Gedankenmörder (German Edition)
schädlich, getitelt:
«Leichenschändung im Krankenhaus, Opfer grausam zugerichtet / Geschäftsführer hüllt sich in Schweigen»
.
Bevor alle Kollegen im Raum waren, überflog Steenhoff schnell die Zeilen. Die Redakteurin Andrea Voss hatte offenbar einen Draht zu Bediensteten des Krankenhauses. Sie erwähnte in ihrem Artikel sowohl den Besenstiel im Unterleib des Opfers als auch das geschminkte Gesicht. Nun rächte sich, dass der geschockte junge Pfleger von der Schutzpolizei nicht daran gehindert worden war, zu seinen Kollegen auf die Station zu flüchten. Vermutlich kannten inzwischen alle Bediensteten des Krankenhauses seine Geschichte. Steenhoff fluchte innerlich.
Zumindest hatte der junge Mann die Geschichte mit dem roten Tuch nicht weitererzählt. Vermutlich war sie ihm nicht spektakulär genug. Steenhoff nahm sich vor, ihn noch heute ordentlich am Telefon zusammenzufalten, sodass er es nicht wagen würde, noch ein Sterbenswörtchen außerhalb des Polizeipräsidiums zu erzählen. Keine der beiden Zeitungen erwähnte das zweite Opfer in der Pathologie.
Trotz des Ärgers mit dem Geschäftsführer wirkte Bernd Tewes ruhig und konzentriert. Offenbar hatte er keinen seiner Leute in Verdacht, Informationen weitergegeben zu haben. Steenhoff skizzierte kurz, was er mit seinem Team abklären wollte, und kündigte an, ein Phantombild von Sven anfertigen zu lassen. Überrascht schaute Tewes ihn an. «Du hast ihn in Verdacht, der Täter zu sein?»
«Mit jeder Stunde, die sich der angebliche Freund von Birgit Lange nicht meldet, wird es wahrscheinlicher», sagte Steenhoff.
Michael Wessel meldete sich zu Wort. «Wir sollten uns heute die Wohnung von Birgit Lange vornehmen. Vielleicht gibt es dort irgendwelche Hinweise auf diesen Sven. In dem Adressbuch, das sie in ihrer Handtasche hatte, als sie verunglückte, ist kein Sven eingetragen. Das haben wir überprüft.»
Leise räusperte sich Petersen. «Was ist mit ihrem Handy?» Wessel schüttelte den Kopf. «Auch Fehlanzeige. Sie hat Freunde. Männer wie Frauen. Aber die meisten leben in Oldenburg oder in anderen Städten. Vermutlich alles frühere Schulkameraden, die jetzt woanders studieren.» Eine Weile diskutierte die Runde noch über das Für und Wider eines Phantombildes, dann musste sie sich einem anderen Fall widmen. Ein unbekannter Täter versuchte, einen großen Bierbrauer in der Stadt zu erpressen. Steenhoff konnte sich nur mit Mühe auf die Überlegungen seiner Kollegen einlassen. Zu viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf.
Kurze Zeit später saßen Wessel, Petersen und der junge Fabian Block bei Steenhoff im Zimmer. Manfred Rüttger von den Brandsachermittlern war auch dabei. «Langsam wird es hier eng», bemerkte Rüttger trocken, der mit seinem Stuhl fast im Benjaminibaum saß und einen Zweig wegdrücken musste, der ihn ins Ohr pikste. «Eng, aber kuschelig», sagte Wessel und warf Petersen einen Blick zu. Steenhoff bemerkte, dass seine Kollegin sich steif auf ihrem Stuhl aufrichtete und so tat, als hätte sie nichts gehört.
«Okay, was haben wir bisher?», eröffnete Steenhoff die Runde. Rüttger berichtete, dass der Pfleger Sascha Böhme als potenzieller Täter wohl ausscheiden dürfte, vorausgesetzt, es fänden sich nicht noch Spuren von ihm an der Leiche. «Bislang ist der nur als Schwarzfahrer aufgefallen», schloss Rüttger seinen Bericht über den jungen Mann. «Ansonsten hat der nichts auf dem Zettel.» Die Befragung der Pförtner habe ebenfalls nichts ergeben.
«Was heißt nichts?», hakte Steenhoff ungeduldig nach. Rüttger erklärte ihnen, dass zwei der Krankenhauspförtner schon älter seien. «Die kennen zwar viele Ärzte und Schwestern, aber zu den Jüngeren haben sie scheinbar viel Distanz.» «Wie meinen Sie das?», wollte nun auch Petersen wissen. Schmunzelnd antwortete Rüttger: «Der eine Pförtner, der in der Tatnacht Dienst hatte, sagte, für ihn sähen die jungen Männer heute alle gleich aus. Die meisten hätten einen Ring im Ohr und könnten noch nicht mal anständig ‹Guten Tag› sagen, wenn sie etwas von ihm wollen. Ich hatte den Eindruck, er ignoriert sie so weit wie möglich.»
Der dritte Pförtner sei dagegen erst seit einigen Monaten im Dienst. «Ein Pedant, der selbst den ärztlichen Direktor noch kontrollieren würde, wenn er dürfte. Von dem wird unser Täter kaum den Schlüssel für die Pathologie erhalten haben, ohne zuvor seinen Personalausweis vorzulegen.»
Steenhoff bat Rüttger, die Eintragungen aus dem
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