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Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Öffentlichkeit den Macho gab, aber keinen mehr hochbekam und sich in den Schlaf streicheln ließ wie ein Kleinkind. Der sie allein oder mit Freundinnen weggehen ließ, aber nicht über Nacht wegbleiben. Als würde das einen Unterschied machen, wenn man fremdgehen wollte. Es würde zumindest ihren überstürzten Aufbruch erklären, und Alex wollte eine Erklärung, auch wenn er wusste, dass es oft keine gab, keine, die ein anderer nachvollziehen konnte. Trennung, Selbstmord, Mord, egal, immer blieb jemand zurück, der nach dem Warum fragte.
    Die meisten der Mädchen und Frauen auf den Bildern hatten ihn das gefragt. Veronika nicht, oder eben anders: »Willst du nicht erwachsen werden?«
    Dass er so glücklich sei, hatte sie ihm nicht geglaubt. Nun, richtig glücklich war er ja auch nicht gewesen, aber das hatte nicht daran gelegen, dass er einen stets lächelnd alles monierenden Chef im Anzug und zehn Überstunden die Woche vermisste, auch nicht am fehlenden Geld. Irgendwas anderes hatte ihm gefehlt, schon immer, aber er wusste nicht, was.
    Jetzt fehlte ihm Danielle.
    »Waschlappen«, murmelte er, aber er konnte nicht damit aufhören, die zahllosen Fotos nach ihrem Gesicht abzusuchen, nach ihren vollen Lippen, egal, wie rosa sie schimmern mochten. Natürlich vergeblich. Er vermisste sie, als hätte er sie jahrelang gekannt. Die Wut war verschwunden, er fühlte nur noch Verlust.
    Er nahm den kurzen Abschiedsbrief, wendete ihn in den Händen hin und her und pinnte ihn schließlich zwischen all die Fotos. Er war das Einzige, was er von ihr hatte.
    Minutenlang saß er einfach da und tat nichts. Dann nahm er einen Schluck Kaffee. Er war kalt.
    Auf dem Boden entdeckte er drei Blutstropfen, unbemerkt hatte er die Narbe aufgekratzt. Doch inzwischen verheilte sie bereits wieder.
    Murrend wischte er die Flecken vom Boden und sammelte die Scherben im Flur ein, schüttelte sie aus den Schuhen. Dann setzte er neuen Kaffee auf und ging ins Badezimmer, wo er den Kopf unter einen Strahl kaltes Wasser hielt. Er musste wach werden und endlich aufhören, wegen einer fantastischen Nacht Trübsal zu blasen. Während er sich den Kopf trocknete, dachte er an gestern und hätte schreien können vor Glück, doch als er vor dem nächsten Kaffee saß, hatte ihn der Blues wieder.
    Warum konnte das Glück nicht länger bleiben als eine Nacht?
    Trotzig trank er einen Schluck und verbrannte sich fast die Lippen.
    Als das Handy Metallicas Enter Sandman spielte, rechnete er mit Koma, doch es war Lisa. Fast hätte er Wer ? gefragt, aber er schaffte schließlich doch ein halbwegs freundliches »Hi«. Gefolgt von: »Schön, dass du anrufst, ich bin noch nicht ganz wach, sorry.«
    Sie lachte, sagte, sie sei wieder zurück und fragte: »Und? Wie sieht’s jetzt bei dir aus?« Das klang fast so, als hätte sie erwartet, dass er zuerst anrief.
    »Ah, ja.«
    »Ja? Ja zu was?«
    »Ja. Ich hab Zeit, klar, wie gesagt. Worauf du Bock hast. Kaffee in einer halben Stunde oder Bier am Abend, vielleicht ein Club?«
    »Bier klingt auf jeden Fall gut. Wegen Tanzen können wir dann ja schauen.«
    Sie verabredeten sich für acht Uhr, und Alex beschloss, genug Geld einzustecken, um sie auch zum Essen einladen zu können. Auch wenn er nach gestern Nacht nicht wusste, was er eigentlich von ihr wollte. Keine Frau würde Danielle das Wasser reichen können, so viel war klar. Wie sollte er je wieder eine andere begehren können? Sich überhaupt noch mit Frauen zu treffen, erschien ihm wie Zeitverschwendung. Das Kribbeln im Bauch, das er bei Lisa verspürt hatte, war nur noch als schwaches Echo vorhanden. Immer noch hatte er Danielles Duft in der Nase, ihren Geschmack auf den Lippen.
    Hab ein schönes Leben.
    Trotz erwachte in ihm. Gut. Wenn Danielle es so wollte, würde er eben eines haben. Sollte sie doch mit ihrem alten, eifersüchtigen, impotenten Sack glücklich sein, oder mit seinem Geld, wenn sie so scharf darauf war. Rosa Schnepfe! Er würde sich ein schönes Leben machen, das hatte sie nun von ihrem albernen Brief.
    Obwohl er nur wenig Lust auf ein Gespräch über Danielle verspürte, rief er Koma an. Aufschieben half nichts, spätestens heute Abend würde sich Koma von sich aus melden, wahrscheinlich, wenn er gerade Lisa gegenübersaß, und dann hätte er noch viel weniger Lust auf ein solches Gespräch.
    »Hey, Mann!«, dröhnte Komas Stimme aus dem Handy. »Was hast du dir da gestern angelacht? Nicht schlecht, nicht schlecht!«
    »Ja«, erwiderte Alex

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