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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Liebesaffäre hatte. Ich war nicht sicher, daß das Thurkettle war. Hatte Thurkettles Name auf einer dieser »Dringend gesucht – Vertraulich«-Listen gestanden? Meine Erinnerung griff jedesmal zu kurz.
    Inzwischen war ich auf den Füßen. Ich ging im Zimmer auf und ab in der Gewißheit, daß all das nur einen Schluß zuließ, der offensichtlich werden würde, wenn erst mal Fragen gestellt wurden. Das heißt, offensichtlich für den, der die Fragen stellte. Ich beschloß, Johnson noch ein wenig auszufragen über Thurkettle und was sonst noch herauskommen würde. Ich zog die Schuhe an und ging den Korridor entlang, um an der Tür von Johnsons Zimmer zu klopfen. Keine Antwort. Ich drehte am Türknopf und fand das Zimmer unverschlossen. Das Schlafzimmer drinnen war leer. Ein sauberes Hemd, Unterwäsche, Socken waren auf dem Bett ausgebreitet, wie ein gewissenhafter Kammerdiener die Kleider eines
    ordnungsliebenden Herrn zurechtlegen mag. Aus dem Badezimmer kam das Geräusch einlaufenden Wassers. Die Tür war geschlossen. Johnson rief: »Stellen Sie’s auf den Tisch. Da liegt Trinkgeld für Sie.«
    »Es ist nicht der Zimmerservice, sondern ich«, rief ich.
    »Aber ein bißchen früh noch, nicht?« Seine Stimme war verzerrt wie die eines Mannes, der sich die Zähne putzt.
    »Dieser Typ Thurkettle. Mir ist was über ihn eingefallen.«
    »Geben Sie mir fünfzehn Minuten.« Es pladderte, als ginge das Zähneputzen weiter energisch vonstatten. Okay, dachte ich.
    Alles ist normal. Ich ging in mein Zimmer zurück. Ich weiß nicht, wie lange ich da saß, ehe das Geräusch einer Explosion mich vom Stuhl aufspringen und zur Tür rennen ließ. Später las

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    man in der Zeitung, daß die Experten die Menge des Sprengstoffs auf 300 Gramm schätzten, aber diese Menge hätte die Badezimmertür herausgerissen und vielleicht die Wand und mich dazu.
    Aber ein lauter Knall war es auf alle Fälle, und der unverkennbare Gestank von Sprengstoff bewegte sich den Korridor entlang auf mich zu. Mein Kopf schien plötzlich leer.
    Die Erfahrung riet mir, mich unter dem Bett zu verstecken. Die Neugier reizte mich zu erkunden, was passiert war.
    Wohl oder übel rannte ich den Korridor entlang in Johnsons Zimmer. Ich ging zur Badezimmertür, und als ich deren Klinke packte, fiel die Tür aus den Angeln. Ich weiß nicht, welchen Sprengstoff sie benutzt hatten, aber das Innere des Badezimmers war schwarz von Ruß und Dreck. Vielleicht kam der auch von irgendwas anderem. Das Waschbecken war das Zentrum der Zerstörungen. Der Spiegel war verschwunden, bis auf ein paar Splitter, die noch von den Halteschrauben hingen.
    Darunter, einer modernen Skulptur gleich, stand noch der blaue Porzellansockel und trug ein elegantes Scheibchen Becken.
    Was von Johnson übrig war, lag am Boden, mit dem Gesicht nach oben, zwischen der Klosettschüssel und dem Bidet. Am Oberkörper waren schreckliche Brandwunden, und seine Kleider waren versengt. Es war sehr wenig Blut zu sehen. Die Hitze der Explosion hatte die Blutgefäße kauterisiert.
    Ringsherum lagen Hunderte von Porzellansplittern. Ich sah auf den ersten Blick, was passiert war. Seine Hand war nur ein Stummel, und was oberhalb des Halses von ihm übrig war, naß und glänzend und über den ganzen Marmorfußboden verspritzt.
    Es war die Elektrorasiererbombe, ein alter Trick, aber was für Resultate sie lieferte, sah ich hier zum erstenmal. Ermittle, welches Modell dein Opfer benützt, fülle es mit irgendeinem anständigen Plastiksprengstoff – der auf direkten Kontakt ausgerichtet ist – und versieh das Ganze mit einem properen kleinen Zünder (made in Taiwan, bitte bei Bestellung angeben,

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    ob für 110 Volt oder für 220 Volt), und das Opfer wird die Freundlichkeit haben, sich das Präparat an die Backe zu halten und den Strom einzuschalten!
    Armer Johnson. Aufgeregte Stimmen im Hintergrund verrieten, daß nun Leute ins Schlafzimmer drängten, und so schlüpfte ich zurück in diese Menge und fragte lautstark, was denn hier bloß passiert sei. Johnson. Hatte ihn irgend jemand in seinem Zimmer erwartet? War die Bemerkung, die ich gehört hatte, rhetorisch, oder galt das »Sieh mal einer an!« einem Besucher, irgend jemandem wie Deuce Thurkettle, dessen Kenntnis elektronischer Zeitbestimmungsapparaturen, komplizierter Schlösser, moderner Handfeuerwaffen und Sprengstoffe sowie seine erprobte körperliche Tüchtigkeit ihn als ausgezeichneten Geheimagenten für den praktischen Einsatz

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