Gebissen
anderen Geschichte.«
»Aha«, sagte der Mann und gab die Infos mit möglichst viel Zackigkeit in der Stimme weiter. Dabei ließ er Danielles Knie nicht los.
M. Koch und C. V. Hoffmann hatte auf dem kleinen Schild neben der Tür gestanden, aber Alex war sich nicht sicher, ob einer von beiden Namen zu ihm gehörte. Vielleicht war er nur der Nachtportier, der sich ein größeres Büro geborgt hatte, um Eindruck zu schinden. Alex wusste nicht, welches Personal sich nachts in einer JVA aufhielt. Egal, wie der Kerl hieß, er wurde langsam selbstbewusster, dachte wohl wirklich, es läge an seinem Charme, dass ihn Danielle so anlächelte, dass sie ihm nicht die Hand vom Knie stieß und ihn ohrfeigte.
Ihm eine reinzuhauen, das hätte Alex auch liebend gern übernommen, diesem fetten Koch oder Hoffmann oder Sonstmann, der Alex ignorierte und sich aufführte wie ein testosterongeschwängerter Teenager. Natürlich hatte Danielle ihn dazu gemacht, aber das änderte an Alex’ Abneigung gar nichts.
Er wandte sich ab, um diesen sabbernden Idioten nicht mehr ansehen zu müssen, der seine Danielle einfach so begrabschen durfte, und ließ den Blick über die Aktenschränke gleiten. Vielleicht hätten sie ja das Verhörprotokoll viel leichter in die Finger bekommen können. Ohne Grabscherei und Sex und all das. Doch er musste sich eingestehen, dass momentan alles reibungslos lief, leichter war kaum möglich.
Er hörte nicht zu, was der Idiot sabbelte, schielte nur manchmal aus dem Augenwinkel hinüber. Der Typ lockerte den Krawattenknoten, hakte den Daumen seiner Rechten in den Gürtel und gab den dynamischen Junggebliebenen. Danielle hatte die Beine übereinandergeschlagen und spielte tatsächlich mit seiner Krawatte herum. Warum fiel der Kerl nicht über sie her? Klar, weil jeden Augenblick der Kollege mit dem Gefangenen hereinplatzen konnte. Alex kaute auf einem imaginären Kaugummi herum und starrte weiter Akten an, ohne die Beschriftung zu lesen.
Endlich klopfte es. Danielle löste die Finger zögerlich von der Krawatte und erhob sich langsam vom Schreibtisch. Der Sonstmann trat einen Schritt zurück und rief laut: »Herein!«
Ein trainierter Uniformierter brachte einen verschlafenen Mann in Gefängnistracht und mit schulterlangen Haaren herein. Als er Danielle sah, rutschte ihm beinahe ein Pfiff heraus, und er nahm sofort Haltung an, drückte sein Kreuz durch, um zu zeigen, wer der größte Mann im Raum war.
»Danke, Meyer, Sie können gehen«, sagte Sonstmann unbeeindruckt.
Danielle lächelte.
»Wenn ich noch irgendwie behilflich sein kann ...« Sein Blick huschte zwischen Sonstmann und Danielle hin und her. Auch er ignorierte Alex.
»Danke, nein. Ich denke, wir haben das hier ganz gut im Griff.«
Als der Beamte aus dem Schließtrakt das Büro verlassen hatte, wandte sich Sonstmann an Danielle und nickte zum ersten Mal in Alex’ Richtung. Seine Stimme vibrierte vor Erregung. »Wie wäre es, wenn wir Ihren Kollegen die Befragung durchführen lassen? Und wir erledigen dann nebenan den Papierkram?«
Papierkram, pah. Nennst du das bei deiner Frau daheim auch so?, dachte Alex. Lass uns mal den Buchstaben S tackern, oder was? Aber er nickte ergeben. Was jedoch niemand bemerkte, da auch der Zivi nur Danielle anstarrte.
»Mit dem größten Vergnügen«, sagte Danielle und ließ sich von Sonstmann durch die graue Zwischentür ins Nachbarbüro geleiten.
»Papierkram, hm?« Der Zivi nickte und bleckte die Zähne. »Bei solchem Papierkram könnte sogar ich zum Bürohengst werden.«
»Noch so ein Spruch, und du wirst Bürowallach, klar?«, knurrte Alex.
»Ist ja gut«, wehrte der Zivi ab.
Alex starrte ihn mit aller Wut auf Sonstmann an. Dann wechselte er zum distanzierten Sie und deutete auf den einfachen Holzstuhl vor dem Schreibtisch. »Setzen Sie sich.«
Er hatte noch nie ein Verhör durchgeführt, höchstens Interviews mit Musikern. Da versuchte man durch Freundlichkeit Antworten zu erhalten, aber das war hier wohl der falsche Weg.
Fügsam setzte sich der Zivi, Alex lümmelte sich in Sonstmanns Drehstuhl und trommelte mit den Fingern einen schnellen Wirbel auf den Schreibtisch. Der Zivi war klein und unrasiert, hatte Aknenarben und eine kleine, mädchenhafte Stupsnase. Er wirkte verschlafen und gähnte mit zusammengekniffenen Augen, ohne die Hand vorzuhalten. Alex hatte seinen Namen vergessen, er hatte gedacht, Danielle würde das hier klären. Aber sie klärte natürlich nur den Papierkram.
»Name?«,
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