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Geburtstag in Florenz

Geburtstag in Florenz

Titel: Geburtstag in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Seite, aber das war noch schlimmer. Also rollte er sich wieder auf den Rücken, immer bemüht, Teresa nur ja nicht zu wecken.
    Als feindlicher Ausländerin hatten sie ihr in England mit Internierung gedroht. Sie hatte zweifellos recht, wenn sie sagte, daß man nach einer solchen Erfahrung nirgends mehr richtig zu Hause ist und sich also getrost das Land aussuchen kann, das einem am besten gefällt.
    Doch wie war das mit Forbes? Der Signorina Müller war nichts Ehrenrühriges über ihn bekannt, aber sie interessierte sich eben nicht sonderlich für andere Leute. Und nach allem, was sie durchgemacht hatte, konnte man es ihr nicht verübeln, daß ihr die Künste näherstanden als die Menschen. So lebte sich’s gewiß ungefährlicher. Nun, wenn er vorbestraft war, würden sie das bald erfahren. Aufgrund des Territorialitätsprinzips waren die Engländer den hiesigen Rechtspflegeorganen gegenüber zur Auskunft verpflichtet … Was war doch gleich wieder bei der Rolle des Anklägers als Organ der Rechtspflege zu beachten? Richtig: das tradierte dialektische Gleichgewicht zum Beklagten … hieraus erfolgt … hieraus erfolgt?
    Er lauschte. Das war die Feuerwehr. Wenn dieser elende Wind doch nur ein bißchen nachlassen wollte, aber das würde drei Tage dauern. Die tramontana brauchte immer drei Tage, bevor sie sich ausgetobt hatte. Dieses verdammte Sodbrennen! Wenn er sich wenigstens aufraffen könnte, in die Küche zu gehen und einen Kamillentee zu kochen. Hatte er eigentlich überhaupt schon geschlafen? Er konnte sich nicht erinnern.
    Tatsächlich nickte er zwischendurch immer wieder kurz ein, war aber im Schlaf fast ebenso unruhig wie im Wachen. Der Wind heulte weiter, in seinem Hirn bekriegten sich die Gedanken, und er kam nicht gegen die Schmerzen an. Dennoch konnte er manches, was ihm durch den Kopf ging, nur geträumt haben. So zeigte Forbes ihm einmal seine Unterarme und erklärte, warum sie und seine Hände frei von Kratzern waren. Die Erklärung klang überzeugend, und der Maresciallo rang sich sogar dazu durch, den Mann jetzt, wo das Rätsel gelöst war, nicht mehr ganz so unsympathisch zu finden. Schuld war natürlich der Wind. Das hatte er nur nicht bedacht. Aber wie sollte ein Mensch auch denken, wenn er solche Bauchschmerzen hatte? Er tat immerhin sein Bestes. Hieraus folgt … Eingriffe dieser Art … folgt eindeutig … »Salva!«
    »Was ist los?«
    »Du sprichst im Schlaf. Fehlt dir was?«
    »Ich hab nur schlecht geträumt.«
    Er wollte ihr nicht sagen, was ihm fehlte, denn dann würde er auch die vier Stullen beichten müssen.
    »Du wälzt dich schon seit Stunden immerzu von einer Seite auf die andere.« Sie stellte keine peinlichen Fragen, sondern stand einfach auf und ging in die Küche. Er hörte, wie sie den Wasserkessel aufsetzte, und auch, wie sie den Kühlschrank aufmachte und im nächsten Moment: »Ja, um Himmels willen!« seufzte.
    Sie brachte ihm zwei Tabletten zum Lutschen und dann eine Tasse Kamillentee, schön lauwarm. Gegen halb sechs schlief er ein.
    »Professor Forli, nachdem Sie uns die Verletzungen beschrieben haben, welche die verstorbene Anna Maria Grazzini erlitten hat, können Sie uns da auch sagen, welche dieser Verletzungen die Todesursache war?«
    »Die innere Blutung, hervorgerufen durch den Schlag, der zur Perforation der Bauchspeicheldrüse führte.«
    »Und das steht zweifelsfrei fest?«
    »Jawohl.«
    »Herr Professor, hätte Anna Maria Grazzini Ihrer Meinung nach diese Verletzungen überleben können, sofern sie umgehend in ärztliche Obhut gekommen wäre?«
    »Möglicherweise.«
    »Würden Sie auch so weit gehen, es ›wahrscheinlich‹ zu nennen?«
    »Ich denke, das kann ich vertreten, ja. Eine Bluttransfusion hätte sie fürs erste auf jeden Fall gerettet. Ich kann natürlich nicht ausschließen, daß aufgrund der Kopfverletzungen in der Folgezeit eventuell Komplikationen aufgetreten wären, doch die Wahrscheinlichkeit ist angesichts dieser für sich genommen relativ ungefährlichen Verletzungen eher gering.«
    Der Maresciallo war eben erst gekommen und hatte sich auf seinen Platz gesetzt. Sein Gesicht brannte wie Feuer, doch als er sich umsah, stellte er fest, daß es fast allen so ging. Auf dem Herweg hatte ihnen der eiskalte Wind ins Gesicht gepeitscht, und nun saßen sie in einem überheizten Gerichtssaal.
    »Wenn also die Angeklagten, als sie endlich von dem inzwischen praktisch bewußtlosen Opfer abließen, einen Notarzt gerufen hätten, statt jener unheilvollen,

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