ja, kein Wunder, der Mann war zweifellos scharf. Angesichts der jungen, sorglosen Dinger regte sich Eifersucht in Artemis. So wie diese Mädchen war sie nie gewesen, so vollkommen frei. Ihre Magie und ihre vom Militär geprägte Kindheit hatten dafür gesorgt, dass sie stets anders gewesen war.
    Artemis schlich in den Schatten einer großen Eiche. Von hier konnte sie Brocken dessen auffangen, was draußen vor dem Tor geredet wurde.
    »…
muss
irgendwann wieder rauskommen. Er kann ja nicht …«
    »Das dauert vielleicht noch Tage …«
    »Ich würde
ewig
hier bleiben, wenn ich bloß …«
    »Habt ihr die
Kuh
gesehen, die mit ihm im Wagen saß? Ich schnall nicht, was er an der findet …«
    »Wir müssen irgendwie da reinkommen …«
    »Die Zauber, die ich von der alten
Hexe
gekauft hab …«
    »Ja, klar, Qualm und ein Knall. Die hässliche Schnecke hat dich verarscht …«
    Und so fort. Gut. Unter ihnen war folglich keine richtige Hexe. Artemis hörte nicht weiter hin, und die Stimmen verblassten zu einem wirren Gemurmel.
    Die tiefer hängenden Eichenäste versperrten die Sicht auf das Herrenhaus. Hoffentlich schlief Mac noch. Der Gedanke an sein Bett führte zu dem, was sie dort gemacht hatten, und der wiederum zog Überlegungen nach sich, wie wütend Mac sein würde, wenn er aufwachte und merkte, dass sie weg war.
Hör auf damit
, warnte sie sich im Stillen. Reue zerstörte nur den Rest, der ihr von ihrer Balance geblieben war. Und sie brauchte sie, um durch diese Pforte zu kommen.
    Artemis hockte sich hin und öffnete den Reißverschluss ihrer Tasche. Mit zitternden Händen holte sie das kleine Anthame mit dem juwelenbesetzten Griff hervor. Die Klinge war nicht länger als ihr Mittelfinger, jedoch tödlich scharf und summte noch von dem Zauber, mit dem sie Macs Bett belegt hatte.
    Außerdem verursachte ihr der Dolch eine leichte Übelkeit, eine Nachwirkung des Todeszaubers, den sie gesprochen hatte. Ihr behagte nicht, so kurz danach wieder einen zu wirken, nur blieb ihr nichts anderes übrig. Sie hatte keine fünf Stunden mehr bis zu ihrem Treffen mit Malachi, und nachdem ihre Karte vernichtet war, wusste sie nicht einmal mehr genau, in welche Richtung das nächste natürliche Energietief lag. Würde der Dämon ihren Vertrag für hinfällig erklären, falls sie sich verspätete?
    Sie wusste bereits, dass die Antwort Ja war. Dämonen, wie Mac mehrfach betont hatte, waren geschickte Manipulierer. Und Malachi war ein Ewiger, sprich: besonders mächtig und brutal gefährlich. Er würde jeden ihrer Fehler gnadenlos ausnutzen. Sie bekam eine Gänsehaut, als ihr eine entsetzliche Möglichkeit nach der anderen durch den Kopf ging. Dabei konnte ihr Angst nicht helfen. Mit ein bisschen Glück war sie gar nicht zu spät und behielt die Oberhand. Dämonen waren verschlagen, keine Frage, und dennoch waren selbst die mächtigsten Ewigen an jenen Zauber gebunden, der sie in die Menschenwelt gerufen hatte. Und Artemis’ Rufzauber war vollkommen gewesen. Ganz und gar unbrechbar. Solange sie ihren Teil des Tauschhandels erfüllte, galt der Vertrag, den sie mit Malachi geschlossen hatte.
    Sie legte das Anthame auf ein Stück Eichenwurzel, das aus der Erde ragte, und blickte sich nach den anderen Zutaten um, die sie brauchte – Zweige und frisch gefallene Blätter, Moosbröckchen und Flechten, etwas Schmutz sowie einen kleinen weißen Kieselstein.
    Nachdem sie die losen Sachen auf einem Stück nackter Erde arrangiert hatte, bündelte sie Flechten und Moos zu einer Kugel, die entfernt einem Puppenkopf ähnelte. Ein dünner, biegsamer Zweig diente als Rückgrat, kürzere als Arme und Beine. Blätter füllten den Torso aus und deuteten Hände und Füße an.
    Das weiße Steinchen war der Schlüssel, denn es stand für das Herz des Golems und band den Belebungszauber. Sie steckte den Kiesel in die Mitte des Blätterrumpfes. Ein neues Leben,

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