Gebrauchsanweisung fuer Amerika
ist fast überwältigend.
Des Amerikaners große Liebe ist das außen verkohlte, innen rohe Steak (vom Hamburger wollen wir lieber schweigen). Wie nun zunehmend auch schon in Europa, sind die sogenannten Gourmet-Gänge häuig die Produkte der modernen Nahrungsmittel- und Gefriertechnik. Auch hierüber kursiert ein liebloses Gerücht: Jedes Restaurant hat zwei Küchenchefs, beide sind durchgeflogene Mittelschüler ( high school drop-outs ), von denen der eine das Fleisch auf dem Holzkohlenrost verbrennen und der andere die tiefgekühlten Fertigspeisen aufzutauen gelernt hat. Falls die Portionen mehr sind, als der Hunger bewältigen kann, so kann man sich vom Kellner ein eigens für diesen Zweck vorrätiges, plastikgefüttertes Papiersäckchen geben lassen, um die Speisereste »für den Hund« mit nach Hause zu nehmen. Denn diese Tüte heißt euphemistisch doggie bag , obwohl viele Restaurants bereits Säckchen haben, auf denen unverblümt People’s Bag aufgedruckt ist.
Zu seinen Mahlzeiten trinkt der Amerikaner meist ungezuckerten, schwarzen Kaffee, wobei die Tasse freizügig nachgefüllt wird. (Diese großen Mengen von Kaffee und ihr niedriger Preis fehlen dem Amerikaner im Ausland sehr und sind Gegenstand bewegter Klagen.) Wenn man gewohnt ist, Kaffee mit Milch oder Sahne zu trinken, erhält man nicht selten (besonders in Flugzeugen) nur einen Sahneersatz, nämlich eine weiße Flüssigkeit, die den Kaffee zwar milchig färbt, mit Milch aber überhaupt nichts mehr zu tun hat.
Im Staat New York und besonders in Kalifornien wird Wein erzeugt, der sich an Güte (und an Reinheit) durchaus mit europäischen Tisch- und Landweinen messen kann. »Champagner« ( sparkling wine ) kann für Schiffstaufen ohne weiteres empfohlen werden. Das Bier ist dünn, da sein Alkoholgehalt je nach Bundesstaat auf 3 bis 4 Prozent beschränkt ist, und es wird daher (siehe oben) von der Werbung überschwenglich als wahrer Göttertrank angepriesen.
Wie es auch auf der übrigen Welt langsam gang und gäbe wird, ist der Lunch eine kleine Mahlzeit, die meist aus einem Sandwich besteht. Die Hauptmahlzeit ist das Dinner, das in vielen Familien schon gegen 18 Uhr eingenommen wird. Aus diesem Grunde schließen viele Restaurants bereits um 22 Uhr. Selbstverständlich gibt es in den größeren Städten, auf den Raststätten der Überlandstraßen, aber nicht notwendigerweise auch in den Hotels Restaurants, die 24 Stunden geöffnet sind. Sonntags offerieren viele Hotels und Restaurants zwischen 11 und 14 Uhr ein reichhaltiges Büffet warmer und kalter Speisen, genannt brunch (eine Zusammenziehung der Worte breakfast und lunch ), in dessen recht vernünftigem Preis einige Gläser des bereits erwähnten Champagners inbegriffen sind.
Schmerzlich vermissen werden Sie dagegen die reichhaltigen und im Zimmerpreis inbegriffenen Frühstücksbuffets der meisten europäischen Hotels. Die amerikanischen Hotelfrühstücke sind unverhältnismäßig teuer; selbst das sogenannte Continental Breakfast , das aus einem kleinen Glas Orangensaft, Kaffee, zwei ärmlichen Scheiben Toast und Marmelade besteht, kostet nicht selten sechs bis acht Dollar.
Vergeblich jedoch werden Sie nach der Entsprechung des Wiener Cafes, des Tea Rooms oder der mediterranen Bar suchen, kurz, nach einem Lokal, in dem Sie sich hinsetzen, die Zeitung lesen oder die Vorbeigehenden beobachten können. Das tatenlose Herumsitzen in der Öffentlichkeit scheint, vielleicht aus puritanischen Gründen, verpönt; zu diesem Zweck zieht sich der Amerikaner in seine kavernenartigen, finsteren Bars zurück. Denn auf die Meinung seiner Mitmenschen, auch der ihm völlig unbekannten, gibt der Amerikaner viel – doch dieses Thema ist noch nicht an der Reihe, und ich muß vorher noch ein trübes Kapitel behandeln.
Ärzte und Krankenhäuser
Wenn Sie das Pech haben sollten, in den USA zu verunglücken oder zu erkranken, bleibt Ihnen als Trost wenigstens die große Wahrscheinlichkeit, in medizinisch hochqualifizierter Weise betreut zu werden. Zugegeben, wie anderswo in der Welt sind auch in Amerika die Spezialisten und die besten Krankenhäuser in den Großstädten, während die Ärzte in den ländlichen Gegenden dünn gesät sind. Mehr als anderswo wird dieser Nachteil in den Staaten aber durch die rasche Verfügbarkeit von Rettungsmitteln aller Art (Ambulanzen, Hubschrauber usw.) einigermaßen ausgeglichen.
Der typische amerikanische Arzt entspricht nicht dem (ohnedies längst im Aussterben begriffenen)
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