Gebieterin der Finsternis
seinen Brauen, und er blickte an ihr vorbei. Seine Stimme, ein leises Flüstern, streifte ihre Sinne.
»Ah, okay. Ich hoffe, es macht dir nichts aus, Süße.«
Sie starrte ihn an. Ausmachen? Was sollte ihr nichts ausmachen? Sie war diejenige, die skrupellos gehandelt hatte. Für einen Moment dachte sie, er würde mehr sagen, doch ihm fielen die Augen zu, und er schlief ein.
Es war vorbei. Sie hatte es getan. Eine volle Minute lang rührte Artemis sich nicht. Sie konnte nicht, weil sie viel zu sehr zitterte.
Als sie schließlich imstande war, sich von ihm zu lösen, bewegte sie sich langsam und vorsichtig, um ihn nicht zu wecken.
Sie war frei. Und sie empfand einen schmerzlichen Verlust. Mit knapper Not schaffte sie es, sich nicht wieder aufs Bett, in seine Arme zu stürzen und ihn um Vergebung anzuflehen. Was natürlich ausgeschlossen war. Denn ihre Tat war unverzeihlich.
Ihr war, als hätte ihr Herz einen brutalen Schlag erlitten, während sie mit dem Gesicht zum Fenster dastand und versuchte, ihre widerspenstigen Gefühle zu kontrollieren. Wo war ihr berühmtes Gleichgewicht? Sie brauchte es dringend.
Tief durchatmend, vertrieb sie alle Gedanken und konzentrierte sich auf ihre Mantras. Die beruhigenden Schwingungen halfen ihr, ihre Fassung wenigstens teilweise wiederzufinden. Sie angelte ihre kleine Umhängetasche unten aus der Reisetasche, zog den Reißverschluss auf und holte den Mondstein aus seinem Beutel.
Während sie den Stein mit der linken Hand umschloss, glühte der Funken von Macs Lebensessenz in ihrem Herzen und dehnte sich aus, bis weißes Licht ihre Brust ausfüllte. Ein geflüsterter Zauber leitete die Energie ihren Arm hinunter in die Hand. Binnen eines Sekundenbruchteils wurdeihr Macs Essenz aus der Seele und in den Mondstein hineingesogen.
Einiges von ihrer eigenen Energie wurde ihr mit entzogen, so dass ihre Knie plötzlich zitterten und sie sich mit einer Hand an dem Koffergestell festhalten musste. Sie gestattete sich einen kurzen Moment der Schwäche. Eine Träne lief ihr über die Wange und tropfte auf Macs weichen Teppich. Der Mondstein, nun vollständig gesättigt, war eine heiße, lebende Präsenz in ihrer Faust.
Nachdem Artemis den Stein wieder in seinen Beutel gesteckt und die Bänder zugezogen hatte, hängte sie sich die Kette um den Hals.
Sie hatte es geschafft. Sie hatte, was sie für ihr Treffen mit Malachi brauchte. Nun musste sie nur noch hoffen, dass sie pünktlich zu ihm kam.
Dämonen bestanden auf Pünktlichkeit.
Kapitel 7
Unbemerkt aus dem Herrenhaus zu kommen war weit einfacher, als sie es gedacht hätte. Vermutlich waren die Schutzzauber um Macs Anwesen so stark, dass er keine Notwendigkeit für Sicherheitsvorkehrungen im Innern sah. Trotzdem wimmelte es von Bediensteten im Haus, von denen einer Artemis bemerken könnte, wie sie den Gartenweg hinunterrannte. Geduckt lief sie, so schnell sie konnte.
Ungefähr fünf Meter vor dem Zaun blieb sie stehen. Eisenstäbe, selbst mit fiesen Stachelspitzen und einem üblen Elektrodraht oben, stellten kein Hindernis dar. Ein relativ einfacher Zauber reichte, und die Stäbe bogen sich wie Pfeifenreiniger. Den Elektrozaun konnte sie mit ein paar Worten ausschalten. Wie immer war die eigentliche Hürde also eine magische.
Eine kurze Probe bestätigte ihr, dass Mac nicht geblufft hatte, als er sagte, niemand könnte sein Anwesen ohne sein Okay betreten oder verlassen. Die Abschirmzauber vibrierten geradezu vor Lebensmagie, wie es eines Halbgottes würdig war.
Er hatte eine Barriere entworfen, die sowohl lebens- wie todesmagische Angriffe abwehrte. Dämonen und Fans, dachte Artemis mit einem matten Lächeln. Macs Magie war stark und eindeutig polarisiert; die einzelnen Zauber galten jeweils einer Art von Magie. Das bedeutete, dass er keinen Angriff von jemandem einkalkuliert hatte, der einen aus beiden Magien zusammengesetzten Zauber wirkte. Trotzdem würde es kein leichtes Spiel, diesen Schutzwall zu durchbrechen.
Artemis hielt sich im Schatten des üppigen Grüns, währendsie innen am Zaun entlang zum Haupttor ging. Hier konnte sie am ehesten hinaus. Die Nahtstelle, durch die erwünschte Gäste hineingelassen wurden, war bei jedem Schutzzauber die schwächste.
Ein pulsierender Techno-Beat wehte ihr entgegen, als sie sich dem Tor näherte. Wie sie vermutet – und gehofft – hatte, war die matschige Landstraße vor Macs Herrenhaus mittlerweile recht belebt. Ein halbes Dutzend Wagen, einschließlich des weißen
Weitere Kostenlose Bücher