Gebrochene Versprechen
Musik sie am liebsten hörten und welche Länder man unbedingt gesehen haben musste – beziehungsweise welche nicht.
Leila stellte alarmiert fest, dass sie sich entspannt und angeregt fühlte. Sie hatte nachgegeben. Sebastian war über ihre Warnung vorhin hinweggegangen. Langsam, aber sicher wickelte er sie um den Finger.
Sie war sich sicher, dass er sie noch im Laufe der Nacht auf seine zielstrebige Art ausziehen und jeden Zentimeter ihres Körpers mit Küssen bedecken würde, angefangen bei ihren Lippen, über ihren Hals, ihre Brüste und so fort, den ganzen Körper hinab, bis sie vor Verlangen dahinschmolz.
Dann würde er ihr sagen, wie sehr er sie wollte und was er mit ihr vorhatte, und klangvolle spanische Ausdrücke in seine geflüsterten Ankündigungen einflechten.
»Essen wir auf dem Balkon«, schlug er vor, ohne wahrzunehmen, dass sie in sinnlichen Fantasien schwelgte. »Würdest du die bitte anzünden?« Er gab ihr eine Kerze in einem Glaswindlicht und eine Schachtel Streichhölzer.
»Sicher«, sagte sie. »Ich decke den Tisch«, fügte sie noch hinzu, da sie dringend eine profane Aufgabe brauchte, um ihren verräterischen Erwartungen die Schärfe zu nehmen.
Dass sie sechs Anläufe brauchte, um die Kerze anzuzünden, schob sie auf den vom Meer kommenden Wind, doch als sie die Platzdeckchen und das Silberbesteck auf der Glasplatte seines schmiedeeisernen Tischs verteilte, zitterten ihre Hände.
Sebastian trug mit großer Geste das Essen auf. Als sie sich einander gegenüber hinsetzten, entstand ein peinliches Schweigen. »Ich würde gern ein Tischgebet sprechen«, gestand Sebastian.
»Ja, ich auch. Nur zu.«
Er zögerte. »In welchem Glauben sollen wir unser Kind erziehen?«, fragte er ganz ernst.
Leila sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Er redete gerade so, als würden sie zukünftig zusammenleben. »Ich glaube, damit müssen wir uns jetzt nicht befassen, oder?«
Er zuckte mit den Schultern, schloss die Augen und sprach einen einfachen Dank, dann war der Augenblick vorüber.
Leila merkte, dass sie riesigen Hunger hatte. Als sie sich über ihr Essen hermachte, entschlüpfte ihr ein wohliges Wimmern. Die exotische Gewürzmischung reizte ihre Geschmacksnerven. Die Schokolade nahm dem Chili die Schärfe, das köstliche Gericht zerging ihr auf der Zunge. »Du bist sehr gut«, gab sie zu, während sie den nächsten Bissen aufspießte. Als ihr auffiel, dass er in jeder Hinsicht ziemlich gut war, stieg ihr die Röte ins Gesicht.
In Sebastians Augen spiegelte sich die Kerzenflamme wider, als er sie ansah. »Nächstes Mal kochst du für mich.«
Sie wollte erwidern, dass es kein nächstes Mal geben würde, aber das kam ihr unter diesen Umständen schrecklich gemein vor. Schließlich war ihr Auto liegen geblieben, und er hatte ihr aus der Patsche geholfen. Und nicht nur das, er war auch noch ein perfekter Gastgeber, der einen riesigen Aufwand betrieben hatte, um sie zu bekochen. Aber natürlich durfte sie nicht vergessen, was er dabei im Schilde führte.
Ein wohliger Schauer überkam sie.
Dann unterhielten sie sich über andere Themen, und ehe sie es merkte, hatte sie ein zweites Glas Wein intus und torkelte, als sie aufstand, um ihm beim Abräumen zu helfen. Sofort streckte Sebastian eine Hand aus, um sie zu stützen. »Vorsicht.«
Sie konnte gerade noch vermeiden, in seine Arme zu sinken.
»Lass uns am Strand spazieren gehen«, schlug er überraschend vor.
Sie trugen das Geschirr hinein und stiegen dann die unzähligen Stufen zum Meer hinab. Leila hatte nicht die Willenskraft, zu protestieren, als er ihre Hand nahm und sie neben sich zog, während sie durch den hohen Sand zu den rauschenden Wellen stapften.
»Deine Haare werden sich verknoten«, stellte er fest, blieb stehen, nahm die langen Strähnen zusammen, drehte sie zu einer Schlaufe und zog die Enden hindurch.
Sie mochte das Gefühl seiner Hände in ihrem Haar und wankte gegen ihn. Es war unvermeidlich, er würde sie heute Nacht lieben. Da konnte sie sich auch gleich geschlagen geben. Und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste sie zugeben, dass sie sich darauf freute.
Doch er nahm ihre Hand und sie gingen los. Er unterhielt sich mit ihr, verriet ihr die Namen seiner sämtlichen Brüder und Schwestern, wo sie lebten und was sie machten. Seine Worte ließen in ihrem Kopf Bilder von glücklichen Augenblicken und warmherzigen Menschen entstehen. Zum Schluss kam er auf seine jüngste Schwester zu sprechen, die gerade ihren ersten
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