Gedichte (Ausgabe 1898)
verloren,
Ein andrer: (Kaiser Weißhart) ward geboren.
Das alte Jahr, in Kampf und Mut und Streben
Hat's uns gefeit, gewappnet und gestählt,
Du neues Jahr, o woll' auch
das
noch geben,
Das
Eine
noch, das uns allein noch fehlt:
Laß jenen Ölzweig zu uns niederschweben,
Auf den ein jedes Herz jetzt hofft und zählt,
Zu allem, was das alte Jahr beschieden,
Du neues Jahr, o gib uns
Frieden, Frieden!
Kaiser Wilhelms Rückkehr
(17. März 1871)
Dreifarbig, kranzumwunden
Unsre Fahnen flattern und wehn,
Das waren Festesstunden,
Wie keine wir noch gesehn;
Vielhunderttausendtönig
In Lüften die Grüße ziehn:
Willkommen
Kaiser
-König,
Willkommen in Berlin.
Nun steiget höher, ihr Schwalben,
Und kündet, was es sei:
Blauer Himmel allenthalben,
Und das Wetter ist vorbei.
Es ward uns viel beschieden,
Es ward uns großes Glück:
König Wilhelm bringt uns den Frieden
Und bringt uns sich selber zurück.
Er bringt uns sich selber wieder
Und Neues zu allem, was war,
Nun entsprießt ein stolzes Gefieder
Dem alten preußischen Aar.
Das Alte hoch und das Neue
Vom Njemen bis an den Rhein –
Und wir flechten die alte Treue
In die neue Krone hinein.
Zum Kölner Domfest
(15. Oktober 1880)
Ersehnter Tag! Inmitten lichten Glanzes
Erhebt sich Pfeilerwald und Schiff und Chor,
Aus der Umgrenzung eines Zinnenkranzes
Ins Unbegrenzte steigt der Knauf empor;
Aus Teil- und Stückwerk endlich ward ein Ganzes,
Und Furcht erlag, und Zweifelsucht verlor,
Und mit den Türmen schwingt sich auf nach oben
Ein Lobgesang: Laßt uns den Herren loben!
Und wer ihn hört, aufjubelnder erscholl er
In keiner Stund', an keiner Stelle wohl,
Und alle Pulse schlagen freud'ger, voller:
Ein Ideal, es ward uns zum Idol;
Eins
wurde Hohenstauf und Hohenzoller,
Und dieser Dom ist dessen uns Symbol,
Und wie nach Maß und Schönheit ohnegleichen,
Ist er zugleich uns unsrer Einheit Zeichen.
Ein Einheits-Zeichen! Ach, und
doch
gespalten,
Uneinheitlich des Volkes Herz und Sinn –
Ersehnter Tag, in deines Mantels Falten
Nimm, eh' du scheidest, unsren Zwiespalt hin!
Laß
Einigkeit
aus Einheit sich gestalten,
Aus
ihr
erblüht der größere Gewinn,
Und klingst du, hohe Kaiserglocke, heute:
Versöhnung, Friede sei dein erst Geläute!
Toast auf Kaiser Wilhelm
Am 11. November 1884
(25 jähriges Bestehen der Schillerstiftung)
An uns vorüber zog ein festlich Spiel,
Wir sahen Freundschaft, Liebe hilfreich walten
Und folgten gern der Dichtung schönem Ziel:
Uns der Erkenntnis Spiegel vorzuhalten;
Ein Mahnwort war's; und eh' der Vorhang fiel,
Erschien im Kranz erst werdender Gestalten
Der
Dichter
-Fürst. Ihn schmückten Lorbeerreiser –
Der erste Trinkspruch aber unsrem
Kaiser!
Dem Kaiser,
ihm
, der unser Schirm und Schild,
Ihm
, der uns Hut und Hort auf unsren Wegen –
Am Fenster steht er, grüßt uns freundlich mild,
Und jeden trifft's, als träf' ihn Heil und Segen;
Ein Talisman wird uns sein hehres Bild,
Ein Hoffnungskeim, den wir im Herzen hegen,
Als müsse fortan auf uns niedersteigen
Ein Teil der Göttergnade, die sein eigen.
Ja, in der Horen wechselvollem Tanz –
Er sprach es selbst – erfuhr er viel der Gnaden,
Doch der ihm vorbestimmte Siegeskranz
Ward auch
erkämpft
auf dornenreichen Pfaden;
Mit Zwangeskraft, weil Pflicht sein Leben ganz,
Hat er das Glück an seinen Tisch geladen,
Das Glück auch
ihn
– doch wozu teilen, scheiden,
Er war zu groß, um Größe zu beneiden.
An Siegen fast noch reicher als an Jahren,
Krönt Demut ihn als seine hellste Zier,
Ob Höchstes oder Tiefstes er erfahren,
Er weiß es wohl, der Urquell quillt nicht hier;
Wie ruhmbegleitet seine Wege waren,
Er weist hinauf: ›
Ihm
Ehr' und Preis, nicht mir!«
Uns
aber ziemt das Wort zu dieser Frist:
Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist!
Zeus in Mission
(Zu Fürst Bismarcks 70. Geburtstag, 1. April 1885)
Und Gott (es war im Spätherbst zweiundsechzig)
Trat an sein Himmelsfenster, sah hernieder
Und sah auf
Deutschland
, das ihm Sorge machte
Seit dem Bronzell-Tag und dem Tag von Olmütz.
Er schüttelte den Kopf. Danach begann er:
»Das geht nicht länger so. Streit und Zerklüftung
Lähmt ihm die Kraft, zehrt ihm an Mark und Leben,
Und jeder dritte, der au fond nicht wert ist,
Dem Michel seine Schuhriem' nur zu lösen,
Kräht nicht bloß laut auf seinem eignen Miste,
Nein, kräht auch übern Rhein und schlägt die
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