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Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Titel: Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gruberová , Helmut Zeller
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dem flachen Haus ist es angenehm kühl. Seit über 60 Jahren wohnt Rezsö Steckler hier. «Durch diese Straße sind sie damals gegangen, begleitet von Gendarmen.» Er konnte die Menschen, die zum Bahnhof getrieben wurden, nicht mehr sehen. Zu dieser Zeit saß er mit seiner Frau schon in einem Zug nach Budapest. Die Nachbarn erzählten ihm später, was sich nach seiner Abfahrt an jenem 15. Juni 1944 ereignet hatte. Unter den deportierten Juden waren viele seiner Freunde, seine frühere Freundin, Schwiegereltern, Eltern und drei Geschwister. Die Erinnerung an sie treibt dem alten Mann Tränen in die Augen. Rezsö Steckler stellt sich bis heute immer wieder dieselbe Frage. Hätte er damals nicht noch einen Menschen mehr retten können?
    Seit Stunden regnet es schon an diesem Mittwochabend, den 14. Juni 1944, als sich dem Tor des gelben Stadtpalais in der Telekystraße ein junger Mann nähert. Auch in der Dunkelheit lässt sich erkennen, dass er eine Uniform anhat. Am Arm trägt der 26-jährige Rezsö Steckler eine weiße Armbinde mit rotem Kreuz. Die Gendarmen salutieren, als er in geschliffenem Ungarisch nach dem Kommandanten fragt. «Ich war vermutlich der erste Jude, vor dem die Gendarmen salutiert haben.» Von einer nichtjüdischen Frau aus Dunajská Streda, die in Budapest lebte, hatte sich Rezsö die Uniform ihres an der Ostfront gefallenen Mannes besorgt. Auch dessen persönliche Dokumente überließ ihm die Witwe. Rezsö Steckler heißt jetzt Lajos Tóth. Mit zwei gefälschten Entlassungsscheinen, deren Vordrucke er für 500 Pengö von einem betrunkenen ungarischen Unteroffizier in Budapest kaufte, war Rezsö nach Dunajská Streda gefahren, um seine Frau vor der Deportation zu retten. Als aktiver Zionist ist er gut informiert und weiß, dass die Juden am nächsten Morgen weggebracht werden. «Aus dem Fenster des Zuges konnte ich sehen, wie in größeren Städten Menschen zusammengetrieben und in die Waggons gepfercht wurden.» Erst seit vier Wochen ist Rezsö verheiratet. «In dieser Zeit heirateten nur Verrückte. Wir Männer mussten doch in den Arbeitsdienst einrücken.» Er und seine Frau Ružena waren die Letzten in Dunajská Streda, die noch eine rituelle Hochzeit feierten. Der Kommandant lässt sich von den gefälschten Papieren überzeugen und gewährt Rezsö Zutritt in die Synagoge. Auf dem Dachboden findet er seine Frau. «Ich erzählte ihr, was ich vom Zugfenster aus gesehen hatte und was die Ungarn mit den Juden machten.» Doch sie zögert und will ihre Eltern nicht verlassen. Wertvolle Minuten, die sie zur Flucht brauchen, vergehen, sein Schwiegervater redet auf seine Tochter ein. Sie solle mit ihrem Mann gehen, fleht er sie an. Schweren Herzens willigt sie schließlich ein. Es ist 22 Uhr, als Rezsö seine Frau aus der Synagoge führt. Während sie auf ihn draußen wartet, kehrt er noch einmal zurück. Er will sich von seinen Eltern und Geschwistern verabschieden, außerdem hat er noch einen Entlassungsschein, auf dem kein Name steht. Lily, seine 17-jährige Schwester, möchte er noch herausholen, doch sie ist fest entschlossen, bei Mutter und Vater zu bleiben. Rezsö hat nicht viel Zeit. Wenn er mit seiner Frau nicht schnell verschwindet, kann jemand merken, dass er kein ungarischer Soldat, sondern ein Jude ist. Dann riskiert er nicht nur sein Leben, sondern auch das Leben seiner Liebsten. Kurz entschlossen nimmt er seinen jüngeren Bruder zur Seite. «Ich sagte zu Géza, dass ich ihn retten kann, er soll mitkommen. Aber er wollte bei Eva bleiben.» In einem leeren Haus warten Rezsö und seine Frau die Nacht ab. Um sechs Uhr früh nehmen sie den ersten Zug nach Komárno. Von hier aus fahren sie nach Budapest. Erst nach dem Krieg erfährt Rezsö, dass seine kleine Schwester Lily in Bergen-Belsen starb.
    Der Regen lässt nach. Die letzte Nacht in der Synagoge kann Eva überhaupt nicht schlafen. Am Abend erfuhren die Menschen, dass ein Zug sie alle, auch Alte, Kinder und Kranke, am Morgen zur Arbeit «nach Osten» bringen würde. Am Donnerstagmorgen, dem 15. Juni, klart der Himmel auf. Die ersten Sonnenstrahlen, die durch die Wolken dringen, versprechen einen herrlichen Tag. Im Innenhof ertönt wütendes Gebell. «Juden, raus! Bewegt euch!» In wenigen Minuten strömt eine Masse von Menschen in den Vorhof der Synagoge. Endlich raus aus diesem Gebäude, raus aus dieser unerträglichen, stickigen Enge. Auf den Rücken der Erwachsenen und der älteren Kinder hängen Rucksäcke, viele packen ihre

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