Gebrochene Versprechen
dazu?
»Meine Mutter hat eine helfende Hand in der Küche gebraucht«, gab er zurück, was sie daran erinnerte, dass er das älteste von acht Kindern war und seinen Vater verloren hatte. Dadurch war sein Traum, aufs College zu gehen, zerplatzt und er hatte stattdessen zur Marine gehen müssen. »Zum Glück«, sagte er und lächelte schief, »hat mir das gefallen.« Er hielt seine ziemlich elegant wirkenden Hände unter den Wasserhahn und sah Leila an. »Und du?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich musste es lernen. Von türkischen Frauen wird erwartet, dass sie am Herd stehen«, sagte sie spöttisch.
»Und wie hast du tanzen gelernt?« Seine Augen leuchteten vor Bewunderung.
»Schulbälle«, erklärte sie und wandte den Blick ab. »Ich durfte nicht hin, bin aber trotzdem gegangen. Der Cheerleader-Sponsor hat mich tanzen sehen und mich angefleht, bei der Tanzgruppe mitzumachen. Als meine Eltern es herausfanden, kam Aufhören schon nicht mehr infrage. Auf dem College war Tanzen dann mein Hauptfach.«
Kaum dass sie ihm so viel von sich erzählt hatte, fühlte sie sich ihm irgendwie ausgeliefert. Es gab Dinge, die Sebastian nicht über sie zu wissen brauchte, nicht mal, wenn er der Vater ihres Kindes werden sollte. Abrupt ging sie auf die Glasschiebetüren zu, die auf seinen Balkon führten, machte sie auf und trat hinaus.
Sie holte tief Luft, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen und sich zu sammeln.
Die Sonne war inzwischen untergegangen, der Atlantik sah jetzt aus wie ein riesiges Tintenfass. Der Mond war diese Nacht nicht zu sehen, doch immer mehr Sterne funkelten am Himmel. Eine Brise wehte vom Meer und trug fernes Gelächter zu ihr herüber. Nichts wäre leichter, als nachzugeben und sich noch einmal gehen zu lassen.
Wie auf ein Stichwort drangen melodische Klavierklänge an ihr Ohr. Sebastian hatte Musik aufgelegt. Leila schloss die Augen, gegen die romantische Atmosphäre war sie nicht gewappnet.
Sie spürte, wie Sebastian hinter sie trat, und hielt den Atem an, als sie sich vorstellte, er würde als Nächstes die Arme um sie legen und sie an seinen schlanken, männlichen Körper ziehen. Bei seiner Berührung würde ihr Widerstand endgültig brechen.
» Qué bella la noche «, bemerkte er.
Sie öffnete die Augen und sah, dass er am Balkongeländer lehnte und sie betrachtete.
»Ja, eine schöne Nacht«, gab sie zu und bemühte sich um einen lockeren Plauderton.
»Nicht halb so schön wie du.«
Das Kompliment weckte sie aus ihrer Trance. »Okay, Schluss jetzt«, sagte sie und stemmte die Hände in die Hüften. »Mich hierher zu bringen, um mich zu bekochen, ist das eine, Sebastian, aber verführen wirst du mich nicht. Wir haben eine Abmachung, und uns nach Lust und Laune zu sehen, gehört nicht dazu, kapiert?«
Zu ihrem Unbehagen sah er sie kaum an und gab ihr so das Gefühl, sie würde sich grundlos derart aufregen.
»Möchtest du ein Glas Wein?«
»Nein«, antwortete sie. »Danke.« Wein war das Letzte, was sie jetzt brauchte, seine Gegenwart war schon berauschend genug.
»Sieh dir trotzdem mal an, was ich anzubieten habe«, schlug er vor und nickte mit dem Kopf in Richtung Küche.
In Erinnerung an den erstklassigen Crest Chardonnay, den er vor einem Monat zu einem Picknick mitgebracht hatte, folgte sie ihm zurück ins Haus. Als sie vor seinem Weinregal stand, flutete der Duft von Schokolade und Chili ihre Sinne.
Er nahm eine Flasche und hielt sie ihr hin. »Ein Château Lafite Rothschild Pauillac von 1996«, verkündete er und reichte ihn ihr. »Der schmeckt nach Kalkstein, Geißblatt und Birne. Aber ein schwerer Wein passt am besten zu unserem Essen. Hier habe ich einen 1997er Swanson Cabernet Sauvignon, der vereint die Aromen schwarze Johannisbeere und Schwarze Himbeere mit Zeder und Esche, Salbei, Thymian, Vanille und Zartbitterschokolade.«
Schon wieder Schokolade.
»Willst du nicht wenigstens probieren?«, fragte er und vermied es dabei, ihr in die Augen zu sehen.
»Ein kleines Glas vielleicht«, gab sie sich geschlagen.
Während er ihr Abendessen umrührte, nippte sie mit insgeheim größtem Behagen an dem Cabernet. Für einen Mann, der seinen Lebensunterhalt mit dem Dienst an der Waffe verdiente, hatte Sebastian äußerst fein wirkende Hände, mit schönen Knöcheln an den langen, schlanken Fingern, die er genau einzusetzen wusste. Er spürte, wo und wie sie berührt werden wollte.
Ehe sie sichs versah, war ihr Weinglas leer. Sie hatten unterdessen darüber gesprochen, welche
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