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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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nichts. Mrs. Koby brachte den Tee. Auf dem Tablett standen eine silberne Teekanne und vier blaue Tassen und Untertassen mit Goldrand. Das Geschirr hätte ebensogut ein Erbstück sein können wie eine Neuerwerbung vom Flohmarkt auf dem ehemaligen Hochbahnhof Nollendorfplatz. Gerda goß den Tee ein und reichte den Zucker herum sowie den kleinen blauen Teller, auf dem vier Schlotfeger lagen. Der Lange ließ sich Pflaumenwein nachschenken. Den bevorzugte er. Er nahm einen Schluck davon und wischte sich den Mund mit einem großen weinbefleckten Taschentuch.
Er war mit seinem Bericht noch lange nicht fertig. »Da drüben ist jetzt die Mauer ein großes Geschäft. Ein Amt voller hochbezahlter Bürokraten hat nichts weiter zu tun, als sie zu verwalten. Ihr wißt ja, wie das läuft. Gib einem Bürokraten den Auftrag, sich um eine Hundehütte zu kümmern, und binnen kurzem hast du einen aufwendigen kompletten Zoo mit Verwaltungsgebäude. So wurde die Mauer dauernd größer und besser, und mehr und mehr Leute wurden dafür abgestellt. Männer, die sie bewachen, Männer, die sie kontrollieren und reparieren, Männer, die Berichte über sie schreiben, Berichte mit Kostenvoranschlägen, Fotos, Plänen und Zeichnungen. Und nicht nur Grenzer, sondern überdies Architekten, Zeichner, Gutachter und jede Menge Büropersonal, das Pensionsanspruch hat und so weiter.«
»Man versteht, was du sagen willst, Langer«, sagte ich. Er gab nicht zu erkennen, ob er mich gehört hatte. Er goß sich Wein ein und trank. Der Wein roch wie ein ausgefallener Hustensirup. Ich war froh, dagegen allergisch zu sein. Er sagte: »Eine Riesenverschwendung, ja, aber die Mauer wurde von Woche zu Woche unbezwinglicher.«
»Noch Tee, Bernard«, sagte Gerda Koby. »Es ist so lange her, daß du zum letztenmal hier warst.«
Wenn Gerda meinte, das sei genug, um das Thema zu wechseln, hatte sie sich schwer geirrt. Der Lange sagte: »Frank Harrington hat Agenten durch die U-Bahn-Tunnel reingeschickt und rausgeholt. Wie er das gemacht hat, weiß ich nicht genau. Angeblich hat er einen kleinen Verbindungstunnel von einer Strecke zur anderen graben lassen, der in Stadtmitte herauskam, wo die Westzüge unter dem Ostsektor durchfahren. Das war schlau von Frank«, sagte der Lange, der selten etwas billigte, was das Department tat.
»Ja, Frank ist schlau«, sagte ich. Er sah mich an und nickte. Er schien zu wissen, daß Frank mich durch gerade diesen Tunnel in den Osten rübergeschickt hatte.
»Ärger gab es, als die andere Seite Wind davon kriegte. Sie überwachten die Stelle und schmissen eine Eierhandgranate in den Gully, als zwei von Franks Leuten gerade aussteigen wollten. Den Stationsvorsteher hat der Luftdruck umgehauen … obwohl er hundert Meter tief im Tunnel war! Frank war nicht da: Der ist damals in London herumscharwenzelt und hat mit seiner baldigen Erhebung in den Ritterstand angegeben, die dann nie stattfand.«
Ich hatte keine Lust, Frank Harrington zu diskutieren. Nicht mit dem Langen. »Diplomatenwagen sind also die einzige Möglichkeit«, sagte ich.
»Das waren sie eine Zeitlang«, sagte der Lange mit frostigem Lächeln. »Ich könnte dir von afrikanischen Diplomaten erzählen, die eine Menge Geld verdient haben bei einem Tarif von zehntausend Dollar für eine Fahrt mit einem Flüchtling im Kofferraum. Aber vor ein paar Jahren haben sie einen großen schwarzen Mercedes mit CD-Nummer am Checkpoint Charlie angehalten und ausgeräuchert, angeblich wegen eines ›Ausbruchs von Viehseuche‹. Was immer sie zu diesem Zweck benutzten, es hat jedenfalls dem zweiunddreißigjährigen Kranführer aus Rostock, der im Kofferraum eingeschlossen war, den Atem verschlagen, für immer. Es heißt, daß Verwandte von ihm in Toronto, Kanada, für seine Flucht bezahlt hatten.«
»Wie, sie haben den Kofferraum eines Diplomatenwagens geöffnet?«
»Nein, brauchten sie doch gar nicht«, sagte der Lange finster. »Vielleicht sollte das Giftgas dem mutmaßlichen blinden Passagier nur Kopfschmerzen machen. Aber als der Kofferraum hier aufgemacht wurde, war der Mann darin tot. Hast du das damals gehört, Bernd?«
»Nicht so, wie du es erzählst«, räumte ich ein.
»Genauso war es aber. Ich habe den Wagen gesehen. In den Kofferraum waren von unten Luftlöcher gebohrt, damit der Flüchtling nicht erstickte. Die Grenzposten müssen das gewußt haben und auch, wo sie waren.«
»Und wie ging die Geschichte weiter?«
»Der gewitzte afrikanische Diplomat machte kehrt und nahm die Leiche

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