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Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder

Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder

Titel: Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ariane Grundies
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seinen Freund Gorki heute noch auf Usedom besuchen, nicht auf einem der größten Campingplätze Europas (in Ückeritz) nächtigen, sondern zum Beispiel im Upstalsboom Hotel Ostseestrand . Gorki und Tolstoi würden auf der Flucht vor Paparazzi über das Stettiner Haff rudern und in einer der unbekanntesten Regionen Deutschlands, der Ueckermünde Heide, spazieren. Eine Wald- und Heidelandschaft, von der sich die Lüneburger Heide noch eine Scheibe abschneiden könnte.
    Klar klingt dit schön, wenn Frau Olfe ihre Freundin oder dem Herrn sagen kann: Ick komm gerad ausm Kaiserbad , aber ich wünsche mir, dass die Olfe-Frauen aus Berlin und woher auch immer sie kommen mögen, auch mal das Achterland ( achtern  – hinten) der Insel kennenlernten, die Haffküste Usedoms mit Trockenwiesen und Feuchtbiotopen. Oder den Lieper Winkel, die kleine Halbinsel zwischen Peenestrom und Achterwasser – eine Weltabgeschiedenheit mit in sich gekehrten Dörfern, wo die Menschen noch in den breiten Schilfgürtel steigen, um Rohr für die Dächer zu schneiden, wo die Orte sagenhafte Namen tragen wie Rankwitz oder Quilitz.
    Oder Frau Olfe sollte mal die kleineren beschaulicheren Seebäder im Nordteil Usedoms besuchen. Da böte sich zum Beispiel Kölpinsee an, wo man noch mit dem Fischer klönen kann. Kölpinsee hat zwar nicht das mondäne Flair der Kaiserbäder, besaß aber einst durchaus Glamour, als in den Dreißigern die
UFA
-Stars hier ihre Ferien verbrachten, bis die Nazis das dunkelste Kapitel in Usedoms Geschichte aufschlugen und in Peenemünde eine Heeresversuchsanstalt bauten. Dort entstanden Hitlers Raketen. Wissenschaftler entwickelten in Peenemünde das erste Flugobjekt, das die Grenze zum Weltall durchstieß. Eine Sternstunde der Raumfahrt, aber auch der Beginn des Einsatzes von Raketen als Massenvernichtungswaffen.
    Wissen Se denn, warum Usedom Usedom heißt ?, fragte meine Zugbekanntschaft.
    Nee !
    Als ein paar Leute gemeinsam nach einem Namen für dit Land suchten, fiel niemandem etwas ein, bis einer die Contenance verlor und rief : O so dumm. Osodum, wiederholte sie mit einer anderen Betonung, damit ich den Zusammenhang begriff.
    Ah ja , sagte ich. Osodum – Usedom , verstehe .
    Frau Olfe klatschte in die Hände.
    Usedomer Salzhütten :
    Zur Förderung der Strandfischerei wurden entlang der Usedomer Küste Anfang des 19. Jahrhunderts fensterlose und reetgedeckte Salzhütten errichtet. Sie dienten der Lagerung von subventioniertem Salz, mit dem die Fischer dort zur Heringsfangzeit, ihren Fisch konservieren konnten. Dies sicherte der armen Inselbevölkerung ein Einkommen. Im frühen 20. Jahrhundert, als das Konservierungsverfahren in Dosen Einzug hielt, ging die Heringsalzerei merklich zurück. Die Salzhütten verfielen oder wurden von den ansässigen Fischern als Lagerräume für ihre Netze benutzt. Heute sind die noch erhaltenen Salzhütten weitestgehend restauriert. Einige sind in Privatbesitz (zum Beispiel in Zempin), andere werden touristisch genutzt. Bei den Koserower Salzhütten handelt es sich um einen Komplex aus fünfzehn Hütten, darunter Museum, Souvenirgeschäft, Räucherfischbude und Restaurant. Apropos Restaurant. Beim Blick auf die Internetseite der Koserower Salzhütte ( www.koserower-salzhuette.de ) fiel mir auf, dass es unter meck-pommerschen Lokalitäten offenbar zum guten Ton der Werbung gehört, einen eigenen Song zu haben. Auf der Seite der Stralsunder Fähre ( www.zurfaehre-kneipe.de ) blinkte mich eines Tages blau an: Jetzt den Fähresong runterladen . So hat auch die Koserower Salzhütte einen vom Schifferklavier begleiteten Salzhüttensong parat – was gar nicht verwundert, wenn man sich auch mit dem Rest der marketingperfekten Online-Preisung des Restaurants beschäftigt. Die geht so:
    In der Luft liegt das Aroma von Meer und Sand (eine besondere Gabe der Meck-Pommer: Sie können Sand riechen), der Gedanke von Kiefernadeln und Salz (sehr verbreitet in Mecklenburg-Vorpommern: der Kiefernadelgedanke), der Duft von Holz und Feuer (beliebt bei den Meck-Pommern: Feuerduft).

… Über dem bemoosten Reetdach der Hütte schwebt der Gedanke an vergangene Zeiten, Fischer und frischen Räucherfisch (ebenfalls schwebt über dem bemoosten Reetdach die Verwunderung)

… Wer weniger Zeit hat und den Genuss nicht missen möchte, kann sich in der hauseigenen Räucherei mit frischem Räucherfisch und Fischbrötchen eindecken (Wer sich mit Fischbrötchen eingedeckt hat, sollte zu seinen Mitmenschen

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