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Gedenke deiner Taten

Gedenke deiner Taten

Titel: Gedenke deiner Taten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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schon okay. Der Plan für heute Nachmittag, meine ich«, sagte sie und wich Birdies Provokation damit geschickt aus. »Die Mädchen lassen wir besser hier.«
    »Selbstverständlich«, sagte Birdie. Auf keinen Fall wollte sie, dass dieses Flittchen so tat, als gehöre es zur Familie. Das musste sie gar nicht erst aussprechen, Kate wusste auch so Bescheid.
    Auf einmal verspürte Birdie das dringende Bedürfnis, Kate von den Ereignissen am Vortag zu erzählen, von dem Fotoalbum und von den Erinnerungen, die sie damit verband. Sie hatte das Gefühl, ihre Gedanken mit jemandem teilen zu müssen. Sie flatterten durch Birdies Kopf wie aufgeschreckte Vögel, die panisch einen Ausweg suchen. Aber sie konnte sich nicht überwinden.
    »Eigentlich ist sie ganz in Ordnung«, sagte Kate und beantwortete damit Birdies unausgesprochene Zweifel.
    »Ich dachte, wir verbringen einen Familienurlaub«, sagte Birdie. Sie strich sich die Hosenbeine glatt und versuchte, möglichst gekränkt auszusehen.
    »Nun ja.« Kate verdrehte die Augen, als sei allein die Idee lächerlich. »Das tun wir doch. Sobald Dad, Sean und Brendan da sind.«
    Birdie schnaufte missmutig . » Warum machst du immer dieses Geräusch«,fragte Joe manchmal, »warum sagst du nicht einfach, was du denkst?«Sie überlegte kurz.
    »Warum hat Theodore abgesagt?«
    »Er hat zu viel Arbeit«, antwortete Kate und sah aus dem Fenster. Birdie wartete, aber Kate redete nicht weiter, sondern nippte nur an ihrem Tee.
    »Und du glaubst ihm?«, fragte Birdie.
    Ihre Tochter warf ihr einen unterkühlten Blick zu und zog die Augenbrauen hoch.
    »Wieso nicht, Mutter? Hätte er denn einen Grund, nicht herzukommen?« Ihr Tonfall sagte alles.
    Birdie verstummte. Irgendwo kreischte eines der Mädchen, aus Freude oder Todesangst. Birdie entdeckte die beiden unten am Strand; schon kroch die Sonne auf den Horizont zu. Sie waren zwei wunderhübsche, zarte Geschöpfe mit fließendem Haar. Ihre Gesichter wurden von der tief stehenden Sonne erhellt. Birdie wusste nicht mehr, wie es sich anfühlte, so jung zu sein. »Du warst nie so jung«, hätte Joe jetzt zweifellos gesagt. Vielleicht hatte er Recht.
    »Ich habe ein Buch geschrieben«, sagte Kate leise und zog die Stirn leicht in Falten. Fast hätte Birdie es überhört. Aber die Worte blieben in der Luft hängen.
    »Tatsächlich?«
    »Ja.« Kate starrte ernst in ihre Tasse. »Ich wollte immer schon schreiben.«
    Mit Träumen, die man nicht in die Tat umsetzte, kannte Birdie sich bestens aus. Als Kind wollte sie Tänzerin werden. Sie ging seit ihrem vierten Geburtstag zum Ballettunterricht. Man sagte ihr, sie habe Talent, die richtige Haltung, aber leider nicht die Figur dafür, die Beine zu kurz, der Busen zu groß. Darüber waren sich alle einig. Die Natur war eine ungerechte Tyrannin, nicht wahr?
    »So geht es manchmal im Leben«, sagte Birdie. Überrascht sah Kate sie an. Mit welcher Reaktion hatte ihre Tochter gerechnet?
    »Ja«, sagte Kate, »das stimmt.«
    »Hast du schon einen Agenten?« Auf einmal wurde Birdie nervös, sie wusste selbst nicht, warum. »Dein Vater hat Verbindungen.«
    »Ich habe bereits eine Agentin.« Kate lächelte kurz. »Und einen Verlag. Um genau zu sein, wurde auf mein Manuskript geboten. Das Buch wird nächsten Sommer erscheinen.«
    Birdie war völlig überrascht. Sie spürte einen unangenehmen neidvollen Stich.
    »So viele neue Nachrichten«, sagte sie mit hoher, gepresster Stimme.
    »Ja.«
    »Nun ja, dann muss ich dir gratulieren, Liebes«, sagte sie. »Es muss sich gut anfühlen, endlich seine Berufung gefunden zu haben.«
    Birdie sah, wie Kates Lächeln verschwand, und bereute den letzten Satz sofort.
    »Und was ist es für ein Buch?«
    »Ein Roman«, sagte Kate. »Eine Familiengeschichte. Tante Caroline und Lana haben mir ihre Tagebücher vermacht. Die Lektüre hat mich … inspiriert.«
    »Du hast etwas über unsere Familie geschrieben?«, fragte Birdie entsetzt.
    »Nein«, sagte Kate schnell und hob die Hand, »nein, nicht über uns. Nicht wirklich.«
    Birdie war sprachlos. Sie brachte es nicht über sich, weitere Fragen über das Buch, den Vorschuss zu stellen – Fragen, die glückliche und stolze Eltern in diesem Moment gestellt hätten. Dabei war sie glücklich, sie war stolz auf Kate. Oder nicht? Birdie wusste selbst nicht, warum, aber sie wollte sich schnellstmöglich zurückziehen.
    »Tja«, sagte sie, als sich eine merkwürdige Stille zwischen ihnen ausbreitete, »dann sehe ich mal nach dem

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