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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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war ein guter Mann … Er war in Frankfurt stationiert. Ich habe Bart zwanzig Jahre lang gekannt. Wir waren zusammen in Moskau. Vor langer Zeit haben wir ein paar schlimme Sachen gemeinsam durchgestanden. Heute habe ich mit dem Botschafter zu Mittag gegessen. Ich wollte ihn davon unterrichten, daß Washington mich autorisiert hat, dieser Sache so tatkräftig nachzugehen, wie es meine Mittel gestatten.«
»Das freut mich zu hören, Mr. Brody, denn wenn ich in die Luft gesprengt werden sollte wie Ihr Freund Johnson, würde ich da oben gerne die Gewißheit haben, daß meinem Verschwinden von irgend jemandem nachgegangen wird, so tatkräftig es seine Mittel erlauben.«
»Okay, Bernard, wir wissen, daß Sie mit Bart Johnson Kontakt hatten. Niemand sagt, daß Sie bei seiner Ermordung die Hand im Spiel hatten, aber ich will genau wissen, was in dem verdammten Hotel gelaufen ist, ehe es zu dieser Explosion kam.«
»Das einzige, was da meines Wissens gelaufen ist, ehe es zu der Explosion kam, war eine Briefmarkenauktion.« Ich versuchte, in ruhigem und höflichem Ton zu sprechen, was mir jedoch nicht vollkommen gelang.
»Versuchen Sie’s mit mehr Anstrengung.«
»Versuchen Sie’s mit einfacheren Fragen.«
»Okay. Hier ist eine einfachere Frage: Warum sind Sie so ein Arschloch?«
Ich erhob mich und ging durch den Raum. Unauffällig in die Eichentäfelung eingelassen und flankiert von zwei Kupferstichen, die Rennpferde zeigten, war dort eine Tür. Vor der Tür stand ein Tischchen mit einer als Schachbrett eingelegten Platte, auf der Schachfiguren standen, wie der Innenarchitekt sie aufgestellt hatte. Ich drehte mich um. Brody stand gerade auf. Ich stieß den Tisch mitsamt den Figuren zur Seite und versuchte, die Tür zu öffnen. Sie war verschlossen. »Wollen Sie mir bitte diese Tür öffnen, Mr. Brody? Oder soll ich es tun?« Vielleicht hätte ich ohne die Flasche Chateau Talbot und ohne den doppelten Malzwhisky, mit dem ich mein Mahl beschlossen hatte, weder die Verwegenheit noch die Kraft aufgebracht zu tun, was ich dann tat. Ich hob den Stiefel und trat die Tür fast aus den Angeln. Sie schwang mit dem Krach eines Donnerschlags in den nächsten Raum hinein.
Für einen Augenblick fürchtete ich, mich schrecklich verrechnet zu haben, dem war aber nicht so. Da standen in das plötzliche Licht blinzelnd zwei hemdsärmelige Männer mit Kopfhörern auf den Ohren. Ihre Gesichter waren in einem Ausdruck des Schreckens erstarrt. Hinter ihnen leuchteten TVMonitor-Bildschirme aus dem Dämmerlicht. Die Techniker waren aufgesprungen. Einer von ihnen schnellte zurück, so daß die Strippe seiner Kopfhörer ein Teil des Zubehörs vom Tisch riß. Es stürzte krachend zu Boden. Dann lockerte sich die schwere Tür mit einem langgezogenen quiekenden Geräusch aus dem Halt des einzelnen Scharniers und sank langsam zu Boden, wo sie endlich mit widerhallendem Knall aufschlug. Keiner der beiden Techniker sagte ein Wort. Vielleicht passierte ihnen das häufig. Sie hatten natürlich Videoaufnahmen von mir gemacht. Es wäre vermutlich dumm von ihnen gewesen, sich anzuhören, was ich wußte, ohne meine Aussage irgendwie zu dokumentieren, aber deshalb brauchte ich mich ja noch lange nicht hinzusetzen und leichten Herzens alles zuzugeben, was mir später als Beihilfe zu einem Mord ausgelegt werden konnte.
»Okay, Schlauberger, Sie haben’s uns gezeigt«, sagte Brody ruhig. Er sprach jetzt in einem anderen Ton. Ich wußte noch immer nicht, wieviel seiner vorherigen schlechten Laune nur vorgetäuscht war. Und in welchem Maße sie, wenn sie vorgetäuscht war, den Zweck verfolgte, mich oder den Feinen Harry einzuschüchtern. »Kommen Sie, setzen Sie sich wieder. Wir werden ohne Aufzeichnung miteinander reden, wenn es das ist, was Sie wollen.« Zu den beiden Kameramännern sagte er: »Haut ab, Jungens. Wir schneiden die Massenszene raus«, und dabei lächelte er über seinen Witz.
Der Feine Harry hatte sich nicht gerührt. Er stand noch immer am Kühlschrank und nippte an seinem Soda-Wasser.
»Könnten wir nicht nach unten gehen und uns in einem anderen Raum unterhalten?« fragte ich. »In der Küche zum Beispiel.«
»Bei laufendem Wasserhahn und angeschaltetem Neonlicht?« schlug Brody sarkastisch vor. Er ging und nahm sein Jackett vom Boden auf, wobei er es durchsuchte, um sicherzugehen, daß seine Brieftasche noch da war, wo sie hingehörte. »Na klar, was immer Ihnen guttut, Bernard.« Seine Art war jetzt wärmer, als sei’s ihm lieber, den Tod

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