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Gebrauchsanweisung fuer Amerika

Gebrauchsanweisung fuer Amerika

Titel: Gebrauchsanweisung fuer Amerika
Autoren: Watzlawick Paul
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hatte. – Doch ich schweife von meinem Thema ab.
    Über die amerikanischen Maße und Gewichte sind wenig Worte zu verlieren, denn Sie sind sich sicherlich dessen bewußt, ein Land betreten zu haben, in dem aber auch nichts eine einfache, klare Entsprechung zu den Maßeinheiten des metrischen Systems hat. Daß die USA bis heute, allen Gesetzesvorlagen und guten Absichten zum Trotz, zusammen mit anderen Weltmächten wie Brunei, Birma, Liberia und den beiden Jemen, noch an ihrem völlig unpraktischen System festhalten [5] , ist um so erstaunlicher, als die Amerikaner seit 1792 ihrer Währung das Dezimalsystem zugrunde legten. Seit es den Dollar gibt, ist er in hundert Cents unterteilt. Und seit es ihn gibt, wird er greenback genannt, da er immer schon eine grüne Rückseite hatte und im wesentlichen so aussah, wie er mehr oder weniger auch heute noch aussieht. Dazu kommt, daß auch die verschiedenen Denominationen (die gebräuchlichsten Noten belaufen sich auf 1, 5, 10, 20, 50 und 100 Dollar) dieselbe Größe und Farbe haben und sich daher sehr leicht verwechseln lassen. Es fehlt also die klare Unterscheidbarkeit europäischer Banknoten, und es fehlen dem Dollar auch ihre raffinierten, von jedem Laien nachprüfbaren Sicherheitsmerkmale. Kein Wunder, daß der Dollar daher eine der am leichtesten fälschbaren Währungen ist. (Seit Anfang 1984 erwägt die Regierung daher, mit dem Druck verschiedenfarbiger Denominationen zu beginnen und den alten greenback in Pension zu schicken. Seit ein paar Jahren sind Neuausgaben bereits im Umlauf.) 
    Sonst aber herrscht im Bereich der Maße und Gewichte für unsere Begriffe reines Chaos, und zwar – das sei besonders betont – auch zwischen den Maßeinheiten des amerikanischen Systems selbst. Ein inch (Zoll) wird ziemlich regellos entweder in die Hälfte, ein Viertel, Achtel oder sogar Zwölftel (line genannt) unterteilt; das nächstgrößere Längenmaß, foot, ist zwölf Zoll lang; dagegen sind es drei feet (warum drei? – vermutlich zur Verwirrung des Gegners), die einen yard ergeben. Die Landmeile besteht dann witzigerweise aus 1760 yards (warum auch nicht?) beziehungsweise 5280 feet. Auf die Flächenund Hohlmaße wollen wir lieber gar nicht eingehen. In Fairneß zu den USA dürften wir freilich nicht vergessen, daß dieser Unsinn aus Europa kam. (Man denke nur daran, wie Fahrenheit – einer möglicherweise ogar wahren Geschichte zufolge – seine Temperaturskala festgelegt haben soll. An einem besonders kalten Wintermorgen kam er zu dem Schluß, daß es unmöglich noch kälter werden könnte, und nannte diese Temperatur daher Null. Auf der Suche nach einem oberen Grenzwert steckte er schließlich ein eben erfundenes, aber noch ungeeichtes Quecksilberthermometer unter den Arm, maß also seine Körperwärme und nannte sie Hundert. Und seither friert das Wasser, zumindest noch in den Vereinigten Staaten, bei 32° und siedet bei 212°.)
    Lassen Sie sich von alldem nicht zu sehr ins Bockshorn jagen. Die Umrechnungsformeln sind zwar etwas kompliziert und im Kopf nicht leicht durchzurechnen, doch wenn Sie nicht gerade in einem technischen Beruf stehen, genügt es, wenn Sie wissen, daß die normale Körpertemperatur des Menschen 98.6° F beträgt (Fahrenheit muß an jenem Morgen ein leichtes Fieber gehabt haben), die normale Zimmertemperatur 71 ° F und daß 61 ° F dem umgekehrten Wert, nämlich 16° Celsius, entsprechen.
    Wenn Sie sich aber einen Wagen mieten oder gar kaufen, tun Sie gut daran, sich noch einige andere Entsprechungen zum metrischen System zu merken. Eine Meile ist 1609 Meter lang, und wenn Sie auf die 9 Meter verzichten können, ist die Umrechnung daher 5: 8. Die Maßeinheit für Brennstoff ist die amerikanische Gallone (3,785 Liter), die, über den Daumen gepeilt, im Verhältnis 1: 4 auf Liter umgerechnet werden kann. Der Benzinverbrauch eines Wagens wird in Amerika als miles per gallon angegeben, und wenn Sie das jeweils in Kilometer pro Liter umrechnen wollen, wünsche ich Ihnen viel Glück. Die Straßenkarten, die man vor dem arabischen Ölembargo an jeder Tankstelle kostenlos erhielt und für die man heute eine Kleinigkeit bezahlen muß, haben die wichtigsten Entfernungen natürlich aufgedruckt. Für Punkte zwischen diesen angegebenen Entfernungen, besonders für Ziele auf Nebenstraßen, werden Sie vergeblich versuchen, die im metrischen System landläufige Methode anzuwenden. Auf amerikanischen Karten entspricht nämlich nichts nichts. Sie werden umsonst nach
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