Gedichte (Ausgabe 1898)
entsagen,
Drum sollst du die Krone des Lebens tragen.
Du siegtest, nichts soll dich fürder beschweren:
Lobe den mächtigen König der Ehren ...
«
Die Hände gefaltet, den Kopf geneigt,
So lauscht er der Stimme.
Die Orgel schweigt.
2. Letzte Begegnung
(14. Juni 1888)
König Oskar, vom Mälar kommt er daher,
Fährt über den Sund, fährt über das Meer,
Nun sieht er die Küste: Deutsches Land,
Heide, Kiefer, märkischen Sand,
Und nun Avenuen und Schloß und Alleen –
Er kommt, um den sterbenden Kaiser zu sehn.
Dem melden sie's. »König Oskar ist da.«
Kaiser Friedrich wie suchend um sich sah,
Ein leuchtendes Bildnis hängt an der Wand,
Sein Bildnis von Angelis Meisterhand,
Orangeband, Orden, Helmbuschzier,
Pasewalker Kürassier,
Er blickt drauf hin, und den Blick sie verstehn:
»
So soll
mich König Oskar sehn.«
Und sie legen ihm Koller und Küraß an,
Aufrecht noch einmal der sterbende Mann,
Aufrecht und hager und todesfahl –
König Oskar tritt in den Marmorsaal,
Sprechen will er, er kann es nicht,
Ein Tränenstrom seinem Aug' entbricht.
Da steht sein Freund in des Jammers Joch,
Gebrochen und doch ein Kaiser noch:
Den Pallasch zur Seite, den Helm in Hand,
Kaiser Friedrich vor König Oskar stand.
»Bild einst von Größe, Schönheit, Glück,
Das
ist das letzte,
das
blieb zurück.«
Stumm neigt sich der König, und noch einmal,
Und nun zum dritten und – läßt den Saal.
3. Grabschrift
Du kamst nur, um dein heilig Amt zu schaun,
Du fand'st nicht Zeit, zu bilden und zu baun,
Nicht Zeit, der Zeit den Stempel aufzudrücken,
Du fand'st nur eben Zeit noch, zu beglücken;
Du sahst dein Reich und ließt es deinem Erben,
Du fand'st nur Zeit, um wie ein Held zu sterben.
4. Re Umbertos Kranz
» ... Im alten Dom zu Monza ruht die Krone,
Die
eiserne. Die
trug er. Doch zu Monza
Blüht auch des Lorbeers viel in meinen Gärten.
Pflückt von dem Lorbeer, und vom dunkelschönsten
Schlingt einen Kranz –
der
Kranz soll mich begleiten
Bis hin zur Ruhstätt' meines Martyrfreundes,
Bis in die Friedenskirche.
Siegeslorbeer,
Nicht Friedenspalmen will ich niederlegen
Auf seinen Sarg. Wozu noch Friedenspalmen?
Er hat, was er ersehnt – er
hat
den Frieden.«
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: »Junge, wiste 'ne Beer?«
Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn.«
So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit,
Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Sangen »Jesus meine Zuversicht«,
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
»He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?«
So klagten die Kinder. Das war nicht recht,
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht,
Der
neue
freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der
alte
, vorahnend schon
Und voll Mißtrauen gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was damals er tat,
Als um eine Birn' ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr, aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.
Und die Jahre gehen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: »Wist 'ne Beer?«
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ich gew di 'ne Birn. «
So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.
Gelegenheitsgedichte
An Wilhelm Krause
(Gest. zu Malaga 1842)
Zwei Jahre kaum, als heitre Träume scheuchten
Der Sorgen dunklen Schwarm aus deiner Brust;
Du riefst: »Ade!« Ich sah dein Auge leuchten
Und fühlte Tränen doch das meine feuchten,
Ich war der ew'gen Trennung mir bewußt.
Mein armer Wilm, das Rot auf deinen Wangen,
Es war das Rot des frischen Lebens nicht,
Der
Tod
nur,
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