Gedrillt
nicht mehr aus!«
»Ich weiß, Liebling.« Seine Stimme blieb leise und zärtlich.
»Aber bitte, versuche es trotzdem.«
Als er zurückkehrte, goß er uns beiden reichlich Wodka ein, den wir schweigend tranken. Ich nehme an, er wußte, wie dünn die Wände waren.
Es war eine mühsame Mahlzeit. Wir verzehrten 250 Gramm russischen Kaviar in fast vollkommenem Schweigen. Es gab Roggenbrot und Wodka dazu. »Aus dem Frühjahrsfang«, sagte Teacher, den Kaviar kostend, kennerisch. »Der ist immer der beste.«
Da ich nicht genau wußte, wie eine derartige Bemerkung zu quittieren war, sagte ich nur, er sei köstlich.
Clemmies Mascara war verschmiert. Sie trug kaum zum Smalltalk ihres Mannes bei. Sie wollte auch keinen Wodka, sie trank Wasser. Beide taten sie mir leid. Ich wollte ihnen sagen, sie sollten das alles nicht so tragisch nehmen. Ich wollte ihr sagen, das sei nur der Berliner Blues, die Klaustrophobie, an der alle Frauen, die ihren dorthin versetzten Männern auf »die Insel« folgten, erst mal litten.
Aber ich war zu feige. Ich beteiligte mich also nur an Mr.
Teachers zähem Geplauder und tat so, als merkte ich nicht, daß die beiden unterdessen in aller Stille ihren ganz persönlichen
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und privaten Krach miteinander hatten.
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3
»Fahren Sie weiter«, sagte ich zu Teacher, als er die Fahrt verlangsamte, um mich aussteigen zu lassen.
»Was?«
»Fahren Sie weiter, fahren Sie weiter, fahren Sie weiter!«
»Was ist denn mit Ihnen?« sagte er, fuhr aber weiter und an dem Wagen vorbei, der mir aufgefallen war. Dieser parkte genau vor meiner Haustür.
»Biegen Sie rechts ab, und fahren Sie einmal ums Karree.«
»Was haben Sie gesehen? Einen Wagen, den Sie kennen?«
Ich machte ein ausweichendes Geräusch.
»Was denn?« beharrte er.
»Einen Wagen, den ich nicht kannte.«
»Welcher?«
»Der schwarze Audi … zu schick für diese Straße.«
»Sie werden nervös, Samson. Ich möchte wetten, daß der Wagen vollkommen harmlos ist …«
Noch während er das sagte, fuhr ein Polizeiwagen langsam an uns vorbei, aber Teacher ließ sich nicht anmerken, daß er ihn bemerkte. Vermutlich hatte er andere Sorgen. »Vielleicht haben Sie recht«, sagte ich. »Ich bin wohl ein bißchen nervös.
Mir fällt jetzt ein, daß der Wagen dem Bruder meiner Wirtin gehört.«
»Na bitte«, sagte Teacher. »Habe ich doch gesagt, daß er ganz harmlos ist.«
»Ich muß mich endlich mal richtig ausschlafen. Lassen Sie mich an der Ecke raus. Ich brauche Zigaretten.«
Er hielt vor dem Laden. »Geschlossen«, sagte er.
»Sie haben einen Automaten am Eingang.«
»Na gut, denn.«
Ich öffnete die Wagentür. »Danke für die Einladung zum Kaviar. Bestellen Sie auch Clemmie meinen Dank. Und entschuldigen Sie meine Aufdringlichkeit.« Er hatte mich eine
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heiße Dusche nehmen lassen. Ich fühlte mich besser danach, fragte mich aber, ob der abgespülte Dreck nicht den Abfluß verstopft hatte. Ich war dankbar. »Und schöne Grüße an Frank«, trug ich ihm zuletzt noch auf.
Er nickte. »Ich habe mit ihm telefoniert. Frank sagt, Sie sollten Rudi Kleindorf lieber aus dem Weg gehen.«
»Also keine schönen Grüße.«
Er gestattete sich ein düsteres, kleines Lächeln, gab Gas und fuhr ab, kaum daß ich die Tür zugeschlagen hatte. Er machte sich Sorgen wegen seiner Frau. Ich atmete tief durch. Die Luft war dick vom Gestank aus den Braunkohlekraftwerken, die rings um die Stadt in der DDR stehen. Sie erstickte die Bäume, verbrannte einem den Rachen und füllte einem die Nase mit Ruß. Es war die Berliner Luft.
Ich wartete, bis Teachers Wagen um die Ecke war, ehe ich vorsichtig die Straße ein Stück zurückging und ans Fenster des roten VW Golf klopfte. Werner griff herüber und öffnete die Tür. Ich setzte mich auf den Rücksitz. »Gott sei Dank. Alles in Ordnung, Bernie?«
»Warum denn nicht?«
»Wo bist du gewesen?« Werner konnte seine Gefühle gut verbergen, aber jetzt war er unverkennbar erregt.
»Ist das wichtig?« sagte ich. »Was ist denn los?«
»Spengler ist tot. Irgend jemand hat ihn ermordet.« Mir kam die Galle hoch. Ich war zu alt für so was, zu alt, zu teilnehmend, zu verheiratet, zu weich. »Ermordet? Wann?«
»Das wollte ich dich fragen«, sagte Werner.
»Was soll das heißen, Werner? Glaubst du etwa, ich würde dieses Häufchen Elend umbringen?« Werners Ton ärgerte mich. Ich hatte Spengler gern gehabt.
»Ich habe Johnny gesehen. Er hielt Ausschau nach dir, um dich zu warnen, daß die
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