Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln
Glück als die Fruchtfliegen, sie kamen nicht lebend wieder auf die Erde zurück. Hätten sie ihre Flüge überstanden, wären sie zur Belohnung vielleicht als erste Säugetiere im Weltall geadelt worden. So hat Prinz Albert heute untenrum auf der Erde eine andere Bedeutung als das Andenken an die beiden glücklosen Rhesusäffchen.
Bevor dann die Hündin Laika berühmt wurde als erstes Tier, das die Welt umrundete, wurden noch Dutzende andere Tiere in den Weltraum geschossen. Allein die Sowjetunion schickte mindestens 15 Hunde voraus, von denen die meistens auch wohlbehalten zurückkehrten, bevor Laika startbereit gemacht und mit Sputnik 2 ins All geschickt wurde. Wobei nicht von vornherein geplant war, die Erde von einem Hund umkreisen zu lassen. Bei den ersten Hundeflügen ging es darum, zu testen, ob die Tiere die Beschleunigung aushalten oder ob es Probleme mit dem Luftdruck gibt etc. Das Ziel war eigentlich, Systeme für die neuen Überschallflieger zu probieren und zu entwickeln. Dass Laika dann zur Astronautin mit Mission wurde, liegt daran, dass Nikita Chruschtschow nach dem Erfolg von Sputnik 1 unbedingt noch aufsehenerregendere Erfolgsmeldungen haben wollte. Allerdings stand von Anfang an fest, dass es sich um einen Flug ohne Wiederkehr handeln würde. Die Strapazen für das Tier bei einer Erdumrundung sind einerseits mit einem Flug ins Weltall hinauf und gleich wieder hinunter nicht zu vergleichen, andererseits war eine Landung der Raumkapsel mit Laika an Bord zu dem Zeitpunkt technisch noch gar nicht möglich. Sie ist daher schon nach wenigen Stunden an Stress und Überhitzung gestorben. Um davon abzulenken, ließ der sowjetische Chefkonstrukteur Sergei Koroljow ein Gerät einbauen, das regelmäßig EKG-Geräusche abgab und so eine noch tagelang lebende Laika vorgaukelte. Allein, es half nicht. Die USA waren nach dem Sputnik-Schock in großer Sorge, dass die UdSSR die Raumfahrt dominieren würde. Unter diesem Druck verdreifachten sie quasi über Nacht das Budget der National Science Foundation. Zudem wurde der Märtyrertod der Mischlingshündin in US-Medien publizistisch ausgeweidet, um von der eigenen Unterlegenheit abzulenken.
In der Sowjetunion war Laika lange Zeit nicht besonders berühmt, dort hatten sich stattdessen die beiden Hunde Belka und Strehlka ins kollektive Gedächtnis eingegraben: zwei vierbeinige Kosmonauten, die 1960 den Flug mit Sputnik 5 überlebten und in der UdSSR als Volkshelden vermarktet wurden. In einer patriarchalisch organisierten Welt wäre nach Sputnik 1, einem Test mit einer Sache, und Sputnik 2, einem mit einer Hündin, normalerweise als nächstes First eigentlich ein Testflug mit einer Frau an der Reihe gewesen, bevor man das Leben eines Mannes riskiert. Aber als Nächster war dann doch Juri Gagarin dran, der bekannt wurde als der erste Mensch, der im All die Erde umrundete.
Wenn man die Regelauslegung genau nimmt, stimmt das aber gar nicht. Laut den Richtlinien der Internationalen Luftfahrtföderation muss ein Astronaut im gleichen Fahrzeug wieder auf der Erde landen, mit dem er auch gestartet ist. Die Techniker der damaligen Sowjetunion hatten allerdings noch zu wenig Vertrauen in die Fallschirme und Bremsraketen der Landekapsel Wostok. So wurde in einer Höhe von rund 7.000 Metern ein Schleudersitz aktiviert und der „erste“ Kosmonaut wurde aus der Kapsel herausgeschleudert. Er landete dann sicher in rund zwei Kilometer Entfernung von dem Landeort der Kapsel mit einem Fallschirm. Von dort aus ist er zu Fuß zum Landeort gelaufen. Er wurde dabei beobachtet, von einer Frau und ihrer Tochter. Denen wurde aber erfolgreich mitgeteilt, dass besser für sie sei, sie hätten nichts gesehen. Der Aufwand wäre nicht nötig gewesen, das Landesystem der Kapsel hätte funktioniert.
Die ersten Menschen, die auch während der Landung in der Kapsel blieben, starteten am 12. Oktober 1964, umrundeten 16-mal die Erde und entstiegen nach 24 Stunden und 17 Minuten wohlbehalten ihrem Gefährt. Es waren die sowjetischen Kosmonauten Wladimir M. Komarow, Boris B. Jegorow und Konstantin P. Feoktistow mit dem Raumschiff Woschod 1. Dazwischen durfte 1963 mit Valentina Tereshkova doch noch die erste Frau ins All, umrundete immerhin 48-mal die Erde und verbrachte damit mehr Zeit im All als alle US-amerikanischen Astronauten bis dahin zusammen. Aber die Regelauslegung war aus guten Gründen nicht zu streng, und so kann man Juri Gagarin guten Gewissens den Pionierflug um die Erde
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