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Gebrochene Schwingen

Gebrochene Schwingen

Titel: Gebrochene Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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sein Herz wieder mit dem meinen schlug. Es kam hervor und verschmolz mit mir. Ohne noch mehr Zeit zu vergeuden, zündete ich die Kerze an, die mich durch die Dunkelheit meiner eigenen Gedanken hin zur Antwort führen würde.
    Ich ging in den finsteren Tunnel hinein. Die Kerze hob den dunklen Vorhang um mich herum, damit ich darunter durchschlüpfen konnte. Aber ich war mir bewußt, daß er hinter mir wie ein eiserner Vorhang wieder herunterfiel. Ich mußte an Rye Whiskeys Geschichten von Geistern und aufgeschreckten Ahnen denken. Gäbe es einen besseren Weg als diese geheimen Gänge, in denen sie von ihren ruhelosen Gräbern aus wandern könnten? All die Ängste meiner Kindheit stiegen wieder in mir hoch. Wäre es möglich, daß Troys verwirrter Geist hierher zu diesen dunklen Erdadern gefunden hatte?
    Würde ich jenes dunkle Nest betreten, das auch den jungen Geist meiner Mutter beherbergte? Ich schaute zurück auf die schwarze Wand. Ob es zu spät war, sich anders zu entscheiden? Hatte ich die Grenze schon überschritten?
    Ich kam um die erste Biegung herum. Der Tunnel ging noch ein wenig weiter. Vor mir ragte die Mauer auf, die Tony hatte bauen lassen, um Eindringlinge von außen abzuhalten. Wo war die dunkle Silhouette, die ich noch vor wenigen Augenblicken angesprochen hatte? Könnte ich direkt an ihr vorbeigegangen sein? Ich verlangsamte meine Schritte, hob die Kerze höher und hielt sie fast auf Armeslänge von mir weg.
    Plötzlich spürte ich einen Luftzug an meiner rechten Seite und drehte mich gerade in dem Augenblick um, als er aus den dunkelsten Schatten heraustrat. Ich senkte die Kerze, und er legte die Hand um die kleine Flamme, um das Licht zu löschen.
    Aber er kam zu spät. Der Kerzenschein war über sein Gesicht gehuscht. Seine Augen glitzerten weiter in der Dunkelheit, sogar nachdem die Kerze verlöscht war. Diese Augen würde ich sofort und jederzeit erkennen.
    »Troy!« schrie ich.
    »Heaven«, wisperte er.
    Einen Augenblick lang war ich mir nicht sicher, ob ich ein Gespenst oder eine Vision meines eigenen, angsterfüllten und verwirrten Geistes vor mir hatte.
    Ich zündete die Kerze erneut an, um die Wahrheit herauszufinden.
    7. KAPITEL

    Troy

    »Du bist keiner von Rye Whiskeys Geistern«, flüsterte ich.
    Langsam beugte ich mich vor und berührte seinen Arm. Durch die unterirdischen Gänge strich ein leichter Luftzug, der die Kerze auszulöschen drohte. Der Kerzenschein huschte über sein Gesicht. Seine dunklen Augen, so tief wie ein Waldsee, sahen noch dunkler und tiefer aus.
    »Nein«, antwortete er, »obwohl ich mich zeitweise so fühle.«
    Um seine schön geschwungenen Lippen spielte ein leises Lächeln. Er trug ein weißes Seidenhemd und enggeschnittene schwarze Hosen. Sein weißes Hemd hatte in der Dunkelheit und dem flackernden Kerzenschein einen gelblichen Stich.
    »Das verstehe ich nicht. Was ist geschehen? Was geschieht hier?« Ich bemerkte den leicht hysterischen Tonfall in meiner Stimme. Er hörte ihn auch, denn er griff behutsam nach meiner Hand.
    »Laß uns zur Hütte zurückgehen«, sagte er leise, »ich werde dir alles erzählen.«
    Ich folgte ihm durch die dunklen Gänge und fühlte mich, als ob ich ins Totenreich hinabgestiegen sei und ihn dort aus den Fängen des ewigen Schlafs befreit hätte. Gemeinsam schritten wir nun hinauf und kehrten zur Welt des Lichts und des Lebens zurück. Nur das Echo unserer Schritte war hinter uns zu hören, als wir leise vorangingen. Jedoch wurde jeder Laut von der Dunkelheit wie ein Schwamm aufgesogen und schnell erstickt. Mein Herz klopfte so heftig, daß ich mir sicher war, er müßte die Schläge durch meine Finger spüren. Mir schien es, als ob ich das Leben in ihn zurückpumpte und ihn mit jedem Moment, der vorüberging, mehr und mehr zum Leben erweckte. Bald erreichten wir den Keller der Hütte. Er trat einen Schritt zurück, damit ich als erste die Treppe hinaufgehen konnte. Ich sah mich um und zögerte, weil ich befürchtete, ihn zu verlieren. Sobald ich seine Hand losließ, würden möglicherweise die Mächte der Dunkelheit ihn zurück in die Gänge und in die Vergangenheit saugen. Aber er blieb dicht hinter mir und schloß die Tür, nachdem wir die Hütte betreten hatten.
    »Kurz vor deiner Ankunft wollte ich mir gerade eine Tasse Tee machen«, sagte er beiläufig. Das klang so, als ob die letzten beiden Jahre wie nichts verflogen wären – dies hier wäre nur einer meiner amourösen Besuche. »Möchtest du eine Tasse?«
    »Gern.

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