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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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nicht so alt, aber sie hatten ihn zu bleiben gebeten, als er selbst sich schon vorgenommen hatte, in Pension zu gehen. Seitdem hatte sein Eifer etwas nachgelassen. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, denn heute war Franks Erscheinung fast geeignet, meinen Glauben an das britische Public-School-System wiederherzustellen. Er strahlte Treue, Zuverlässigkeit und gute Erziehung aus. Sein Haar war wellig und wurde grau, aber nicht so wellig, daß er wie ein Herzensbrecher ausgesehen hätte, und nicht so grau, als könnte er keiner mehr sein. Sogar die Runzeln seines Gesichts trugen dazu bei, ihm das Aussehen eines kernigen Naturburschen zu verleihen. Und natürlich hatte Frank einen Diener, der ihm seine an der Savile Row geschneiderten Anzüge bügelte, ihm seine handgenähten Schuhe wienerte und dafür sorgte, daß die Kragen seiner Hemden aus der Jermyn Street genau richtig gestärkt waren.
    »Hast du gehört, was meinem Sohn passiert ist?« Er kramte in seinen Taschen. Die Frage war in jenem beiläufigen Ton gestellt, der bei einem gewissen Typ von Engländern verrät, daß es sich um eine Sache von schwerwiegender Bedeutung handelt.
    »Nein«, sagte ich. »Was denn?« Frank hatte nie ein Geheimnis aus seiner Hoffnung gemacht, daß sein Sohn eine Stellung im diplomatischen Dienst finden würde. Er hatte schon im voraus alle Weichen dafür gestellt. Als der Junge dann nach Abschluß seiner Studien in Cambridge erklärte, er wolle Verkehrspilot werden, hatte Frank das nicht sonderlich ernstgenommen. Sein Sohn flog schon seit Jahren auf

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    internationalen Strecken, als sich Frank endlich mit der Tatsache abfand, daß er offenbar seinen eigenen Weg gehen wollte.
    »Er ist bei der ärztlichen Untersuchung nicht
    durchgekommen.«
    »Frank, das tut mir aber leid.«
    »Ja, für einen Verkehrspiloten ist das ein Todesurteil. Das hat er auch am Telefon zu mir gesagt: ›Das ist ein Todesurteil, Papa.‹ Ich glaube, ich habe erst in diesem Augenblick begriffen, was ihm diese verdammte Fliegerei bedeutete.«
    Frank befeuchtete sich nervös die Lippen; ich wußte, daß ich der erste war, dem er sich anvertraute. »Fliegen. Das muß doch langweilig sein. Immer wieder das gleiche.« Das natürlich war genau die überhebliche Einstellung, die ihm sein Sohn so übelgenommen hatte und die eine unbezwingbare Wand zwischen ihnen geschaffen hatte. »Keine großartige Karriere für einen Jungen mit einem guten Universitätsabschluß, würde ich sagen.« Er sah mich fragend an, und dann fiel ihm ein, daß ich keinerlei Universitätsabschluß hatte.
    »Was wird er nun machen?« fragte ich schnell, um ihm aus seiner Verlegenheit zu helfen.
    »Er ist vollkommen fassungslos«, sagte Frank mit einem kleinen Lachen, das die Traurigkeit verbergen sollte, die er angesichts des plötzlichen Endes der beruflichen Laufbahn seines Sohnes empfand.
    »Es wird schon alles wieder werden«, sagte ich aufs Geratewohl. »Sie werden einen Job am Boden für ihn finden.
    Und am Ende sitzt er dann im Verwaltungsrat.« Ich wußte, daß ein solcher öder Verwaltungsposten genau das war, was Frank sich für seinen Sohn wünschte.
    »Es gibt zu viele«, sagte Frank. »Zu viele stellungslose Piloten, die nichts können als einen Airbus fahren. Hinter einem Schreibtisch würde er zu nichts taugen, Bernard, das weißt du doch selbst.« Frank hatte weiter zerstreut in seinen

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    Taschen gekramt; endlich brachte er einen Tabaksbeutel aus gelbem Öltuch zum Vorschein. Aus der Brusttasche zog er seine Kirschholzpfeife und blies prüfend hinein, ehe er den Tabaksbeutel öffnete. »Ich weiß nicht, ob das Rauchen hier noch gestattet ist, Frank«, sagte ich.
    »Unsinn«, sagte Frank. Er setzte sich und begann, Tabak in den Kopf seiner Pfeife zu stopfen und mit dem Daumen fest anzudrücken.
    Klara brachte Franks Gin Tonic. Als sie das Glas auf den Tisch vor ihn stellte, sah sie die Pfeife und sagte: »Hier darf nicht geraucht werden, Herr Harrington.«
    »Ach Unsinn!« sagte Frank.
    Trotz Franks betörendem Lächeln drohte Klara mit dem Finger und sagte: »Die Pfeife. Die Pfeife ist streng verboten.«
    Frank lächelte weiter und sagte nichts. Klara sah mich an und zog ein Gesicht, das mich zornig fragte, was wohl Lisl in so einer Klemme tun würde. Dann zuckte sie die Achseln und ging weg. Ich glaube nicht, daß Klara persönlich was dagegen hatte, daß Gäste im Speisesaal rauchten. Sie hatte ihre Pflicht getan, wie Lisl diese bestimmte. Das

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