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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sichrer dich ins Netz zu fangen,
    Ließ Rosen blühn auf deinem Angesicht.
     
    Ich sah ihn längst dich Schritt vor Schritt bewachen,
    Gleich einem Schatten dir zur Seite gehn,
    Behende sprang er mit dir in den Nachen,
    Und immer schien er höhnisch nur zu lachen,
    Sooft du riefst: »Auf fröhlich Wiedersehn!«
    Auf Wiedersehn! Wann, Freund? Statt Herzensfrieden
    Hat ew'ge Ruh die Ferne dir geschenkt,
    Und in die Gruft, die deinem Schmerz beschieden,
    Hat man dich selber nun hinabgesenkt.
     
    Schön ist das Leben! ach, man lernt es lieben
    Recht innig erst, wenn man es meiden soll,
    Doch in die weite Welt hinausgetrieben,
    Wo fremd wie wir auch unser Herz geblieben,
    Da wird der Tod uns doppelt qualenvoll.
    Auf welcher Wange sahst du Tränen glänzen?
    Wer hat dein brechend Auge zugedrückt?
    Mein armer Wilm, mit Immortellenkränzen
    Hat flücht'ges Mitleid nur dein Grab geschmückt.
     
    Was half es dir, daß schöner dort die Rosen
    Und goldner selbst des Himmels Sterne glühn?
    Nun gilt es gleich – ob rauhe Stürme tosen,
    Ob linde Weste mit den Blumen kosen,
    Mit Blumen, Freund, die deinem Grab entblühn.
    Du ruhtest besser wohl am heim'schen Strande,
    Im Dünensand, wo du zu ruhn geglaubt:
    Ein Kuß der Liebe hätt' im Vaterlande
    Dem Tode seinen Stachel noch geraubt.
     
    Doch jetzt, wo du den bittren Kampf bestanden,
    Jetzt ruf ich: »Freund, wohl dir! es ist vorbei.«
    Schön ist das Leben, doch von tausend Banden,
    Ob in der Heimat, ob in fremden Landen,
    Macht erst der Tod die Menschenseele frei.
    Mir löst die Pflicht, ein strenger Kerkermeister,
    Die Fessel nie, gleichviel ob Tag ob Nacht,
    Und selbst von deinem Grabeshügel reißt er
    Mich unerbittlich, wenn der Tag erwacht.
     
     
Unser Friede
    (Sommer 1844)
     
    Ein Sommertag, wo man zu tiefer
    Siesta sich verpflichtet hält,
    Wo Mücken nur und Ungeziefer
    So recht lebendig in der Welt,
    Wo gift'ger Pesthauch auf zum Himmel
    Aus stehenden Gewässern steigt,
    In deren Schlamm sich das Gewimmel
    Vielbeinigen Gewürmes zeigt:
     
    Das ist der Friede, der uns schlimmer
    Als je ein Krieg zu werden droht,
    Der, fiel der Würfel, uns noch immer
    Ein offen Feld für Taten bot;
    Genüßler hegt jetzt unsre Jugend,
    Und Stockgelehrte allenfalls,
    Doch jeder Kraft und Männertugend
    Brach dieser Friede längst den Hals. –
     
    Doch wird die Sonn' erst unerträglich
    Und dörrt den Wald und sengt die Flur,
    Da hilft sich, auf gut sommertäglich,
    Mit einem Schlage die Natur:
    Die Donnerwolke blitzt und wettert
    Und nimmt der Luft den gift'gen Hauch,
    Und wird auch mancher Baum zerschmettert,
    In faule Sümpfe schlägt es auch.
     
    Welch Friede
dann
, wenn segenstrahlend
    Die Sonn' im Westen untergeht
    Und, dunkle Pupurrosen malend,
    Der Himmel wie in Flammen steht!
    Wir baden uns im Hauch der Frische,
    Wie neugeboren ist das All,
    Und in des Baumes Blätternische
    Schlägt lieblicher die Nachtigall.
     
     
Ein Ball in Paris
    (Dezember 1849)
     
    Paris hat Ball: hin durch der Gassen Enge
    Braust rasselnd der Karossen bunte Menge,
    Die Kais entlang, entlang die Tuilerien,
    Ein rastlos Jagen und Vorüberfliehn.
    Hallo, die Peitsche knallt, die Rosse dampfen,
    Schon dröhnt »La Grève« von ihrer Hufe Stampfen,
    Und jetzt ein kurzes »Halt!« – hell glänzt das Ziel,
    Der prächt'ge Ballsaal des Hôtel de Ville.
    Rings Fackelglanz; die Nacht ist lichter Tag,
    Betreßte Diener springen an den Schlag,
    Leis knistert auf der steingehaunen Treppe
    Der Atlasschuh, es rauscht die Seidenschleppe,
    Der Mantel fällt, und jetzt in luft'gem Schal,
    Selbst luftig, schwebt die Schönheit in den Saal.
     
    Drin wogt es schon; auf Klängen der Musik
    Wiegt sich der Glanz der neuen Republik:
    Die Abenteurer und die Schleppenträger,
    Die Vettern all und all die Stellenjäger
    (Auf deren Brust das Kreuz der Ehre blitzt,
    Weil nichts von Ehre drin im Herzen sitzt),
    All sind sie da, und leichter schwebt ihr Fuß,
    Trifft sie des Kaiserneffen flücht'ger Gruß.
     
    Der Kaiserneffe aber, klanglos hin
    Zieht heut der Töne Macht an seinem Sinn,
    Sein Aug' ist tot rings für den Blumenflor,
    Nach
einem
Punkt nur blinzelt er empor:
    Von wo herab im Purpur, goldgestickt,
    Des Kaisers Bild auf ihn herniederblickt.
     
    Das Kaiserbild! traun in das Festgebraus
    Aus seinem goldnen Rahmen tritt's heraus;
    Ein tiefer Ernst umschattet sein Gesicht,
    Der Kronendurst'ge aber sieht es nicht,
    Er sieht nur, wie der Goldreif blinkt und blitzt,
    Der auf der Stirne des Allmächt'gen

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