Gedrillt
hatte mir diesen jetzt Bret mit seiner bemerkenswerten Kenntnis von Fionas Gebiß geliefert.
Prettyman sah Bret an und dann mich und warf dann einen verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr. »Ich vergesse gar nichts«, sagte ich. »Nehmen wir an, man hätte einen Schädel, der demjenigen Fionas hinreichend ähnlich sähe, mit einem Gebiß ausgestattet, das ihrem vollkommen gliche. Und dann diesen Schädel in den Wagen gepackt.«
»Zwei Frauenschädel im Wagen?«
»Deshalb war ja ein Irrer von Thurkettles Kaliber erforderlich. Gegen einen kleinen Aufschlag auf sein Honorar hat der sicherlich gern einer Leiche den Kopf abgesäbelt.«
»Thurkettle ist der Typ, der den CIA-Mann in Salzburg umgelegt hat«, sagte Prettyman, als erinnere ihn der Name an eine Geschichte aus grauer Vorzeit. Dann sagte er: »Dazu wäre aber eine Menge Planung erforderlich gewesen … und sehr viel Zusammenarbeit. Wer sollte ihn eingewiesen haben und so fort?«
»Es gab Rauschgiftgeschäfte. Beamte auf beiden Seiten waren darin verwickelt. Man brauchte einen Sündenbock. Alle Beteiligten waren verzweifelt bemüht, diese Akte zu schließen. Diese Stelle mit den Bauarbeiten an der Autobahn bot die Gelegenheit, alles unbequeme, etwa zurückbleibende Beweismaterial zu begraben.«
»Wo hast du denn das alles her?« sagte Prettyman.
Ich sagte: »Das ist die einzig mögliche Erklärung.«
»Du wirst dir aber eine bessere einfallen lassen müssen, Bernie«, sagte Prettyman in einem Ton, der wahrhaft freundschaftlich klang. »Ich werde mir anhören, was immer du zu sagen hast. Von dir habe ich gelernt, was ich weiß. Alles. Aber dieses verdrehte Szenario wirst du noch mal umschreiben müssen.«
»Was sonst zum Teufel hatte Tessa überhaupt da zu suchen?« Nun war Bret an der Reihe. »Solltest diese Frage nicht du selbst beantworten, Bernie? Du hast sie dorthin mitgenommen. Das weißt du doch noch?«
»Würdest du bitte Gloria besuchen?« bat ich Prettyman, einer plötzlichen verzweifelten Eingebung gehorchend. »Und den Kindern sagen, daß mir’s gutgeht und ich sie liebe?« Bret sagte nichts.
Prettyman sagte ruhig: »Ich kann kaum damit rechnen, irgendwann in nächster Zukunft mal wieder nach London zu kommen, Bernie.«
Ich trank meinen lauwarmen schwarzen Kaffee und antwortete nicht.
»Ich komme wieder«, sagte Prettyman zu mir wie ein pflichttreuer Sohn zu Besuch bei einem schwierigen Achtzigjährigen. »Aber um zwei muß ich auf dem Camarillo Municipal Airport sein. Vielleicht nächsten Monat … Hat mich gefreut, dich zu sehen, Bernie. Wirklich gefreut! Ich meine das ganz ehrlich.«
»Geh zum Teufel!« sagte ich.
Prettyman sah Bret an. Bret antwortete mit einem winzigen Achselzucken, während er Prettyman zur Tür begleitete. Ich blieb, wo ich war, konnte sie aber aus dem nächsten Zimmer hören. Als sie sich voneinander verabschiedeten, hörte ich Prettyman sagen: »Was für eine Tragödie. Alle beide.« Ich hörte Bret antworten: »Es ist noch nicht zu spät. Warten wir ab, was passiert.«
Eine Woche später erfuhr ich, daß der Camarillo Municipal Airport einst ein US-Air-Force-Stützpunkt war mit noch immer intakten Landebahnen. Als Prettyman sich dahin begab, stieg er also in den Düsenjäger, der ihn gebracht hatte, und war zur Cocktailstunde des gleichen Tages wieder in Washington. Vermutlich ging es um irgendeine Aussage Fionas, von der Washington sofort unterrichtet werden mußte. Wir waren schon länger als einen Monat in dem Haus, als Fiona endlich anfing, mir ein bißchen zu erzählen. Ziemlich banales Zeug nur, über ihre alltägliche Arbeit in Berlin, aber es war doch ein Anfang. Dann wurde es uns zur Gewohnheit, uns allabendlich etwa eine halbe Stunde lang zu unterhalten. Manchmal fand das Gespräch bei einem Glas in unserem Wohnzimmer statt, manchmal machten wir einen Spaziergang am Zaun des Anwesens entlang. Dann, eines Abends, wäre Fiona fast auf eine große, graue Klapperschlange getreten, und danach beschränkten wir uns auf die Wege und die Terrasse. Der Besitz war groß und lag so hoch, daß in diesen rabenschwarzen Nächten die Küste Kaliforniens wie eine Diamantenkette bis nach Los Angeles strahlte.
»Was ist wirklich passiert?« sagte sie, während wir da oben standen und dem Ozean lauschten.
»Sie haben dich rausgeholt«, sagte ich. »Das ist passiert.«
»Was hat Tessa da gemacht? Das ist es, was ich nicht verstehen kann. Was hat Tessa da gemacht, Bernard?«
»Ich hab’s dir doch gesagt«, sagte ich. »Sie hatte eine
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