Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
Vom Netzwerk:
an.
    »Sagen Sie mir, was Sie mit dem Blut gemacht haben. Ganz inoffiziell, es wird nicht protokolliert, nicht aufgezeichnet und kommt nie wieder zur Sprache. Wir brauchen das für einen anderen Fall. Sagen Sie es mir, und ich lass Sie zusehen.«
    »Zusehen?«
    »Ja. Da drüben. Sie haben ja schließlich keine Freundin, die deswegen sauer werden könnte.«
    »Was? Sie sind doch pervers, Mann.« Malmsheimer klang nicht halb so wütend, wie ein Teil von ihm wohl wollte, denn der viel größere Teil wollte ganz sicher zusehen. Er schluckte erneut und ließ den Mund leicht offen stehen.
    »Wenn Sie nicht wollen, okay. Aber eine bessere Show werden Sie Ihr ganzes Leben lang nicht zu Gesicht bekommen, das wissen Sie genau.« Alex beugte sich vor und legte dem Zivi kameradschaftlich die Hand auf die Schulter. »Und unter uns: Meine Kollegin steht auf Spanner. Manchmal lässt sie sie sogar mitmachen.«
    Danielles Stöhnen nebenan wurde noch eindringlicher, es füllte Sonstmanns ganzes Büro aus. Plötzlich schien die Luft schwül zu sein, und Alex wusste, was in diesem Moment alle Gefängnisinsassen träumten, ja vielleicht ganz Moabit. In Malmsheimers zuckendem Gesicht sah er, dass man nicht einmal schlafen musste, um davon zu träumen.
    »Kein Witz?«, fragte dieser und befeuchtete sich wieder die trockenen Lippen mit der Zunge.
    Alex bemerkte den fiebrigen Glanz in seinen Augen und wusste, dass Malmsheimer Danielle verfallen war. Er würde nicht mehr Nein sagen, er konnte es nicht.
    »Kein Witz.«
    »Ich hab es verschüttet«, sprudelte es sofort aus Malmsheimer heraus, der den Blick nicht von der grauen Tür abwenden konnte. »Aber ich kann Ihnen nicht sagen, weshalb, das habe ich Ihren Kollegen schon zu Protokoll gegeben. Es schien mir einfach das Sinnvollste zu sein, das ich je getan habe.«
    »Ja, aber wo? Wo haben Sie es verschüttet?«
    »Vor dem Bundestag. Auf der Wiese vor dem Reichstagsgebäude.«
    »Was?« Eine Sekunde lang starrte Alex ihn an, dann lachte er los. Das klang wie ein schlechter Scherz. Aber er wusste, dass Malmsheimer nicht log. Na, dann wäre das Reichstagsgebäude ja mal zielgenau errichtet worden, einen besseren Platz hätte es gar nicht geben können als direkt auf dem Herzen des Blutvaters. Von wegen dem deutschen Volke.
    »Das ist die Wahrheit, ehrlich!« Malmsheimer verstand sein Lachen falsch und starrte ihn drängend an.
»Die Wahrheit!« In seinem Blick lag die Angst, um die versprochene Belohnung gebracht zu werden, um das, nach dem er hilflos lechzte, was er brauchte. Langsam erhob er sich, seine Hose hatte eine sichtliche Beule. Er zitterte vor Lust, gierte nach einem kurzen Blick ins Nebenzimmer.
    Drüben wurde das Stöhnen immer lauter, jagte auf den Höhepunkt zu. Malmsheimer hielt es nicht mehr aus, wartete kein Nicken, keinen Wink von Alex ab, sondern eilte zur Tür, griff nach der Klinke und hatte sie schon halb heruntergedrückt, als Alex ihn einholte.
    Mühelos zog er ihn zurück, obwohl der Zivi zappelte wie verrückt.
    »Halt die Klappe«, zischte Alex. »Ich will keinen Ton hören. Lass dich nicht erwischen beim Spannen. Klar?«
    »Aber ich will doch, dass sie mich erwischt! Sie muss mich beim Spannen sehen!«
    Tränen bildeten sich in den Augen des jungen Manns. »Ich will doch mitmachen.«
    »Das will wohl jeder auf der Welt. Aber er will nicht, dass du mitmachst. Wenn er dich sieht, erschießt er dich. Er ist da anders als meine Kollegin.« Das mit dem Erschießen war vermutlich gelogen, aber sicher war er sich bei Sonstmann nicht.
    »Ja, gib’s mir, du Bär!«, stöhnte Danielle. Hände schlugen auf eine Schreibtischplatte oder gegen Wände oder Schränke, Haut klatschte aufeinander.
    »Das ist mir egal, vollkommen egal. Soll er mich doch erschießen, ich muss sie sehen. Ich muss«, jammerte Malmsheimer, pure Verzweiflung im Gesicht. Ein flehendes, bibberndes Stück Mensch, gefangen in einer absurden Lust auf die personifizierte Sinnlichkeit, bereit, auf die Knie zu fallen, nur um die letzten Sekunden eines Ficks mitzubekommen. Nur um zuzusehen, wie ein anderer bekam, was man selbst begehrte, um wenigstens irgendwie Teil der Situation zu werden.
    Plötzlich hatte Alex Mitleid mit dem Burschen, der zu nett und zu verzweifelt war, zu viel Akne und zu wenig Selbstvertrauen hatte, um ein Mädchen abzubekommen. Ein einsamer, harmloser Junge, der erst von dem Alpträume verteilenden Blutvater und jetzt von einer Nephilim in den Bann geschlagen wurde. Von fremden

Weitere Kostenlose Bücher