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Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Titel: Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gruberová , Helmut Zeller
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Schon ihre Mutter war eine Schönheit. Mehrmals besuchten Fotografen die Familie, um ihre Tochter für die Zeitung zu fotografieren. Mit 20 Jahren heiratete Magda den doppelt so alten Eisenschmied Herman. Zwei Jahre später kam ihr erstes Kind, der Sohn Gyula, zur Welt. Der Junge mit blondem, lockigem Engelshaar und blauen Augen war Magdas ganzer Stolz. Der deutsche Einmarsch beendete von einem Tag auf den anderen ihr glückliches Familienleben. Jetzt empfand sie nur noch Angst, sprach ständig darüber, was aus Gyula und dem Baby, das in ihrem Bauch heranwuchs, werden solle. Die böse Vorahnung ließ sie kaum mehr schlafen. Nach der Ankunft in Birkenau ging alles rasend schnell. Ein älterer Häftling riss ihr an der Rampe Gyula aus dem Arm und übergab ihn einer älteren Frau. «Nach dem Duschen trefft ihr euch wieder», log er sie an. Magda konnte gerade noch nach dem Namen der Frau fragen, schon verschwand die Fremde mit ihrem Sohn in der Menge. Nie wird sie diesen Namen vergessen. Auch ihren Mann Herman sah Magda an der Rampe zum letzten Mal. Sie, ihre Mutter und Schwestern überstanden die Selektion und wurden nach Kaufering deportiert. Der Schock trieb Magda fast in den Wahnsinn, sie redete wirr, aber ihrer Mutter und ihren Schwestern gelang es, sie wieder aufzurichten. Sie schafften es, in dieselben Arbeitskommandos zu kommen, und halfen ihr, ihre Schwangerschaft zu verstecken. Doch am Ende war alles umsonst. Ende November spürten SS-Wachen Magda auf und brachten sie ins Lager I.
    Sara Grün ist die vierte Schwangere, die an diesem Tag in ihre Hände fiel. Die dunkelhaarige, zierliche Frau mit dicken Brillengläsern kam 20 Jahre zuvor als Tochter eines Rabbiners in Nyíregyháza zur Welt und wurde im orthodoxen Glauben erzogen. Auch sie sah ihren Mann Mór zum letzten Mal an der Rampe von Auschwitz-Birkenau. Danach verlor sich seine Spur für immer.
    Die 25-jährige Ibolya Kovács aus dem ungarischen Städtchen Gyöngyös war schon im Getto, als sie von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Im Februar 1944 hatte sie Tibor Kovács geheiratet, der einige Wochen nach der Hochzeit in den Arbeitsdienst für die ungarische Armee einberufen wurde. Wie alle Juden aus ihrer Stadt mussten auch Ibolya und ihre Familie ihr Haus verlassen und ins Getto in die nahe gelegene Stadt Hatvan umsiedeln. Am 12. Juni wurde sie nach Auschwitz deportiert. Danach durchlief Ibolya zur selben Zeit dieselben Lager, in denen Miriam und Eva waren: Płaszów und Augsburg. «Warum sah ich sie dort nicht schon früher?» Miriam kann es nicht fassen, dass nicht nur sie, sondern auch Ibolya und Eva sich die ganze Zeit so nahe waren und doch voneinander nichts wussten. Sie konnte sich nicht einmal an ihre Gesichter erinnern. «Das war ein Schock für mich.» In den Augsburger Michelwerken erkrankte Ibolya schwer an einer Lungenentzündung und wurde in das Krankenrevier des KZ Dachau verlegt. Dort entdeckten SS-Ärzte ihre Schwangerschaft und entschieden, die junge Frau in das «Judenlager» Kaufering I zu verlegen. Mit der Ankunft von Eva und Miriam war das «Schwangerenkommando», wie die SS die sieben Frauen zynisch nannte, komplett.
    Die Ankunft der Schwangeren spricht sich im Lager rasch herum. Die Häftlingsärzte im Krankenrevier der Männer verbreiten die Nachricht, die kaum zu glauben ist. Niemand weiß eine Antwort auf die Frage, warum man sie gerade hierhergebracht hat. Ist es gut oder schlecht für uns? Werden wir jetzt vielleicht alle getötet, wenn man Schwangere hierherbringt? Solche Gedanken gehen vielen durch den Kopf. Die ungarische Jüdin Ibolya Ginsburg ist mit ihrer 14-jährigen Schwester Judit seit Anfang August in Kaufering I. Da sie in einem Putzkommando arbeitet, hat sie Zutritt auch zu dem Krankenrevier im Männerlager. Ibolya erfährt als eine der Ersten die aufregende Neuigkeit: «Das war eine Sensation. Wir haben es nicht verstanden und wussten nur, dass sich etwas geändert haben musste. Ich hätte aber nie gedacht, dass diese Frauen und ihre Babys das Lager überleben würden.»
«Sie haben uns dort die Seele gestohlen»
    Wohl niemand, der den Terror und die Brutalität von Kaufering I erlitten hat, hätte geglaubt, dass die SS schwangere Jüdinnen verschonen würde. Für Uri Chanoch, Vorsitzender der israelischen Vereinigung der Überlebenden der Kauferinger Lager, ist das ein Rätsel, das ihm nicht aus dem Kopf geht: «Wir litauischen Juden hatten schon furchtbare Getto- und KZ-Erfahrungen hinter uns. Aber

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