Geburtstag in Florenz
mehr, als daß er sah, wie Forbes’ fieberhaft suchender Blick starr auf einem Punkt verharrte. Und indem er sich ein ganz klein wenig zurücklehnte, sah er sie auch – eine braune Lederhandtasche, die über einer Stuhllehne hing.
»Ich sollte Sie vielleicht darauf hinweisen«, sagte er, »da Sie ja neulich unpäßlich waren und es vielleicht nicht mitbekommen haben, daß unsere Spurensicherung das ganze Haus abgesucht hat – insbesondere nach Indizien für einen Selbstmord. Also Abschiedsbrief, Tabletten und so weiter.«
Forbes blieb stumm. Er dachte ein Weilchen nach, dann glitt sein Blick ins Leere bei dem Versuch, dem Maresciallo von Mann zu Mann in die Augen zu sehen, was kläglich mißlang.
»Die Post hat immer sie geholt. Der Briefträger steckt alles in den Kasten unten beim Tor. An dem Tag stopfte sie den ganzen Packen in ihre Tasche. Es sei nichts Wichtiges dabei, sagte sie …«
»Sehr taktvoll.« Der Maresciallo zückte sein Notizbuch.
»Was machen Sie da?« fragte Forbes erschrocken.
»Keine Sorge«, versetzte der Maresciallo ruhig. »Ich halte nicht fest, daß Sie den Geburtstag Ihrer Frau vergessen haben. Aber als ich das letzte Mal hier war, da waren Sie nicht in der Verfassung, mir zu schildern, wie der Tag verlief, der mit dem Tod Ihrer Frau endete. Können wir das jetzt nachholen? Haben Sie an dem Tag gestritten?«
»Nein!«
»Wann sind Sie morgens aufgestanden?«
»Früh. Ich jedenfalls. Ich hab mit der Arbeit an meinem Artikel angefangen. Celia schlief länger, weil sie am Abend zuvor lange nicht hatte einschlafen können.«
»Kam das oft vor?«
»Ich weiß nicht … Mitbekommen habe ich es nur, wenn sie’s mir sagte und länger im Bett blieb. Ich dagegen schlafe schon, wenn ich nur den Kopf aufs Kissen lege.«
»Da müssen Sie ja ein reines Gewissen haben.« Es war ein Versuch, freundlicher zu erscheinen, doch der Maresciallo merkte im nachhinein, daß er dabei vermutlich zumindest hätte lächeln sollen.
»Ich arbeite sehr hart!« Die Beine waren immer noch übereinandergeschlagen, aber die Arme hielt er jetzt fest vor der Brust verschränkt.
»Und Sie haben auch an diesem Vormittag hart gearbeitet. Wie lange?«
»Das kann ich nicht genau sagen. Ein paar Stunden. Dann haben wir etwas gegessen.«
»Was?«
»Was wir gegessen haben? Ein englisches Frühstück. Von mir zubereitet.«
»Und woraus besteht ein englisches Frühstück? Eier …?«
»Eier und Speck, Tomaten, Würstchen, Toast. Von Zeit zu Zeit haben wir gern so reichlich gefrühstückt und dann durchgearbeitet bis zum Abendessen.«
»Und Ihre Frau hat das alles mitgegessen?« Wer weiß, vielleicht war auch das einer dieser Liebesdienste, die er anderen aufdrängte, und sie hätte eigentlich nichts weiter gewollt als eine Tasse Kaffee. »Sie war nicht grade auf Diät?«
»Warum sollte sie?«
»Sie starb mit leerem Magen. Wann haben Sie denn dieses englische Frühstück gegessen?«
»So gegen zehn.«
Das erklärte die Sache vermutlich, aber er würde zur Sicherheit trotzdem beim Gerichtsmediziner rückfragen. Von zehn Uhr morgens bis sechs Uhr abends hatte sie nichts mehr gegessen. Er machte sich einen Vermerk in sein schwarzes Notizbuch und schrieb absichtlich langsam, in der Hoffnung, Forbes irgendeine Reaktion zu entlocken, doch ohne Erfolg. Der Mann konnte sich den Pathologiebefund seiner frisch verstorbenen Frau anhören, ohne mit der Wimper zu zucken, aber wegen der neuen Möbel fing er an zu heulen!
»Und was war am Nachmittag?«
»Da sind wir in die Stadt gefahren. Erst waren wir auf der Post, dann haben wir uns getrennt. Sie ging zum Friseur – der hat über Mittag offen, und da ist am wenigsten los …«
Er bückte sich, um zwei Scheite nachzulegen, und hantierte unnötig lange damit herum. Der Maresciallo wartete schweigend.
Brüsk richtete Forbes sich auf. »Als die Läden nach der Mittagspause öffneten, haben wir uns wiedergetroffen und sind …«
»Wo waren Sie?«
»Bitte?«
»Wo waren Sie, während Ihre Frau beim Friseur war?«
»Ich habe eine Freundin besucht – Mary. Das ist die Frau, die …«
»Ich erinnere mich.«
»Sie hatte ein paar Bücher, die ich für meinen Artikel brauchte. Ich wollte mir bei ihr Rat holen, das war alles. Sie hat mal etwas Ähnliches für die Herold Tribune geschrieben, und da dachte ich, ich könnte mir einiges an Recherchen sparen. Es ist nichts passiert.«
»Haben Sie’s versucht?«
»Nein, ich hatte andere Sachen im Kopf.«
»Und dann?«
»Nichts
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