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Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Titel: Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gruberová , Helmut Zeller
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Silvesternacht 1944 in Fetzen und in Holzschuhen lautlos durch den fallenden Schnee taumeln, ihr ganzes Leben lang nicht mehr losgelassen. «Mutter», stammelte der kleine fiebergeschüttelte Thomas Gaston, bevor er tot zusammenbrach.
    Zu diesem Zeitpunkt werden Eva und Miriam nicht mehr in Birkenau sein. Jetzt aber leben sie noch in ständiger Angst vor der Entdeckung ihrer Schwangerschaft. Unterdessen arbeiten einige SS-Ärzte im drei Kilometer entfernten Stammlager Auschwitz an der Entwicklung einer besonders effektiven Waffe ihrer rassistischen Vernichtungspolitik. Die Ärzte suchen nach Methoden der Sterilisierung, die sie an Jüdinnen und Roma- und Sintifrauen erproben. Millionen Menschen sollen sterilisiert werden, nur so, glauben die Ideologen des Naziregimes, kann der Feind für alle Zukunft vernichtet werden. Bereits 1941 wurde die Frage der Massensterilisation im Himmler-Stab bei mehreren Geheimtreffen diskutiert. Am 23. Juni 1942 schrieb der stellvertretende Leiter der Hitler-Kanzlei, Viktor Brack, Himmler einen Brief, in dem er dem Reichsführer der SS noch einmal die praktischen Vorteile einer massenhaften Sterilisation vor Augen führte: «Bei etwa 10 Millionen europäischen Juden sind nach meinem Gefühl mindestens 2–3 Millionen sehr gut arbeitsfähige Männer und Frauen enthalten. Ich stehe in Anbetracht der außerordentlichen Schwierigkeiten, die uns die Arbeiterfrage bereitet, auf dem Standpunkt, diese 2–3 Millionen auf jeden Fall herauszuziehen und zu erhalten. Allerdings geht das nur, wenn man sie gleichzeitig fortpflanzungsunfähig macht.» Die neue Methode sollte weniger kosten und effektiver sein als die Zwangssterilisationen, die man bereits vornahm. Einen Monat später, im Juli 1942, wurde der renommierte Gynäkologe Professor Carl Clauberg, Chefarzt der Frauenklinik in Königshütte, beauftragt, eine solche Methode zur Unfruchtbarmachung «minderwertiger Frauen» zu entwickeln. Im Herbst 1942 begann Clauberg mit seiner streng geheimen Arbeit im Frauenlager Birkenau. Im Frühjahr 1943 zog der Mediziner mit seinem Personal – acht jungen Jüdinnen, die ihm als Krankenschwestern assistieren mussten – in den Block 10 des Stammlagers Auschwitz.
«Ich hätte lieber sterben sollen»
    «Ich hätte damals lieber sterben sollen», sagt Silvia Veselá. Der Blick der 83-Jährigen duldet keinen Widerspruch, schon gleich gar nicht aus Verlegenheit oder Höflichkeit. Als wieder alles von vorne begann, war sie schon mehr als siebzig Jahre alt. Bis zu ihrem Tod im Herbst 2009 hörte sie fast jede Nacht die Schmerzensschreie, die sie nicht schlafen ließen, kehrten die Bilder wieder, die sie für immer aus ihrem Gedächtnis löschen wollte. Junge griechische Jüdinnen, die sie um Hilfe anflehten. Sie wachte schweißgebadet auf und sah so lange fern, bis sie im Sessel endlich eingeschlafen war. «Ich gehe mit Auschwitz schlafen und stehe mit Auschwitz auf.» Einige Jahre nach dem Krieg, da hatte sie schon ihren ersten Selbstmordversuch hinter sich, suchte die damals 20-Jährige im slowakischen Prešov einen Psychiater auf. Sie bat ihn, ihr das alles aus dem Kopf auszuradieren. Der alte Arzt sprach lange mit ihr, helfen konnte er ihr aber nicht. Sie solle das Leben nehmen, wie es ist, nicht viel erwarten und versuchen zu vergessen. Die meisten, die von «dort» gekommen sind, hätten die gleichen Probleme.
    Aber es hat nie wirklich aufgehört. Auch im Ohel David, dem Altenheim für Überlebende der Schoah in Bratislava, findet Silvia Veselá keine Ruhe. In der Glasvitrine in ihrer kleinen Wohnung stehen gerahmte Fotos von Kindern. Sie zeigen zwei fröhliche kleine Jungen, Söhne ihrer Cousine aus Wien. «Ich selbst habe keine Kinder, ich bin ja in Auschwitz sterilisiert worden.» Die weißhaarige Frau mit kurzem, männlichem Haarschnitt, hat ihre schmalen Lippen rot geschminkt. Diese Frau mit hellwachem Blick hinter der goldenen Brille hat von Herbst 1942 bis Januar 1945 Clauberg bei seinen grausamen Sterilisierungsversuchen als Häftlingskrankenschwester assistiert – und darüber den Glauben an das Leben verloren.
    Am 26. März 1942 wird die 17-jährige Jüdin Silvia Friedmann – so lautete ihr Mädchenname – im allerersten Häftlingstransport aus der Slowakei nach Auschwitz deportiert. Wochenlang arbeitet sie in der Kiesgrube und erkrankt an einer schweren Lungenentzündung. Von Enna Weiss, der slowakischen Lagerärztin im Häftlingsrevier, erfährt sie, dass SS-Ärzte jemanden suchen,

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