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Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Titel: Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gruber
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um einen Prachtkerl.
    Warum der Seehase Seehase genannt wird, weiß man nicht genau, vermutlich aber, weil er von vorne ein bisschen so aussieht wie ein Hase. Das, was man also Menschenkindern früh beibringt, nämlich dass man keine Witze übers Aussehen macht, galt für Zoologen damals nicht, als sie den Seehasen mit einem Streetname versahen. Wann sich Mensch und Seehase erstmals über den Weg geschwommen sind, lässt sich heute nicht mehr genau sagen. Die Beziehung zwischen Schnecke und Mensch besteht jedoch schon sehr lange. Landschnecken waren offenbar die ersten Tiere, die vom Menschen gezüchtet worden sind. Archäologische Funde belegen Schneckenzucht schon seit dem zwölften Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Seit damals stehen sie auf unserem Speisezettel. Ihre Mitwirkung in den Neurowissenschaften ist allerdings jüngeren Datums.
    Die Aplysia besitzt nur rund 20.000 Neuronen, die genetisch eindeutig miteinander verknüpft sind. Damit kann man jedes Neuron in den Ganglien eindeutig identifizieren und bezeichnen. Ganglien sind Anhäufungen von Nervenzellkörpern, Knotenpunkte, an denen Neuronen zusammenkommen. Die eindeutige Zuordnung und Bezeichnung der Neuronen ist sehr wichtig, denn viele Experimente müssen wiederholt werden, und wenn jedes Versuchstier über die gleichen Verknüpfungen verfügt, können die Experimente auch an anderen Seehasen durchgeführt werden. Die Neuronen der Aplysia sind ungewöhnlich groß und können unter dem Lichtmikroskop betrachtet werden. Da die Aplysia ein Kurzzeit- und ein Langzeitgedächtnis besitzt, ist es das optimale Tier, um Reiz-Reaktionsmuster und deren Veränderungen zu untersuchen. Für Kandel und sein Team war es notwendig zu klären, wie sich Neuronen respektive die Synapsen während des Lernens verändern können, denn trotz der unterschiedlichen Arten von Gedächtnissen läuft alles auf Synapsen beziehungsweise auf die Änderung der elektrischen Potenziale an den Synapsen hinaus. Die Synapse ist beim Lernen der MC, der Master of Ceremony.

    FACT BOX | Gedächtnis
    Warum brauchen wir ein Gedächtnis? Ganz einfach: damit uns der Alltag leichter fällt. Es ist nämlich ziemlich anstrengend, jedes Mal von Neuem herauszufinden, wie man einen Schweinsbraten macht oder welchen Fuß man wann beim Gehen vor den anderen setzen muss.
    So gesehen hilft uns sowohl unser Gedächtnis als auch die Schrift. Die Schrift ist die Erweiterung des Gedächtnisses.
    Wir unterscheiden verschiedene Lernprozesse auf unterschiedlichen Ebenen des Gehirns. Die meisten Menschen glauben, dass Lernen nur bewusste Informationsverarbeitung ist. Natürlich ist Lernen in der Schule auch ein Prozess, der bestimmte Reiz-Reaktionsketten verändert. Doch auch jede Veränderung einer Verhaltensweise ist ein Lernprozess.
    Man muss sich darüber im Klaren sein, dass es zwei wesentliche Arten von Gedächtnissen gibt: das explizite und das implizite Gedächtnis.
    Beim impliziten Gedächtnis wird der Inhalt nicht bewusst verarbeitet. Es ist deshalb auch schwierig, implizite Gedächtnisinhalte zu beschreiben, beziehungsweise diese Gedächtnisinhalte an andere Personen weiterzugeben. Die Inhalte dieser Gedächtnisform können nur durch ständige Übung verbessert werden. Viele motorische Bewegungsabläufe, zum Beispiel aus dem Sport, sind im impliziten Gedächtnis gespeichert. Das gilt auch für die Muttersprache – oder sind Sie in der Lage, alle grammatikalischen Regeln des Deutschen einer anderen Person mitzuteilen?
    Beim expliziten Gedächtnis können wir ganz bewusst auf einzelne Inhalte zugreifen. Unser Schulwissen oder unser konkretes Wissen über unsere Umwelt ist explizit gespeichert. Das heißt, wir sind in der Lage, anderen Personen dieses Wissen in einfacher Weise mitzuteilen. Oftmaliges Üben ist nicht unbedingt notwendig – wichtiger ist vielmehr, dass man sich auf den zukünftigen Gedächtnisinhalt konzentriert. Für die Einspeicherung ins Gehirn sind einige spezielle Strukturen (Hippocampus, temporaler Schläfenlappen) notwendig.

    Um dem Lernen auf die Schliche zu kommen, musste Eric Kandel zuerst einmal Mikroelektroden in die Neuronen bringen, im vorliegenden Fall in die Neuronen der Aplysia . Das ist nicht leicht. Wenn Sie finden, dass es echt schwierig ist, einen Zwirn durch ein Nadelöhr zu fädeln, dann lassen Sie besser die Finger von Mikroelektroden. Wenn man es endlich doch geschafft hat, ist es gefühlsmäßig höchste Zeit, eine Magnumflasche Champagner zu köpfen. Kann man

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