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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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mit.«
    »Setz mich einfach vor der Haustür ab.«
    »Und wie willst du wieder nach Hause kommen?« fragte Werner in dem klagenden, gequälten Ton, den er immer anschlug, wenn er mich bei einer katastrophalen Dummheit gewähren lassen mußte.
    Als wir in die Straße kamen, wo der »Lange« John Koby wohnte, dachte ich, Werner würde wegfahren und mich mir selbst überlassen, aber sein Zögern war nur vorübergehend, und er wollte schließlich nichts davon wissen, daß ich alleine hinaufging.
    Es war eines der für Berlin typischen Mietshäuser der Gründerzeit. Seit meinem letzten Besuch hier waren die Haustür und die Eingangshalle frisch gestrichen worden, auch

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    hatte man dort eine Reihe von Hausbriefkästen angebracht, die jeder mit dem Namen eines Mieters gekennzeichnet waren.
    Doch bis zur ersten Etage hinauf war die Renovierung nicht gekommen. Auf jeder Etage mußte die Treppenbeleuchtung neu angeknipst werden, deren trübes Licht dann kurzfristig den Anblick der an die Wände gesprühten Graffiti gewährte, die Fußballmannschaften oder Popgruppen rühmten oder sich in den gegenstandslosen Kringeln und Zickzackmustern ergingen, die proklamieren, daß Graffiti kein Monopol der Schriftkundigen zu sein brauchen.
    Der Lange wohnte im obersten Stock. Die Tür war alt und abgestoßen, das Namensschild über der Klingel war abgerissen worden, vielleicht weil der Name da nicht mehr stehen sollte.
    Mehrmals drückte ich ausdauernd auf den Klingelknopf, hörte es drinnen aber nicht läuten. Dann klopfte ich, erst mit den Knöcheln, dann mit einer Münze, die ich in meiner Tasche gefunden hatte.
    Die Münze brachte mich auf eine Idee. »Gib mir ein bißchen Geld«, sagte ich zu Werner.
    Gefällig wie immer öffnete Werner seine Brieftasche und reichte sie mir. Ich nahm einen Hundertmarkschein, riß ihn vorsichtig entzwei. Mit Werners dünnem silbernen Drehbleistift schrieb ich auf eine der Hälften: Langer mach endlich auf, du Bastard und schob sie dann unter der Tür durch.
    »Er ist nicht da«, sagte Werner, verständlicherweise befremdet von meiner launenhaften Verfügung über sein Geld.
    »Es ist kein Licht an.«
    Werner meinte, daß keins durch die Türspalten zu sehen war. Ich wies ihn nicht daraufhin, daß der lange John Koby schon seit einer kleinen Ewigkeit im Spionagegeschäft war.
    Wie immer man ihn auch einschätzte – und meine eigenen Gefühle waren gemischt –, ein bißchen verstand er vom Geschäft. Er war nicht der Typ, der so tun würde, als sei er weggefahren, und gleichzeitig Licht aus den Ritzen seiner

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    Wohnungstür dringen ließ. Ich legte einen Finger auf meine Lippen, und kaum hatte ich das getan, klickte die Zeitschaltung, und wir standen wieder mal im Dunkeln.
    Stundenlang, jedenfalls kam’s mir so vor, obwohl es tatsächlich wohl kaum mehr als drei Minuten waren. Plötzlich wurde die Türverriegelung zurückgeschlagen, knallend wie Schüsse. Werner schnappte nach Luft: Er war erschrocken, ich auch. Der Lange bemerkte das und lachte. »Kommt rein, Leute«, sagte er. Er streckte die Hand aus, und ich gab ihr den Klaps, den der Lange als Begrüßung erwartete. Nur ein schwacher Lichtschimmer fiel aus der Tür. »Bernard! Du vieräugiger Hundesohn!« Über meine Schulter sehend, sagte er: »Und wer ist dieser gutgekleidete Herr mit falschem Schnurrbart und großer roter Pappnase? Kann das Werner Volkmann sein?« Ich merkte, wie Werner vor Ärger erstarrte.
    Der Lange fuhr fort, ohne eine Antwort abzuwarten: »Ich dachte, ihr Brüder wärt von den Zeugen Jehovas. Diese Halleluja-Fritzen waren diese Woche so ziemlich jeden Abend hier. Dann habe ich gedacht, ›heute ist doch Sonntag, da haben sie sicher frei‹.« Er lachte. Er las meine Botschaft noch einmal und steckte die halbe Banknote in die Tasche seines Hemdes, während wir in die Wohnung gingen. Im Entree war eine walnußfurnierte Flurgarderobe mit Spiegel, Kleiderhaken, Hutbrett und einem Ständer für Regenschirme und Spazierstöcke. Er nahm Werners Hut und Mantel und zeigte uns, wie man das Möbel benutzte. Es nahm fast die ganze Breite des Korridors ein, und wir mußten uns daran vorbeidrücken. Mir fiel auf, daß der Lange das Licht erst anknipste, nachdem er die Wohnungstür geschlossen hatte. Er wollte keinen Schatten auf die Treppe werfen. Hatte er vor irgend jemandem oder irgend etwas Angst? Nein, nicht der Lange: Dieser streitlustige alte Bastard war furchtlos. Er schlug einen schweren Vorhang zurück, der mit

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