Gedrillt
dicken Ringen an einer Stange befestigt war. Tatsächlich war es eine alte graue
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Wehrmachtsdecke, komplett mit Streifen, der einem sagte, welches Ende man über die Füße zu legen hatte. Jetzt hielt sie hier den Zug ab und verhinderte auch, daß Licht aus dem Wohnzimmer in den Korridor fiel.
Sie hatten nur ein großes, bequemes Zimmer, in dem sie sitzen und fernsehen konnten, deshalb benutzte der Lange es auch als Arbeitszimmer. Vom Boden bis zur Decke reichende Bücherregale füllten eine der Wände, darin standen die Bücher in Doppelreihen und ließen, über den Reihen quergelegt, keine Lücke. Auf einem alten Schulpult am Fenster stapelten sich weitere Bücher und stand eine große altmodische Büroschreibmaschine, auf der deutsche Zeitungen und eine Tasse mit Untertasse schwankend das Gleichgewicht hielten.
»Sieh mal, wer endlich doch entdeckt hat, wo wir wohnen«, sagte der Lange in jenem kehligen Bogart-Ton, der zu seinem amerikanischen Englisch paßte. Er war ein hagerer Typ, hatte Kugelschreiber und Bleistifte in der Tasche seines verblichenen Plaid-Hemdes und ausgebeulte Flanellhosen an, die von einem alten US-Army-Leinengürtel gehalten wurden.
Seine Frau erschien zu unserer Begrüßung. Das Gesicht sorgfältig geschminkt, das Haar kurz und ordentlich gekämmt, war Gerda noch immer hübsch auf eine strenge, altjüngferliche Art. »Bernard, Lieber! Und Werner auch! Wie schön, euch zu sehen.« Sie war winzig, insbesondere neben ihrem hochgewachsenen Mann. Gerda war Deutsche, durch und durch. Die beiden hatten sich hier 1945 in den Ruinen kennengelernt. Damals war sie Opernsängerin, und ich erinnere mich, daß noch Jahre später Leute sie auf der Straße ansprachen, die sich ihrer erinnerten und um ein Autogramm baten. Das war lange her, und inzwischen war ihre Karriere Sache der Geschichtsbücher. Doch selbst in diesem billigen schwarzen Kleid strahlte sie einen undefinierbaren Zauber aus, und manchmal konnte ich mir vorstellen, wie sie die Sophie im
»Rosenkavalier« sang an jenem Abend im Jahre 1943, als ihr
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das Publikum der Staatsoper zu Füßen lag und sie über Nacht berühmt wurde.
»Wir haben versucht anzurufen«, erklärte Werner entschuldigend.
»Du siehst gut aus«, sagte Gerda, Werner mit großem Interesse betrachtend. »Du siehst richtig vornehm aus.« Sie sah mich an. »Du auch, Bernard«, fuhr sie höflich fort, obwohl ich den Eindruck hatte, daß mein langes Haar und verwahrloster Aufzug sie beunruhigten.
»Hättet ihr lieber Tee oder Kaffee?« fragte sie. »Oder Wein?« sagte der Lange.
»Tee oder Kaffee«, sagte ich eilig. Jeden Herbst machte Gerda Pflaumenwein, genug für das ganze Jahr, und ich schauderte bei dem Gedanken an die Menge, denn der Lange trank das Zeug literweise. Es schmeckte wie Abbeizer.
»Pflaumenwein«, sagte der Lange. »Gerda macht ihn selber.«
»Wirklich, Gerda?« fragte ich. »Wie schade. Aber ich kriege von Pflaumenwein immer Ausschlag.«
Der Lange verzog das Gesicht. Gerda sagte: »Der Lange trinkt zuviel davon. Das ist nicht gut für ihn.«
»Er sieht dabei aber sehr fit aus«, gab ich zu bedenken, und wenn ich in Betracht zog, daß dieser riesige, aggressive Bursche schon mindestens Mitte Siebzig, wenn nicht drüber war, reichte das fast, mich zu Gerdas Dschungelsaft zu bekehren. Wir nahmen auf dem durchgesessenen Sofa Platz, während Mrs. Koby in die Küche ging, um Tee zu kochen. Der Lange überragte uns. Er hatte sich kaum verändert, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte. Genaugenommen war er sogar noch immer ziemlich genau der fürchterliche Tyrann, für den ich vor langer Zeit mal gearbeitet hatte. Er war ein Mann wie ein Fels.
Ich erinnere mich, wie einmal jemand im Büro sagte, er würde es lieber mit der Eiger-Nordwand aufnehmen als mit dem Langen, wenn er schlechter Laune ist, und daß Frank
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Harrington erwiderte, da sei nicht viel drin. Seit dem Tag hatte ich mir den Langen immer als ein gefährliches Stück Granit vorgestellt: scharf und unnachgiebig und längst von keiner Humusschicht mehr bedeckt, so daß die kantige Erscheinung nackt und mitleidlos war. »Und was kann ich für euch tun, Jungs?« sagte er mit der eiligen Höflichkeit, mit der ein Kaufmann einen Kunden begrüßen mag, der kurz vor Ladenschluß sein Geschäft betritt.
»Ich brauche Rat, Langer.«
»Ach, Rat. Jeder braucht ihn. Niemand nimmt ihn an. Was darf ich dir erzählen?«
»Erzähl mir was über die Mauer.«
»Was willst du
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