Geburtstag in Florenz
ja?«
LorenzinihieltzwischenzweiFingerneinschwarzes Plastikfeuerzeug in die Höhe. »Schon geschehen.«
»Ah … Gehen Sie ruhig heim, es ist schon spät. Das hier können wir dem Staatsanwalt auch morgen schicken. Um die Zeit dürfte der kaum noch im Büro sein.«
Doch da hatte sich der Maresciallo geirrt. Ausgerechnet als er das rote Wachs auf die Paketkordel träufelte, läutete das Telefon.
»Verdammt!« Wer immer das war, er würde warten müssen, bis er genügend Wachs geschmolzen und eine Hand frei hatte. Es war Fusarri.
»Da bin ich aber froh, daß ich Sie noch erwische. Ich höre, Sie waren in der Gerichtsmedizin. Schlechte Nachrichten, was?«
Der Maresciallo, dem der saloppe Kommentar in dem Zusammenhang unschicklich vorkam, schwieg. Darüber konnte Fusarri nur lachen. »Aber Maresciallo, nun erzählen Sie mir bloß nicht, daß eine ordentliche Mischung aus Alkohol und Schlaftabletten Ihnen nicht genauso willkommen gewesen wäre wie mir.«
Andererseits hatte es auch keinen Sinn, den Mann unnötig zu verärgern.
»Ganz recht, Signore. Natürlich hätte er dann behauptet, daß es Selbstmord war.«
»Natürlich. Aber immer noch besser, als mit leeren Händen dazustehn, so wie jetzt. Sie glauben doch, daß er’s war.«
»Zum gegenwärtigen Zeitpunkt«, zitierte der unglückliche Maresciallo den Bericht auf seinem Schreibtisch, »lassen sich keinerlei Rückschlüsse auf Fremdeinwirken …«
»Uff! Dann müssen wir ihm eben anders beikommen. Gehen Sie zu ihm. Nehmen Sie seine Aussage zu Protokoll.«
»Ich dachte, daß Sie vielleicht …«
»Nein, nein, nein! Sie sind genau der richtige Mann dafür!« Dem Maresciallo sank der Mut. Aber er besann sich gerade noch rechtzeitig, langte nach dem Siegel und drückte das Staatswappen mit der Aufschrift Carabinieri Regione Toscana Stazione Palazzo Pitti in das langsam erkaltende. rote Wachs.
»Sind Sie noch dran?«
»Ja, Signore. Ich gehe gleich morgen hin.«
»Ausgezeichnet. Meiner Meinung nach ist er einer von diesen aufgeblasenen Intellektuellen. Mich würde er bestimmt totreden. Aber ich glaube nicht, daß ihm das bei Ihnen gelingt. Schade, daß ich bei diesem Aufeinandertreffen zweier diametral entgegengesetzter Geister nicht Mäuschen spielen kann, aber damit muß ich mich wohl abfinden. Sagen Sie ihm, ich hätte veranlaßt, daß die Leiche freigegeben wird. Er kann seine Frau beerdigen.«
»Und sein Paß … Ich meine, falls er danach fragt.«
»O nein! Den kriegt er so schnell nicht wieder! Führen Sie die üblichen Entschuldigungen an, Verzögerungen auf dem Dienstweg, alles unter Kontrolle, eine Sache von Tagen, eben das gängige Bürokratenchinesisch. Es ist übrigens auch Geld im Spiel, eine ganze Menge sogar. Ich hatte Besuch von einem Rechtsanwalt – aber zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf, das erledige ich schon und halte Sie auf dem laufenden.«
»Besten Dank.«
War es möglich, daß der Capitano recht hatte? Daß Fusarri vielleicht … aber nein! ›Aufeinandertreffen zweier Geister!‹ Der Bursche machte sich gewiß nur lustig über ihn.
»Keine Ursache. Kostet mich doch bloß ein paar Telefonate nach England. Ihre Talente sind anderswo viel mehr von Nutzen. Also reden Sie mit diesem Forbes. Ich könnte mir gut vorstellen, daß Sie dem Kerl Angst einjagen.«
»Ich … ihm?«
»Tragen Sie eigentlich immer diese dunkle Brille?«
»Die brauch ich wegen einer Allergie«, verteidigte sich der Maresciallo, »meine Augen vertragen kein Sonnenlicht. Was zum Teufel …«
»Schon gut, schon gut.« Und Fusarri legte auf.
Es war nicht recht. So ein exzentrischer Mensch – das konnte nicht gutgehen. In diesem Beruf brauchte man ernsthafte Männer, Männer wie den Capitano Maestrangelo. Nein, es konnte einfach nicht gutgehen.
5
In dem wuchtigen Kamin flackerte ein Holzfeuer. Der Maresciallo war froh darüber, denn es gab sonst keine Heizung in der umgebauten Scheune. Aber das Feuer brannte offenbar noch nicht lange, denn in kurzen Abständen stahl sich ein blaßblaues Rauchwölkchen zwischen den Scheiten hervor und kräuselte sich bis hinauf zum Sims. Der harzig süße Holzgeruch vermischte sich mit dem aromatischen Duft des frischgebrühten Kaffees, den der Maresciallo widerstrebend abgelehnt hatte. Aber er wollte von diesem Forbes nichts annehmen. Er war nicht sicher, ob der Mann gerade erst aufgestanden war oder ob er nur Kaffee kochte, um eine Beschäftigung zu haben und seinem Besucher nicht untätig gegenübersitzen zu
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